Herne. Über 40 Jahre ist ein kleiner Supermarkt fester Bestandteil der Herner Innenstadt. Nach einer Krise 2024 geht es mit neuen Inhaberinnen weiter.
Es war ein Jahr voller Ungewissheit, voller Bangen um die Zukunft des Geschäfts und um die des Teams: Der Herner Bio-Supermarkt „Kornmühle“, eine Institution in der Herner Innenstadt, hat ein turbulentes 2024 hinter sich. Es war nicht immer klar, ob das Geschäft in seiner bekannten Form eine Zukunft hat. Doch seit einigen Wochen steht fest: Es geht weiter - weil zwei Mitarbeiterinnen das Wagnis der Selbstständigkeit eingegangen sind.
Zahlreiche Interessenten für die Nachfolge, doch eine Übernahme kam nicht zustande
Es war im Dezember 2023, als Inhaberin Katja Kern der Belegschaft mitteilte, dass sie das Geschäft verkaufen will. Geplant war das nicht, Kern hatte das Geschäft erst 2022 übernommen. Doch gesundheitliche Probleme führten dazu, dass für sie an einem Verkauf kein Weg vorbeiführte. In den folgenden Monaten schauten eine Reihe von Interessentinnen und Interessenten im Laden an der Viktor-Reuter-Straße vorbei. Doch den zahlreichen Verhandlungen folgte nie ein Ergebnis - was auch daran lag, dass Kern ihr Geschäft in gute Hände geben wollte, was für sie auch bedeutete, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einem Nachfolger übernommen werden.
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Herne verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++
Und so fragte Kern Mitte Oktober 2024 ihre Mitarbeiterinnen Martina Schröder und Katrin Laumann, ob sie nicht den Schritt wagen und die Kornmühle führen wollen. Der Gedanke lag nahe, schließlich gehören beide seit Jahren zum Team. Bei Schröder sind es sogar mehr als vier Jahrzehnte.
Sie habe noch die Keimzelle an der Neustraße kennengelernt, erzählt die 60-Jährige im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion, vor einiger Zeit habe sie noch einen Arbeitsvertrag von 1985 in ihren Unterlagen entdeckt. Eigentlich ideale Voraussetzungen, doch sie habe zunächst abgelehnt. Sie habe all die Jahre im Niedriglohnsektor gearbeitet, da sei ihr die finanzielle Herausforderung zunächst zu groß gewesen.
Schröder und Laumann lehnten die Übernahme zunächst ab
Auch Katrin Laumann gab Katja Kern zunächst einen Korb. Sie sei schon mal acht Jahre selbstständig gewesen - und froh gewesen, als sie es nicht mehr war. Auf der anderen Seite hätten sie keine andere Möglichkeit gesehen, den Laden und die Arbeitsplätze zu retten, so die 46-Jährige. „Deshalb haben wir uns entschieden, es zu wagen“, sagen beide und betonen: „Das geht nur, weil die gesamte Crew immer da ist und sich aufopfert. Sie ist das Herzstück der Kornmühle.“
Das Tagesgeschäft stelle Schröder und Laumann vor keinerlei Probleme, die Abläufe seien bestens eingespielt, und im vergangenen Jahr hätten sie schon zahlreiche weitreichende Entscheidungen selbst getroffen. Doch als geschäftsführende Gesellschafterinnen kämen nun Dinge wie Buchhaltung hinzu: „Davor haben wir einen höllischen Respekt. Aber wir schlagen uns tapfer.“
Was den Einstieg keineswegs erleichterte: Das Team ist seit längerer Zeit arg dezimiert. Neben Katja Kern als Geschäftsführerin fiel im gesamten vergangenen Jahr auch die Köchin aus - und ist nach wie vor nicht zurückgekehrt. Deshalb stellen die neuen Chefinnen zusätzliche Kräfte ein, im Sommer soll auch ein Azubi hinzukommen.
Über 90 Prozent Stammkundschaft
Auch wenn beide zurzeit stark mit der Orientierung in der neuen Aufgabe beansprucht sind: Sie haben durchaus Pläne für eine Weiterentwicklung des Geschäfts. Dazu könnte gehören, verstärkt bei Erzeugern in der Region frisches Obst und Gemüse zu beziehen, auch Veranstaltungen seien denkbar. Ebenfalls auf der Aufgabenliste: eine Präsenz auf Instagram & Co, um die Kornmühle und ihr Angebot bekannter zu machen. Nicht zuletzt: Das Suppenangebot ist nach fast einem Jahr Pause wieder zurück und werde gut angenommen.
Schröder und Laumann zeigen sich zuversichtlich, dass sie ihre Nische finden, um weiter erfolgreich zu sein. Die Bio-Branche sei nach einer Schwächephase wieder auf dem Weg der langsamen Erholung, und die mehr als 90 Prozent Stammkundinnen und -kunden seien froh, dass es die Kornmühle weiter gebe.
+++ Nachrichten aus Herne. Lesen Sie auch +++
- Autobahn-Auffahrt in Herne wird für mehrere Monate gesperrt
- „Liebe auf den ersten Blick“: Das wird aus der Mulvany-Villa
- „Perlanza“: Herner (19) bringt eigene Modemarke heraus