Bochum/Herne. Eine Frau aus Herne zeigt an, als Kind missbraucht worden zu sein - ihr Vater streitet alles ab. Sofort nach dem Urteil klicken Handschellen.
Nach schwersten Missbrauchsvorwürfen seiner Tochter ist ein ehemals in Herne und zuletzt in Österreich lebender Vater am Bochumer Landgericht zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Beim ersten Übergriff soll das Mädchen gerade neun Jahre alt gewesen sein. Sofort nach dem Urteil wurde der 45-Jährige noch im Gerichtssaal festgenommen.
In dem Moment, als vor der Urteilsverkündung mehrere Wachtmeister im Saal A0.10 aufzogen, war das das ultimative Signal an den Angeklagten – es ist vorbei. Bis zuletzt hatte der gebürtige Herner die Vorwürfe bestritten („Ich habe meinem Kind nichts getan“), seine Tochter als Lügnerin hingestellt, von Intrige und Rache gesprochen. Die Richter der 7. Strafkammer glaubten ihm schlussendlich kein einziges Wort.
Laut Urteil begann das Missbrauchsmartyrium im Jahr 2009 kurz nach dem neunten Geburtstag der Tochter und erstreckte sich danach über mehrere Jahre hinweg bis 2016. Tatorte waren überwiegend die Familienwohnungen an der Bismarckstraße, Hermann-Löns-Straße und Gewerkenstraße. In einem Fall hat sich der Vater zur sicheren Überzeugung der Richter aber auch während eines Familienurlaubs in Serbien an seiner Tochter vergangen. Die Stiefmutter und zwei Geschwister schliefen laut Urteil währenddessen im selben Bett.
Vater verweist auf ominösen Zettel-Fund
Während die Tochter ihren Vater massiv belastet hatte, hatte der Angeklagte die Taten nicht nur pauschal bestritten, sondern zur Erklärung dafür, dass die Vorwürfe durch seine Tochter nichts als Lügen sind, auch eine Art Rache-Theorie in den Raum gestellt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe will der 45-Jährige nämlich im Zimmer seiner Tochter in einem Ordner angeblich einen Zettel entdeckt haben, auf dem das Mädchen die Beweggründe für eine intrigante Falschbelastung ihres Vaters zugegeben haben soll. Sie wolle sich rächen und die Familie fertigmachen, soll die heute 24-Jährige angeblich aufgeschrieben haben.
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„So blöd kann man ja gar nicht sein“, sagte Richter Volker Talarowski in der Urteilsbegründung. Die Zettel-Geschichte sei grotesk und an Absurdität kaum zu überbieten. Das vermeintlich fein säuberliche Aufschreiben durch die Tochter ergebe für sich genommen schon gar keinen Sinn. Das vom Angeklagten vor Gericht behauptete, naive Vernichten des Zettels („Ja ich weiß, da war ich doof“) sei sogar regelrecht sinnfrei, urteilte das Gericht.
Erstmals vertraute die Tochter die Übergriffe ihrem damaligen Freund an
Nicht nur eine aussagepsychologische Gutachterin hatte sich festgelegt, dass die Belastungszeugin bei der Schilderung der erschütternd intensiven Übergriffe von einem wahren Martyrium berichtet hat. Auch die Richter glaubten der Herner Nebenklägerin am Ende uneingeschränkt.
Die heute 24 Jahre alte Hernerin lebte als Kind in der neuen Familie des Vaters. Dessen Beziehung zur Kindsmutter war früh zerbrochen. Vor Jahren hatte die Tochter die väterlichen Übergriffe erstmals ihrem damaligen Freund anvertraut, anschließend die Patchwork-Familie verlassen. Der Vater war mit seiner neuen Frau und den Kindern nach Österreich ausgewandert. Zur Strafanzeige hatte sich die Hernerin nach eigenen Angaben letztlich erst dann durchgerungen, als ihr in den Sinn gekommen sei, dass eine Strafverfolgung der Taten verjähren könnte.
Das Urteil gegen den Vater lautet auf schweren sexuellen Missbrauch von Kindern. Den Haftbefehl und die Saalverhaftung sofort mit der Urteilsverkündung begründeten die Bochumer Richter mit der Annahme akuter Fluchtgefahr.