Herne. In Herne haben Ausländer ominöse E-Mails erhalten. Sie sollen ein teures Seminar besuchen. Woher stammen die Adressen? Gibt es ein Datenleck?
Zahlreiche Ausländerinnen und Ausländer, die bei der Stadt Herne einen Einbürgerungsantrag gestellt haben, sind per E-Mail zu einem zweistündigen Einbürgerungsseminar eingeladen worden. Kostenpunkt: 150 Euro pro Person. Die Betroffenen fragen sich: Warum ist ein Seminar - und noch dazu ein so teures - nötig, um in Herne eingebürgert zu werden? Hinter den Kulissen heißt es, dass ein Abzocker oder sogar Betrüger am Werk ist, der bei Zugezogenen abkassieren will. Dabei stellt sich die Frage: Wie kommt dieser an die Mail-Adressen?
Bei den Zugewanderten landete zunächst eine E-Mail im Postfach: „Sie haben uns mitgeteilt, bei der Stadt Herne die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt zu haben und wollen die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen“, heißt es in dem Schreiben. Und: „Um Ihnen die Einbürgerung so schnell und erfolgreich wie möglich zu ermöglichen, veranstalten wir ein Seminar genau zu diesem Thema.“ Unterzeichnet ist das Schreiben mit dem Namen eines Mannes. Ort und Zeit des Seminars: Räume in einer Bochumer Tanzschule am kommenden Dienstag, 3. Dezember, 17 bis 19 Uhr. Verpflegung müsse man nicht mitbringen, heißt es weiter. Getränke und Süßigkeiten würden gestellt. Das Schreiben suggeriere bei den Angeschriebenen zweierlei, sagt ein Insider: dass es von der Stadt Herne stamme oder in ihrem Auftrag verschickt wurde und dass es mit der Einbürgerung schneller gehe, wenn man an dem Seminar teilnimmt.
Stadt Herne distanziert sich von dem Seminar
Das Rathaus, betont Stadtsprecher Tobias Kindel auf Anfrage unserer Zeitung, habe damit nichts zu tun: „Die Stadt Herne distanziert sich ausdrücklich von diesem Seminar zur Einbürgerung. Dies gilt insbesondere in Bezug auf den vom Urheber der E-Mails behaupteten angeblichen Zusammenhang von Seminar und den bei der Stadtverwaltung anhängigen Einbürgerungsverfahren“, antwortet er schriftlich. Und: „Die Stadt Herne behält sich rechtliche Schritte ausdrücklich vor.“
Nach Auskunft von Stadtdirektor Frank Burbulla, dem auch die Ausländerbehörde unterstellt ist, arbeitet das Rathaus in dieser Sache intensiv mit der Polizei zusammen. Geklärt werden soll dabei auch die Frage, wie der vermeintliche Abzocker oder Betrüger an die E-Mail-Adressen jener Ausländerinnen und Ausländer gekommen ist, die gerade einen Einbürgerungsantrag bei der Stadt gestellt haben. Konkret: Gibt es im Rathaus ein Datenleck? „Das kann ich weder bestätigen noch dementieren“, so der Stadtdirektor zu unserer Zeitung. Gemeinsam mit der Polizei sei die Verwaltung nun „auf der Suche nach der Datenherkunft“.
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Und was sagt die Polizei? Denkbar sei auch, dass der Seminar-Veranstalter die Mailadressen von anderer Stelle bekommen oder sogar selber gesammelt habe, so Polizeisprecher Marco Bischoff auf Anfrage. Die Ermittlungen der Polizei in dieser Sache liefen. Dabei solle auch geklärt werden, ob sich der Veranstalter in einer Grauzone bewegt und eine Unwissenheit der Zugewanderten ausgenutzt oder ob er sie betrogen habe.
Fest steht: Das Seminar am Dienstag wird nicht in der Bochumer Tanzschule stattfinden. Als der Betreiber von Polizei und Stadt Herne den Hinweis auf einen möglichen Betrug in seinen Räumen bekommen habe, habe er dem Seminar-Veranstalter umgehend abgesagt, so der Tanzschul-Betreiber zu unserer Zeitung. Er wolle nicht, dass sein Betrieb in ein schlechtes Licht gerückt werde. Er vermiete seine Räume regelmäßig an Institutionen, die dort Veranstaltungen durchführen. „Mit krummen Geschäften wollen wir nichts zu tun haben“, stellt der Betreiber klar. Name und Telefonnummer des Veranstalters habe er der Polizei übergeben. Die Nummer sei aber nicht mehr erreichbar.
Wie viele Ausländerinnen und Ausländer der Seminar-Veranstalter angeschrieben hat, ist noch unklar. Ebenso offen ist ebenso, ob und wenn ja: wieviel Geld er bereits kassiert hat. Der Mann hatte in der E-Mail um eine Anzahlung von 50 Euro gebeten; den Rest, so hatte er zugesagt, könnten die Seminarteilnehmer dann am Dienstag zahlen. Fakt ist aber auch: Einigen Ausländerinnen und Ausländern kam die Mail komisch vor, sie wandten sich direkt an die Ausländerbehörde und hakten nach. Dort hieß es dann: bloß nicht zahlen!