Kamp-Lintfort. Nach einer bewegenden Rettungsaktion päppeln Tierschützer 251 vernachlässigte Tiere auf. Erste Untersuchungen führen zu schwerwiegendem Verdacht.

Der Stresspegel in der Tierherberge könnte kaum höher sein. Und zwar nicht nur bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern auch bei den zahlreichen tierischen Neuankömmlingen. Bei einer Rettungsaktion am Dienstagmorgen hat das Veterinäramt zusammen mit dem Bund Deutscher Tierfreunde, kurz BDT, 251 vernachlässigte Tiere in einem Mobilheim auf dem Altfelder Campingplatz beschlagnahmt. Die Beschreibung der katastrophalen Bedingungen, welche die Tierschützer dort vorfanden, hat Menschen weit über die Stadtgrenzen von Kamp-Lintfort hinaus bewegt.

Zwei Tage nach dem Einsatz ist die Lage weiter angespannt, schildert Martina Klein im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Tiere sind extrem nervös. Man merkt ihnen an, dass sie fast ein Jahr im Dunkeln gesessen haben“, sagt die erste Vorsitzende des BDT. „Sie freuen sich richtig über frisches Futter und Wasser.“ Auch die hygienischen Mängel seien unübersehbar. Die Tierschützer hatten berichtet, dass sie bei dem Einsatz in dem Mobilheim knietief im Mist gestanden hätten.

Messie-Haushalt in Kamp-Lintfort: Viele der Meerschweinchen, Kaninchen, Wellensittiche und Hunde sind krank

Die Folge: Viele der Meerschweinchen, Kaninchen, Wellensittiche und Hunde sind krank. Klein und ihr Team haben mit der Erstversorgung der verletzten und teils von Wunden überzogenen Notfälle alle Hände voll zu tun. Schon nach den ersten Untersuchungen ergaben sich laut der Vereinsvorsitzenden schwerwiegende Vermutungen. „Wir haben den Verdacht auf Räude. Auch Inzucht können wir nicht ausschließen.“ Wie bereits berichtet, sind viele der Weibchen trächtig.

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Aufgrund ihrer Krankheiten müssen die 251 Tiere für mehr als zwei Wochen in Quarantäne. Und weil dafür in der Tierherberge allein nicht genug Platz ist, werden die beschlagnahmten Meerschweinchen und Kaninchen auf einem Gnadenhof in Weeze, den ebenfalls der BDT betreibt, versorgt. Dort werden sie nach Geschlechtern getrennt, damit sie sich nicht weiter vermehren. Die 44 Wellensittiche und vier Hunde sind in Kamp-Lintfort untergebracht.

Kamp-Lintfort: Tierschützer päppeln gerettete Haustiere auf – enorme Tierarztkosten

Die geretteten Tiere aufzupäppeln, stelle für das Team einen enormen Mehraufwand dar. „Unsere Mitarbeiterinnen sind von 7 bis 21 Uhr durchweg hier. Die anderen Tiere, die vorher schon da waren, müssen ja auch versorgt werden“, merkt Martina Klein an. Nicht nur das Personal, sondern auch die Finanzen der Tierfreunde stellt die Rettungsaktion vor eine Belastungsprobe. „Jeder weiß, wie stark die Tierarztkosten gestiegen sind.“

Aus diesem Grund ist Klein dankbar über die große Hilfsbereitschaft in der Kamp-Lintforter Bevölkerung. Viele Bürgerinnen und Bürger hätten sich bereits erkundigt, wie sie der Tierherberge helfen können: „Wir brauchen im Moment vor allem Obst, Gemüse, Vogel-, Meerschweinchen- und Kaninchenfutter. Und Unmengen an Bettlaken und Handtüchern, weil wir die nach der Quarantäne wegwerfen müssen.“

„Tierweihnacht“: Beliebte Veranstaltung in Kamp-Lintfort kommt befreiten Haustieren zugute

Auch finanzielle Unterstützung gibt es – zum Beispiel durch die Volksbank Niederrhein. Das Geldinstitut mit Sitz in Alpen hat am Donnerstag eine Spende von 2500 Euro an den BDT übergeben. „Wir sind beeindruckt von dem unermüdlichen Einsatz der Helfer vor Ort“, sagt Volksbank-Chef Guido Lohmann.“ Weitere Spenden erhofft sich Martina Klein durch das tierische Weihnachtsfest am kommenden Sonntag, 8. Dezember. Der Erlös, den die Tierherberge mit dem beliebten Event zwischen 11 und 15 Uhr erzielt, kommt den geretteten Tieren zugute.

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Die Tierschützer haben sogar bereits erste Nachrichten von möglichen Interessenten erreicht, welche die Tiere nach erfolgreicher Quarantäne und Versorgung adoptieren möchten. Zuvor müsse aber noch geklärt werden, ob die bisherige Halterin ein Recht hat, ihre Kleintiere, Vögel und Hunde zurückzubekommen. Dies möchte der Kreis Wesel verhindern und prüft ein Haltungs- und Betreuungsverbot. Mit Blick auf den eklatanten Gesundheitszustand vieler Tiere sagt Martina Klein ohnehin: „Alle werden wir nicht mehr vermittelt bekommen.“