Mülheim. Kinder entscheiden mit, wie Mülheims Vorzeige-Spielplatz aussehen soll, auf dem auch Mädchen und Jungen mit Beeinträchtigung Spaß haben können.

Ein Leuchtturm-Projekt für Mülheim geht in die nächste Runde. Am Freitag durften Kinder ihre Wünsche für den ersten vollständig inklusiven Spielplatz der Stadt äußern, der bis 2027 am Fossilienweg entstehen soll. Jeder, der an diesem Großprojekt beteiligt ist, war dabei: David Lüngen, Dezernent für Schule, Jugend und Sport, der Verein Rolli Rockers als Ideengeber, die zuständigen Planer. Aber auch jede Menge Kinder beteiligten sich, darunter die Vorschulkinder der Kita Bärenhöhle, eine inklusive Klasse der Pestalozzischule und Schüler der Rembergschule. In die Pestalozzischule war das Treffen aufgrund des schlechten Wetters auch verlegt worden. Ursprünglich war zum Spielplatz am Fossilienweg eingeladen worden.

„Die Rutsche ist zu steil“, sagt Leon (14) und deutet auf eine Klopapierrolle. Er und eine Handvoll Mitschüler von der Gustav-Heinemann-Gesamtschule haben in einer AG über die Frage nachgedacht, wie ein Spielplatz für alle Kinder aussehen sollte. „Dabei ist uns klar geworden, dass Kinder mit Beeinträchtigung überall ausgeschlossen werden.“ Mit einfachen Bastelmaterialien wie Eisstielen und eben Klopapierrollen dürfen die Kinder und Jugendlichen am Freitag aufbauen, wie sie sich einen idealen Spielplatz wünschen. Die Klopapierrolle ist eben zu einer Röhrenrutsche geworden.

Inklusion auf Spielplätzen - was heißt das überhaupt?

„Mir haben die Jugendlichen schon gesagt, dass sie einen elektrischen Aufzug an der Rutsche gut fänden“, sagt Martina Hoff und muss gleich abwinken. „Das geht aber gar nicht in die Richtung, in die wir mit einem inklusiven Spielplatz gehen wollen.“

Die Landschaftsarchitekten Martina Hoff und Florian Koch aus Essen haben sich auf inklsuive Spielplätze spezialisiert. Dennoch ist das Mülheimer Projekt etwas Besonderes für sie.
Die Landschaftsarchitekten Martina Hoff und Florian Koch aus Essen haben sich auf inklsuive Spielplätze spezialisiert. Dennoch ist das Mülheimer Projekt etwas Besonderes für sie. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Martina Hoff deutet auf eine Stellwand, auf der Bilder von barrierefreien Spielgeräten aufgehängt sind. Darauf ist etwa eine Art Rampenschaukel zu sehen, auf die genau ein Rollstuhl passt. „Das wollen wir auch nicht“, sagt sie und erzeugt damit erst einmal ein Grübeln. „Inklusion auf dem Spielplatz, was bedeutet das überhaupt? Das war die erste Frage, die in diesem Prozess aufkam“, sagt auf David Lüngen, Leiter des Amts für Kinder und Jugend.

Warum eine Rollstuhl-Schaukel keine Lösung ist

Martina Hoff hat darauf eine Antwort. Die Landschaftsarchitektin gehört dem Büro an, das Mülheims inklusiven Spielplatz planen wird. Inklusion ist ihr Spezialgebiet und sie sagt: „Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen miteinander gespielt wird. Ein Kind, das alleine im Rollstuhl schaukelt, ist keine Lösung. Inklusion ist, wenn der eine hilft, den Rollstuhl die Rampe hoch zur Rutsche zu schieben und ein anderer den Rollstuhl wieder runterbringt, während das gehbehinderte Kind runterrutscht.“

Schüler der Gustav-Heinemann-Grundschule gestalten am Freitag eine Mini-Landschaft zu einem inklusiven Spielplatz um. Kinder und Jugendliche wurden aktiv am Planungsprozess beteiligt.
Schüler der Gustav-Heinemann-Grundschule gestalten am Freitag eine Mini-Landschaft zu einem inklusiven Spielplatz um. Kinder und Jugendliche wurden aktiv am Planungsprozess beteiligt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Martina Hoff betont, dass man oft auf den ersten Blick gar nicht sieht, wie vielfältig ein Spielplatzgerät genutzt werden kann. Ihr Partner Florian Koch ergänzt: „So gibt es zum Beispiel inzwischen recht häufig Liegebretter an Sandkästen, auf denen Kinder im Liegen mitspielen können.“

Der Ruhrtalradweg führt mitten durch das Gelände - ein No Go

Er plant in ganz NRW Spielplätze mit inklusiven Elementen. „Aber das Projekt in Mülheim ist schon etwas Besonderes.“ Nicht zuletzt auch deshalb, weil er sehr stark frequentiert sein wird, und weil es einen besonderen Knackpunkt gibt: Der Ruhrtalradweg führt mitten über das Gelände. Das wollen die Planer ändern, um eine - wie sie sagen - „konfliktfreie Situation“ zu schaffen, in der sich zum Beispiel auch sehbehinderte Menschen gefahrlos bewegen können.

Gemeinsam für mehr Miteinander auf Spielplätzen (v.l.): Andreas Holzinger mit Sohn Mika, Landschaftsarchitekt Florian Koch (Hoff & Koch Landschaftsarchitekten), Nina Leffmann (Amt für Grünflächen und Friedhofswesen), Gülcan Yücel-Engels (Amt für Kinder, Jugend, Schule und Integration) Tim Martin Engels (Amt für Grünflächen und Friedhofswesen), Bernd Niehaus und Janine Willrich (Rolli Rockers Sprösslinge).
Gemeinsam für mehr Miteinander auf Spielplätzen (v.l.): Andreas Holzinger mit Sohn Mika, Landschaftsarchitekt Florian Koch (Hoff & Koch Landschaftsarchitekten), Nina Leffmann (Amt für Grünflächen und Friedhofswesen), Gülcan Yücel-Engels (Amt für Kinder, Jugend, Schule und Integration) Tim Martin Engels (Amt für Grünflächen und Friedhofswesen), Bernd Niehaus und Janine Willrich (Rolli Rockers Sprösslinge). © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Was muss ein Spielplatz noch haben, damit er für alle Kinder ein schöner Ort ist? Lea Duckwitz ist Mutter einer schwer behinderten Tochter und kann aus dem Stegreif eine Vielzahl von Dingen auflisten, die ihr fast überall fehlen. „Zum Beispiel Picknicktische mit Aussparungen, an die man einen Rollstuhl schieben kann. Oder ein Wickeltisch, auf den auch größere Kinder passen“, sagt sie.

Inklusiver Spielplatz in Mülheim: So sieht der Zeitplan bis 2027 aus

Bis 2027, pünktlich zur Internationalen Gartenschau, soll der neue Spielplatz fertig sein, doch bis dahin ist noch einiges zu tun. Dieses Jahr dürfte das Jahr der Planungen sein. Das Land stellt Fördermittel in Höhe von 450.000 Euro in Aussicht, die für den Ausbau des Geländes genutzt werden können. Denn zunächst müssen die 30 Jahre alten Spielgeräte entfernt, der Untergrund aufbereitet und der Radweg verlegt werden. Die Kosten für die Spielgeräte müssen durch Spenden gestemmt werden. Dieser Aufgabe nimmt sich der Verein Rolli Rockers Sprösslinge an, der dieses Projekt überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. „Wir schätzen, dass wir eine Spendensumme von 300.000 Euro aufbringen sollten“, sagte dazu kürzlich Vereinsgründer Bernd Nierhaus.

„Wir hoffen, dass im kommenden Jahr gebaut wird. Wann es losgeht, wird nicht zuletzt vom Wetter abhängen“, sagt Nina Leffmann vom Amt für Grünflächen und Friedhofswesen. „Man merkt, dass ein großer Wille da ist und natürlich auch ein straffer Zeitplan“, sagt Landschaftsarchitekt Florian Koch und zeigt sich grundlegend optimistisch für den weiteren Verlauf. „Jetzt gibt‘s nur noch eine Richtung“, sagt auch Janine Willrich, Vorsitzende von Rolli Rockers, und deutet nach vorne.

Integrativer Spielplatz für Mülheim:

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