Mülheim. Bei der Bewältigung der Corona-Krise sind Erfahrung und Fachwissen gefragt: Mülheimer Ärzte und Feuerwehrleute kommen aus dem Ruhestand zurück.
Ohne Menschen mit Erfahrung ist die Corona-Krise schwerlich zu stemmen. Auch in Mülheim wird bei der Krisenbewältigung besonderes Fachwissen dringend benötigt. Die Feuerwehr hat sich Pensionäre zu Hilfe geholt. Im Diagnosezentrum in Saarn arbeiten zehn Mediziner, die längst ihren Ruhestand genießen könnten.
Der prominenteste (Ex-)Pensionär in der Feuerwache ist sicher Burkhard Klein (60). Als langjähriger Chef der Mülheimer Feuerwehr ist Klein erst im November 2019 in Pension gegangen. Seit Mitte letzter Woche ist er wieder "vertraglich im Dienst der Stadt". Er arbeitet unterstützend im Krisenstab, der in der Feuerwache tagt, ohne Dienstgrad und ohne Uniform, aber mit viel sehr Kenntnis und Berufserfahrung.
Als Feuerwehrchef Sven Werner anfragte, sagte Klein sofort zu, ebenso wie vier weitere Feuerwehrleute, die erst vor wenigen Monaten pensioniert worden sind. "Einmal Feuerwehr, immer Feuerwehr", sagt Klein schlicht, der auf 42 Dienstjahre zurückblicken kann. Jetzt kommen einige Wochen, vielleicht Monate, hinzu, die Klein weiter im Team arbeiten wird.
Der ehemalige Mülheimer Feuerwehrchef ist wieder im Dienst
Burkhard Klein organisiert für den Krisenstab den Bereich kritische Infrastrukturen, hat also Dinge von Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen im Blick, etwa Gesundheit und Energieversorgung. Er weiß, wo die Stadt möglicherweise eingreifen muss, wo man Abläufe optimieren kann. So etwas wird regelmäßig bei der Feuerwehr geübt. "Man probt fünf Stunden lang, aber die Probleme, die dann im Dauerbetrieb auftauchen, stellt man so gar nicht fest", sagt Klein. Was er aber feststellt, sind die "tollen und hochmotivierten Mitarbeitenden", die sich rund um den Krisenstab einsetzen. Das dürfte auch für ihn selbst gelten. Mit den 39 Stunden in seinem Arbeitsvertrag kommt er bei weitem nicht aus.
Weitere Feuerwehr-Pensionäre unterstützen etwa im Leitstellenbereich oder überall dort, wo ebenfalls viel Erfahrung gefragt ist, etwa im Medizin- und Hygienebereich im Rettungsdienst und bei den Krankentransporten. Alles Leute, die schnell zupacken können, ohne dass sie groß eingearbeitet werden müssten. Das gelte auch für die Ärzte im Diagnosezentrum sagt Klein: "Ohne die würde es nicht laufen."
Zehn Ärzte im Mülheimer Diagnosezentrum sind Ruheständler
Von den zwölf Ärzten im Mülheimer Diagnosezentrum sind zehn Ruheständler aus den Fachgebieten Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Innere Medizin, Pneumologie, Hals-Nasen-Ohren. Einer davon ist Dr. Dietrich Rohde. Als Dr. Stephan von Lackum, Vertreter der Mülheimer Kassenärztlichen Vereinigung, ihn um die Organisation der ärztlichen Dienste bat, setzte sich der 79-Jährige ans Telefon. "Es hat nur weniger Telefonate bedurft, dann hatte ich die Mannschaft zusammen", sagt Rohde, "und dass, obwohl sie alle vom Alter her auch zu den Risikogruppen gezählt werden."
Zum Glück sei eine junge Ärztin aus dem Marienhospital mit im Team, die Teilzeit arbeitet und einen Tag im Diagnosezentrum unterstützt, schmunzelt Rohde: "Dadurch konnte unser Altersdurchschnitt gesenkt werden." Eine weitere Ärztin, die derzeit nicht praktiziert, arbeitet ebenfalls mit.
Der Beratungsbedarf bei den möglichen Infizierten ist hoch
Rohde, der in Mülheim als Lungenfacharzt praktiziert hat und lange ehrenamtlich für die Ärzteschaft tätig war, schreibt jetzt die Dienstpläne und übernimmt selbst zwei Einsätze pro Woche am Diagnosezentrum. Dort geht es nicht nur um die Abstriche, sagt der erfahrene Arzt. "Der Beratungsbedarf bei den Patienten ist natürlich riesig. Das ist eine ärztliche Aufgabe, der wir uns sehr gerne stellen."
Auch Dr. Dietrich Rohde lobt das Engagement des gesamten Teams, die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Gesundheitsamt. Für Rohde ist sein Einsatz eine Selbstverständlichkeit, die er übrigens völlig angstfrei ausübt. "Als Lungenfacharzt habe ich früher täglich mit Infizierten zu tun gehabt", sagt er. "Ich weiß, wie man sich zu schützen hat."
AUCH MOBILE EINSÄTZE
Die Ärzte im Diagnosezentrum arbeiten werktäglich in zwei Schichten und übernehmen auch mobile Einsätze.
So hat ein Arzt aus dem Team im Fliedner-Seniorenheim in Selbeck die nötigen Abstriche genommen.