Mülheim. Der neue Nahverkehrsplan tritt am 7. August in Kraft. Mülheimer Ruhrbahnkunden stehen Umstellungen ins Haus. In einem Viertel ist der Ärger groß.
In rund einer Woche wird der neue Fahrplan für das neue Nahverkehrssystem in Mülheim in Kraft treten. Doch schon seit vergangenem Freitag hat die Ruhrbahn die neuen Fahrzeiten in den Schaukästen der Haltestellen am Branden- und Lierberg ausgehängt. Problem dabei: Die alten Linien fahren noch, während zukünftig völlig andere Busse hier unterwegs sein werden. Zudem werden gewohnte Ziele nicht angefahren. Das sorgt nun für Verwirrung und Ärger.
Und bisweilen harsche Töne: „Was nicht nur ich, sondern andere Fahrgäste heute erlebt haben, eine absolute Unverschämtheit Ihren Kundinnen und Kunden gegenüber“, wettert die Speldorferin Yvonne Haberkamp in einem Schreiben an den Kundenservice mit Durchschrift an die Presse. Wer nur selten Bus fahre oder zum ersten Mal, könne nicht mehr sehen, welche Linie zu welcher Uhrzeit komme. „Ich schreibe auch im Namen der Fahrgäste, mit denen ich heute sprach“, sagt sie.
1700 Fahrpläne, 1200 Fahnen, 700 Netzpläne: für die Ruhrbahn ist der Wechsel eine Herausforderung
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Betroffen ist die Haltestelle Lierberg sowie weitere, an denen die Linie 122 in Richtung Oberhausen unterwegs ist. Zudem hält zurzeit auch die Buslinie 124 an diesem Knotenpunkt.
Für die Ruhrbahn ist der neue Fahrplan eine „logistische Herausforderung. „Etwa 10 bis 14 Tage vor einem Fahrplanwechsel beginnen wir, die neuen Informationen an die Haltestellen zu bringen“, erläutert eine Sprecherin. Bis dann müssen in Mülheim 1.700 Fahrpläne, 1.200 (H)-Fahnen-Seiten und 700 Liniennetzpläne getauscht werden. Dazu seien 40 neue Haltestellen aufzubauen und 30 Haltestellen zu demontieren.
Auch für die Mülheim-Speldorfer bedeutet der Wechsel teils große Umstellungen
Was die Sache am Lierberg allerdings zum Kuriosum und Ärgernis für Kunden macht: Beide Buslinien wird es hier künftig nicht mehr geben – und sie sind deshalb auch nicht mehr an der Haltestelle ausgezeichnet.
Stattdessen zeigen Tafel und Fahrplan jetzt schon die neue Linie 125 an, die aber erst ab dem 7. August die 124 ersetzt. Die Linie 122 hingegen findet keine Erwähnung mehr, denn sie nimmt vom Mülheimer Hauptbahnhof künftig einen ganz anderen Weg über Styrum zum Oberhausener Hauptbahnhof.
Das sorgt aktuell nicht nur für Verwirrung, sondern künftig für andere Herausforderungen. „Ziehen denn die Ärzte auch um?“, fragt ein älterer Herr spöttelnd, der am Dienstagnachmittag vor dem Regen unter das Haltestellendach Brandenberg geflüchtet ist. Denn wie er nun zu seiner medizinischen Versorgung nach Speldorf kommen soll, ist ihm gerade ein völliges Rätsel.
Statt direkter Verbindung bald ein bis zwei Umstiege notwendig
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„Ich fahre seit ein paar Jahren immer wieder direkt mit Linie 122 ab Lierberg zur Haltestelle Anne-Frank-Straße in Oberhausen. Das geht in Zukunft nur umständlich und dauert viel länger“, beschwert sich ebenso Kundin Yvonne Haberkamp in ihrem Schreiben an die Ruhrbahn.
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Ihr und anderen Bus-Nutzern im Speldorfer Viertel bleiben zwei Möglichkeiten: Mit der Linie 125 bis zum Lierberg zu fahren, um dort in den neuen Ringbus 129 bis zum Bahnhof Styrum einzusteigen. Und dort schließlich in den 122er umzusteigen, der sie zur Anne-Frank-Straße bringt.
Statt direkter Linie sind für sie also ein bis zwei Umstiege notwendig. Rechnerisch bleibt die Fahrzeit mit rund 20 Minuten zwar ähnlich. Die Anschlüsse allerdings sind problematisch: Während der 122 weiterhin alle 20 Minuten losfährt, kommt der 129 nur jede halbe Stunde an. Für Haberkamp bleibt unterm Strich: Fahrgastfreundlich sei das nicht.
Eltern gründen Aktionsgruppe für Direktverbindung nach Oberhausen
Nur 23 Minuten von Speldorf direkt mit dem 122 nach Oberhausen: Das war das entscheidende Argument auch für Speldorfer Eltern bei der Entscheidung, ihre Kinder zum Elsa-Brändström-Gymnasium zu schicken. Die sollen für denselben Weg nun zwei Mal umsteigen?
Das die Linie 129 erst ab dem 7. August eingesetzt wird, zieht weitere Probleme nach sich: „Uns erreichen verzweifelte Eltern von neuen Fünftklässlern, die bisher überhaupt noch keine Schulwegerfahrung mit dem Bus sammeln konnten und nun direkt mit der Umstiegssituation konfrontiert werden“, schreiben sie der Redaktion.
Sie haben nun eine Aktionsgruppe für betroffene Familien gegründet. Die will erreichen, dass zumindest ein E-Bus eingesetzt wird, der einen funktionierenden Anschluss zum 122 in Styrum herstellt, so dass Schüler nicht über den Mülheimer Hauptbahnhof fahren müssen. Betroffene Eltern können sich per E-Mail bei der Gruppe melden: bus.zum.elsa@gmail.com