Mülheim. Ihr Handwerk ist hoch spezialisiert und erfordert Fingerspitzengefühl. Eine Mülheimerin erzählt, warum sie ihren ausgefallenen Beruf so liebt.


Inge Lohbeck kam auf eher ungewöhnliche Art und Weise zu ihrem Beruf. „Mein Mann ist Schreiner und arbeitete damals – wir reden vom Anfang der 90er-Jahre – auch schon im Familienbetrieb, einer Holz- und Rahmenhandlung.“ In einer herumliegenden Fachzeitschrift wurde der Beruf der Vergolderin vorgestellt und da dachte sich die Mülheimerin: „Das könnte was für mich sein!“

Lohbeck machte sich schlau und absolvierte schließlich ein Praktikum in einem kleinen Düsseldorfer Vergolder-Betrieb. Schnell stand fest: Ja, das ist etwas für sie. „Es war schon irgendwie Fügung“, blickt sie zurück. Dem Praktikum folgte der Lehrvertrag im selben Unternehmen und nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung wurde sie zudem nahtlos übernommen. Da dieses Handwerk schon damals alles andere als weit verbreitet war, war der Betrieb in der Landeshauptstadt eine der nächstgelegenen Alternativen.

Mülheimerin pendelte weit für ihre Ausbildung und die Meisterschule

Nach ein paar Jahren stellte sich dann die Frage, ob sie ihren Meister machen sollte und ihr damaliger Chef war sich sicher. „Das ist genau das Richtige für Dich.“ So, wie Inge Lohbeck bis dahin immer von Mülheim nach Düsseldorf gependelt war, musste sie dann immer zur Meisterschule nach Köln pendeln. „Ich hatte damals im Grunde noch Glück, denn da gab es noch zwei Orte in Deutschland, an denen man seinen Meister machen konnte – München und eben Köln.“ Mittlerweile geht das nur noch in München, da die Zahl der an dieser Ausbildung Interessierten weiter gesunken ist.

Das Hauptgeschäft der Mülheimer Vergolder-Meisterin Inge Lohbeck ist die Vergoldung von Bilderrahmen.
Das Hauptgeschäft der Mülheimer Vergolder-Meisterin Inge Lohbeck ist die Vergoldung von Bilderrahmen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Mülheimerin pendelte also aus ihrer Heimatstadt zur Meisterschule nach Köln und zu ihrer Arbeitsstelle nach Düsseldorf – an schlechten Tagen bis zu eineinhalb Stunden für einen Weg. So entstand die Idee, das Angebot des heimischen Familienbetriebs um das Vergolden zu erweitern. Das war vor über einem Vierteljahrhundert.

Bilderrahmen werden in Mülheimer Werkstatt nach Kundenwünschen vergoldet

„Hauptgeschäft ist die Vergoldung von Bilderrahmen“, erklärt die Vergolder-Meisterin. Wünschen Kundinnen und Kunden Rahmen aus vorgefertigten Leisten, die in unzähligen Farben und Ausführungen zur Auswahl stehen, dann ist Inge Lohbecks Schwipp-Schwägerin gefragt, die ebenfalls ins Familien-Unternehmen eingeheiratet hat und für dieses Gewerk verantwortlich zeichnet. Falls Rahmen aus Naturholz gefragt sind, ist es ihr eigener Mann, der Lohbeck aus dem angegliederten Holz-Betrieb zuarbeitet. Er liefert die vorgefertigten Rahmen, sie vergoldet sie und rahmt dann die Kunstwerke damit.

Auch Objekte vergoldet Inge Lohbeck aus Mülheim.
Auch Objekte vergoldet Inge Lohbeck aus Mülheim. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Das Vergolden ist ein verhältnismäßig komplexer, mehrteiliger und zeitintensiver Arbeitsvorgang und den Arbeiten vor dem Auftragen des hauchdünnen Blattgolds kommt große Bedeutung zu. „Die Grundierung der Fläche, die vergoldet werden soll, ist sehr wichtig“, erklärt die Meisterin. Es wird in mehreren Schichten grundiert und zudem mehrfach geschliffen. Dann wird das Blattgold aufgetragen. „Nachdem alles getrocknet ist, wird der Untergrund – traditionell mit einem Achat-Edelstein – festgerieben. „Dadurch werden Grundierung und Gold so verdichtet, dass sie gemeinsam wie massives Gold wirken.“

Selbst eine Schallplatte hat die Mülheimerin schon vergoldet

Inge Lohbeck vergoldet in ihrer Werkstatt keineswegs ausschließlich Bilderrahmen. Hin und wieder sind auch durchaus andere Gegenstände wie Schmuck-Elemente für Hausfassaden oder auch mal eine Schallplatte zu veredeln. Tatsächlich wollte ein Freundeskreis einen Herrn aus seinen Reihen beschenken, der bei Feierlichkeiten immer für die musikalische Untermalung sorgte – und ließ dafür von Inge Lohbeck eine Langspielplatte vergolden. Über das Vergolden hinaus führt sie auch Restaurierungsarbeiten an antiken Rahmen durch. „Papier-Restaurierung und konservatorisches Einrahmen waren ebenfalls Teil meiner Ausbildung“, so die Meisterin.

Vergolder-Meisterin Inge Lohbeck vergoldet auch Schmuck-Elemente, die an Hausfassaden angebracht werden.
Vergolder-Meisterin Inge Lohbeck vergoldet auch Schmuck-Elemente, die an Hausfassaden angebracht werden. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Es fällt Inge Lohbeck sehr leicht zu beschreiben, was sie an ihrem Beruf mag. „Man hat sehr viel mit schönen Dingen zu tun“, führt sie an. Das sei immer eine große Freude – auch dann, wenn man die schönen Dinge immer wieder abgeben müsse, ergänzt sie mit einem Augenzwinkern. Zudem sei es schön, einer nicht alltäglichen Arbeit nachzugehen. Hat sie in Bezug auf ihre Arbeit noch irgendeinen besonderen Wunsch? Gibt es etwas, das ihr bisher noch nicht untergekommen ist und sie gerne vergolden würde? „Ja!“, sagt sie ohne zu zögern. „Eine Kirchturmspitze mit Wetterhahn, das wäre noch was.“

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