Mülheim. Der Ärger über Ausfälle bei Bus und Bahn in Mülheim ist massiv. Die Ruhrbahn ist am Donnerstag zum Rapport bestellt. Die Fragen: sehr kritisch.

Der Shitstorm in den sozialen Netzwerken war der Ruhrbahn auch jetzt sicher, als das Nahverkehrsunternehmen seinen Fahrgästen mit gerade einmal knapp 24 Stunden Vorlauf verkündete, dass nach den vielen Fahrtenausfällen zuletzt am Donnerstag auch noch eine Betriebsversammlung für erhebliche Einschränkungen im Nahverkehr von Mülheim und Essen sorgen werde.

Verzögerungen und Ausfälle im Linienverkehr waren für den Zeitraum von 14.30 bis circa 19 Uhr angekündigt worden. Im Netz reagierten zahlreiche Kunden, die auf Bus und Bahn angewiesen sind, empört, so dass manch ein Diskutant sich noch mal veranlasst sah, in Erinnerung zu rufen, dass das Betriebsverfassungsgesetz selbstredend auch für Ruhrbahn-Beschäftigte verbürgte Rechte beinhalte. Eine weitere Betriebsversammlung mit entsprechenden Ausfällen bei Bus und Bahn ist für den kommenden Montag, 28. August, angekündigt.

Ruhrbahn-Kunden lassen Frust raus: „Ständig Verspätungen, Ausfälle... Tag für Tag“

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Wieder einmal steht aber die Informationspolitik der Ruhrbahn im Fokus der Kritik: Die Kundschaft erst am Tag vor einer Betriebsversammlung über massive Einschränkungen zu informieren und dafür „um Verständnis“ zu bitten, stieß vielen sauer auf. „Vielleicht zeigt die Ruhrbahn dann auch Verständnis, wenn die Kunden bald die nicht planmäßig durchgeführten Fahrten vom Monatspreis abziehen. Ständig Verspätungen, Ausfälle... Tag für Tag. Der zahlende Kunde wird aber fleißig weiter zur Kasse gebeten, immerhin ist die Ruhrbahn beim Lastschrifteinzug pünktlich“, moserte ein Kunde. Es sei „absolut nicht professionell, einen Tag vorher so was plötzlich zu verkünden“, so eine junge Frau, die beklagte, dass es viele Menschen gebe, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, um zur Arbeit zu kommen.

Die Unzuverlässigkeit oder Unpünktlichkeit der Linien, die seit dem Fahrplanwechsel massenhaft beklagt werden, ließen das Fass bei vielen dieser Tage überlaufen. Jeden Tag falle „mindestens einer der Busse aus, den man eigentlich haben wollte“, schreibt eine Nutzerin. Die Ruhrbahn halte „nie die Fahrpläne ein, ständig ist was anderes“, kritisierte eine andere.

Kritik an Mülheims neuem ÖPNV-Angebot – unsere Berichte:

Mülheims OB: Pünktlichkeit im Schülerverkehr hat oberste Priorität

An diesem Donnerstag sind Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller und andere Verantwortliche des ÖPNV-Betriebs wegen der jüngsten Probleme, das für Mülheim neu bestellte Liniennetzangebot tatsächlich auch auf die Straße und die Schiene zu bringen, zum Rapport nach Mülheim geladen. Der Redaktion liegt ein entsprechendes Schreiben von Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) an Feller vor, das zur Information auch an die eingeladenen Ratspolitikerinnen und -politiker ging.

Die Ruhrbahn-Vertreter sind darin aufgefordert, zu den Ausfällen und der vielfach als ungenügend erachteten Öffentlichkeitsarbeit Stellung zu beziehen. Gleichzeitig drückt der OB in dem Schreiben an Feller seine Erwartungshaltung aus, dass die Stadtverwaltung insbesondere den Fokus darauf gerichtet sehen will, dass die weiterführenden Schulen pünktlich angefahren werden.

Ruhrbahn soll am Donnerstag gesamtes Ausmaß des aktuellen Schlamassels offenlegen

Dem Schreiben des OB ist ein Katalog mit 25 Fragen an die Ruhrbahn angehängt. So soll sie etwa das gesamte Ausmaß des aktuellen Schlamassels offenlegen und benennen, wie viele Touren in den ersten zwölf Tagen nach dem Fahrplanwechsel in Mülheim ausgefallen sind und welche Linien betroffen waren. Vergleichszahlen will die Stadt auch für den Ruhrbahn-Betrieb in Essen vorgelegt bekommen. Hier schwingt zwischen den Zeilen mit, was rund ums Mülheimer Rathaus manch einer mutmaßt: Die Ruhrbahn könnte die negativen Auswirkungen ihrer hohen Krankenquote einseitig nach Mülheim verlagert haben, ist da zu vernehmen.

Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller hat momentan mit erheblichen Personalproblemen im Fahrbetrieb zu kämpfen.
Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller hat momentan mit erheblichen Personalproblemen im Fahrbetrieb zu kämpfen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Verwunderung in Mülheim hatte auch ausgelöst, dass Geschäftsführer Feller am 11. August, als die Ruhrbahn ihre akuten Probleme erstmals publik machte, auch eine „Leistungsausweitung durch den neuen Nahverkehrsplan am Standort Mülheim“ als Grund für die personellen Lücken angeführt hatte. Das erstaunt tatsächlich vor dem Hintergrund, dass Mülheim mit seinem neuen Nahverkehrsplan zwei Millionen Euro einsparen will. Feller hatte in einem früheren Gespräch mit dieser Redaktion gesagt, damit zum Ausdruck gebracht haben zu wollen, dass mit der Verlagerung von Straßenbahn (104) auf Bus nun mehr Busfahrer benötigt würden.

Leistungsausweitung in Mülheims ÖPNV? Weder Stadt noch Ruhrbahn haben Daten dazu

Offenbar ist Verantwortlichen aber nicht mal klar, wie viele Buskilometer Jahresleistung im alten beziehungsweise im neuen Nahverkehrsplan bei der Ruhrbahn in Auftrag gegeben worden sind. Weder die Ruhrbahn noch die Stadtverwaltung konnten dieser Redaktion bis jetzt Zahlen dazu liefern. Man bittet in der Sache „noch um ein wenig Geduld“.

Der Termin am Donnerstag soll wohl Aufklärung bringen, lässt OB Buchholz etwa die Frage bei Feller platzieren, worin etwaige „Leistungsausweitungen“ denn bestehen sollen. Es schließen sich Fragen an, die sich im Kern um den offenkundigen Vorwurf an ÖPNV-Planer der Ruhrbahn drehen, auf absehbare Personalprobleme in den Vorplanungen zum neuen Mülheimer Netz womöglich nie hingewiesen zu haben. Über allem steht die Frage, wo nachzusteuern ist, um die aktuellen Probleme zu lösen.

Erster Gratis-Tag in Mülheims ÖPNV ist für Samstag angekündigt

Auch die Kommunikation der Ruhrbahn zu den Fahrtausfällen steht am Pranger. Im Fragenkatalog aus Mülheims Rathaus schwingt mit, dass man sich mehr Informationen für Kunden und Eltern gewünscht hätte, die ihre Kinder morgens mit dem Nahverkehr auf die Reise zur Schule schicken. Noch vor wenigen Tagen beklagten Nutzer etwa, dass an vereinzelten Haltestellen immer noch die alten Fahrpläne aushingen. Kritisch ausgewertet haben Mülheimer auch die Kommunikation der Ruhrbahn in den sozialen Medien. Viel zu wenig sei da passiert, ist zu hören.

Auf Anfrage ließ die Ruhrbahn am Mittwoch wissen, dass man sich aktuell nicht zu den Anwürfen aus Mülheim äußern werde. Derweil sieht das Unternehmen ihrem ersten von zwei Gratis-Tagen im Mülheimer ÖPNV entgegen. An diesem Samstag, 26. August, sowie am 2. September – ebenfalls ein Sams- und kein Wochentag mit Schul- und viel Berufspendlern – will man damit zur Nutzung des neuen Liniennetzes animieren.

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