Herne. Der britische Rüstungskonzern BAE tauft sein neues U-Boot wie die Ruhrgebietsstadt Herne. Was hat es mit der Namensgebung auf sich?

Der britische Rüstungskonzern BAE hat sein neues unbemanntes U-Boot wie die Stadt mitten im Ruhrgebiet genannt. Das neue Marine-Prunkstück heißt Herne: Herne kann ferngesteuert lautlose Missionen unter Wasser erfüllen und mit jeder Art von Waffen bestückt werden. Der Hersteller sieht eine Revolution in der Unter-Wasser-Kriegsführung. Es ist gut möglich, dass der Name Herne in den kommenden Jahren zum geflügelten Begriff wird wie ein Leopard-Panzer. Aber warum ausgerechnet Herne? Die Herkunft des Namens führt weniger ins Ruhrgebiet, sondern ins Reich der britischen Mythologie.

Neues U-Boot Herne von BAE-Systems
Herne hängt am Haken: Das neue U-Boot schaffte es innerhalb von elf Monaten vom Reißbrett zum ersten Test. © BAE Systems Ltd | John Gasser

Rüstungskonzern: U-Boot Herne ist ein Game-Changer im Unterwasser-Kampfbereich

BAE, das muss man wissen, ist einer der größten Rüstungskonzerne weltweit und auch Hersteller von Atom-U-Booten, dementsprechend groß ist die Aufmerksamkeit: „Herne ist ein Game-Changer im Unterwasser-Kampfbereich“, sagt Scott Jamieson, Geschäftsführer des Maritime Services-Geschäfts von BAE Systems jetzt bei der Vorstellung. „Es wird unseren Kunden eine kostengünstige autonome Fähigkeit bieten, die ein breites Spektrum an Missionen ermöglicht, die Abhängigkeit von bemannten Plattformen überflüssig macht, Menschen vor Gefahren schützt und die Ausdauer erhöht.“

Dass die Briten ihr gut zwölf Meter langes und zehn Tonnen schweres neues militärisches Prunkstück ausgerechnet nach einer deutschen Großstadt benennen? Das würde wohl selbst nach einer durchzechten Nacht im Pub keinem Verantwortlichen auf der Insel einfallen. „Ich kann Ihnen versichern, dass der Name des U-Boots nichts mit der deutschen Stadt zu tun hat, mit der es ihn teilt“, sagt Tom Calverly, Sprecher von BAE-Systems im britischen Surrey auf Nachfrage unserer Redaktion. Anders sieht es bei einem Lufthansa-Airbus aus, der seit vielen Jahren den Namen Herne trägt.

Er zerstreut aber auch gleich Spekulationen, dass die britische Region um die Ortschaft Herne Bay im Südosten Englands oder etwas ganz anderes Namensgeber sein könnte: „Herne ist vielmehr ein alter mythischer, geisterhafter englischer Jäger. Daher hielten wir es für einen passenden Namen für unser heimlich agierendes Überwachungsschiff“, sagt Calverly.

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Shakespeare verarbeitete Herne in den „Lustigen Weibern von Windsor“

Was im Ruhrgebiet kaum jemand weiß: Kein geringerer als William Shakespeare verarbeitete die schon ältere Legende von „Herne, the Hunter“ in der Komödie „Die lustigen Weiber von Windsor“. Und auch im legendären Sherwood Forest von Robin Hood soll „Herne“ gejagt haben. Herne agiert oft im Verborgenen, aber schlagkräftig.

Herne the Hunter
Nicht zu verwechseln: „Herne the Hunter“ hier auf einer Zeichnung von ca. 1840 aus dem Windsor Castle ist der Namensgeber und eine Sagenfigur (Bild gemeinfrei). © Scan by Steven J Plunkett - Windsor Castle by Harrison Ainsworth | George Cruikshank
Fußgängerzone Herne
Das ist die Fußgängerzone in Herne - Nicht-Namensgeber für das U-Boot. © WAZ | Arne Poll

Alles also nur zum Schmunzeln? Tatsächlich könnte der Name des U-Boots - wie in den vergangenen Tagen geschehen - dazu führen, dass man unter den Toptreffern in den Suchmaschinen bei der Suche nach „Herne“ künftig häufiger Geheimmissionen statt Gysenberg findet. Andersherum könnten U-Boot-Enthusiasten (trotz ausgeklügelter Algorithmen, die Fehlergebnisse ausschließen sollen) statt von geheimen Schleichfahrten im Namen der Krone zum Beispiel eher von Seilbahn-Plänen des Oberbürgermeisters lesen. Fakt ist: Der Name Herne ist jetzt mit dem U-Boot sogar ein eingetragenes Markenzeichen.

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Besteht wirklich die Gefahr, dass Herne künftig in einem Atemzug mit Krieg und Waffen genannt wird? Geht es nach dem Konzern, könnte „Herne“ bald zum Verkaufsschlager bei der britischen Marine und den U-Boot-Flotten befreundeter Staaten werden. Der Hersteller ordnet sein Unterwasser-Boot als „Extra Large Autonom“ ein, sprich extra-groß und unbemannt. Es sei so konfiguriert worden, „um Militärs in die Lage zu versetzen, die Unterwasserinfrastruktur auf den riesigen Flächen des Meeresbodens zu überwachen und zu schützen, die U-Boot-Kriegsführung zu unterstützen und ihnen eine weitere Möglichkeit zur Durchführung verdeckter Überwachungsmissionen zu bieten.“

Neues U-Boot Herne von BAE-Systems
Eine Testfahrt von Herne im britischen Militärhafen. © BAE Systems Ltd | John Gasser

Wann ist Herne verkaufsbereit?

Noch ist „Herne“ im Entwicklungsstadium. Laut BAE führte das erste Testmodell Anfang des Monats eine Geheimdienst-, Überwachungs- und Aufklärungsmission durch. Durch die Zusammenarbeit mit einem kanadischen Unternehmen sei man innerhalb von elf Monaten in der Lage gewesen Herne vom Zeichenbrett ins Wasser zu bekommen, heißt es. Jetzt sollen weitere Tests folgen. Dann soll das U-Boot in die Serienproduktion gehen.

Im Herner Rathaus nimmt man den Vorgang zur Kenntnis: „Die Namensgleichheit zwischen unserer Stadt mit einer Figur aus der britannischen Mythologie ist uns schon lange bekannt“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Nachfrage. „Wenn nach dieser Figur im Vereinigten Königreich ein unbemanntes militärisches Unterwasserfahrzeug benannt wird, nehmen wir das zwar zur Kenntnis, können es aber nicht beeinflussen. Wir befassen uns als Stadt lieber mit Themen, auf die wir Einfluss haben, und mit denen wir unsere Stadt weiter voranbringen.“

Neues U-Boot Herne von BAE Systems Ltd
So funktioniert Herne, ein „Prospekt“ von BAE: Der Hersteller hat sich den Namen sogar schützen lassen. © BAE Systems Ltd | BAE Systems Ltd