Mülheim. Umstiegszeiten von bis zu 18 Minuten? Die Anwohnerschaft in Mülheim-Styrum geht vor dem Start des neuen Nahverkehrsplans auf die Barrikaden.
Am 7. August vollzieht die Ruhrbahn eine ihrer größten Fahrplanumstellungen der jüngeren Vergangenheit. Pendlerinnen und Pendler müssen sich an neue Streckenführungen und vor allem mehr Umsteigen gewöhnen. Vor allem im Stadtteil Styrum macht sich bereits jetzt Unmut breit.
„Es ist eine Katastrophe“, findet Leserin Dorothea Vosswinkel, die sich mit dem Anliegen an die Redaktion gewandt hat. Unter einem gleichlautenden Post in der größten Mülheimer Facebook-Gruppe entbrannte eine Diskussion mit über 100 Kommentaren. In einer zweiten Diskussion kamen noch einmal 65 Beiträge zusammen. Das Thema scheint zu interessieren.
Mülheimerin: „Da ist meine Tochter schneller gelaufen“
In den Augen Vosswinkels werde der im Dezember beschlossene neue Nahverkehrsplan (NVP) keine neuen Fahrgäste generieren. Jedenfalls nicht in Styrum. Sie hat dabei vor allem die Schülerinnen und Schüler im Blick. „Ich komme aus Alstaden und habe ein Kind, das auf die Willy-Brandt-Schule geht. Die Route war bisher gut durch 128 und 129 abgedeckt“, erklärt sie.
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Künftig übernimmt die 128er Linie aber der Oberhausener SB90. „Die verschiedene Taktung kann nicht funktionieren“, beklagt sie. Laut Aussagen der Ruhrbahn hätten sich die beiden Verkehrsunternehmen bei den Fahrplänen abgestimmt. Auch mit der Duisburger Verkehrsgesellschaft und der Rheinbahn sei der NVP vorbesprochen worden.
Mülheim und der neue Nahverkehr: Blick auf die Stadtteile
- Bus und Bahn in Mülheim-Heißen: Das ÖPNV-Netz ab August
- Bus und Bahn in Mülheim-Saarn: Das ÖPNV-Netz ab August
- Bus und Bahn in Mülheim-Broich: Das ÖPNV-Netz ab August
- Bus und Bahn in Mülheim-Speldorf: Das ÖPNV-Netz ab August
- Bus und Bahn in Mülheim-Selbeck: Das ÖPNV-Netz ab August
Dorothea Vosswinkel kritisiert vor allem die verschiedenen Taktungen anhand des Schulwegs ihrer Tochter: „Sie würde nun mit dem SB90 bis Hauskampstraße fahren und müsste glatte 16 Minuten auf den Anschluss des 129er Richtung Sültenfuß warten. In der Zeit ist sie zu Fuß gelaufen.“
Noch größere Probleme sieht sie, wenn es für die Schülerinnen und Schüler in Richtung Stadtmitte oder etwa zur Gustav-Heinemann-Schule geht: „Wenn einem die Direktverbindung schon genommen wird, so sollte man doch zumindest dafür sorgen, dass die Umstiege im Rahmen bleiben.“
Warum nur in Mülheim-Saarn ein 7,5-Minuten-Takt möglich ist
Dorothea Vosswinkel hätte sich zumindest in den Morgenstunden und nach Schulschluss eine dichtere Taktung beim 129er gewünscht – ähnlich dem 7,5-Minutentakt des 135ers in Richtung Saarn.
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Das hätte die Politik auch gerne auf weiteren Linien umgesetzt, wie der Vorsitzende des Mobilitätsausschusses, Timo Spors von den Grünen, argumentiert. Aus finanziellen Gründen – mit dem NVP sollen jährlich etwa zwei Millionen Euro eingespart werden – konnten aber nur die Strecken mit den aktuell größten Fahrgastzahlen berücksichtigt werden. Gen City empfiehlt er einen Umstieg auf die S-Bahn, die von Styrum zum Hauptbahnhof lediglich zwei Minuten benötigt.
Styrum komplett abgehängt? Grünen-Nahverkehrsexperte sagt nein
Mehr Umstiege und keine dichteren Taktungen in den Stoßzeiten – der ein oder andere sieht den Stadtteil Styrum in Sachen ÖPNV abgehängt. Ein Argument, dass Nahverkehrsexperte Spors so nicht stehenlassen möchte. Die Kritik beziehe sich auf einige wenige Haltestellen. Nördlich der Bahngleise bleibe nahezu alles gleich, die Verbindungen nach Dümpten und Heißen würden sogar besser.
In die Diskussion bringen möchte er hingegen die Frage, ob die Stoag-Linie SB90 nicht als Schnellbus in Richtung Hauptbahnhof durchgebunden werden könne. Aktuell wird das Nutzerinnen und Nutzer in Speldorf nicht zufriedenstellen, zumal auch das E-Bus-Netz vorerst unverändert bleibt.
Ruhrbahn: Abonnenten können ihr Ticket kündigen
Auch durch die Äußerung im Portal „Der Westen“, Fahrgäste könnten ihr Ticket kündigen, sofern sie keine Möglichkeit mehr hätten, das neue Angebot zu nutzen, hat sich die Ruhrbahn keine neuen Freunde gemacht. Schließlich möchte das Verkehrsunternehmen doch eigentlich neue Nutzerinnen und Nutzer gewinnen. Timo Spors beruhigt: „Es gibt bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abo-Zahlen durch den Fahrplanwechsel zurückgehen werden.“
Das tatsächliche Ergebnis wird sich erst im Laufe des weiteren Jahres zeigen. Und ob Styrum dann tatsächlich abgehängt ist.