Herne. Bei der Europawahl trat in Herne nur ein Viertel der Wahlhelfer freiwillig den Dienst im Wahllokal an. Das ruft Stadt und Politik auf den Plan.
Die Zahl überrascht: 1000 Helferinnen und Helfer benötigt die Stadt Herne für die Durchführung einer Wahl, doch bei der Europawahl im Mai stellten sich nur rund 250 Menschen freiwillig für dieses durch Aufwandsentschädigungen vergütete Ehrenamt zur Verfügung. Der Rest wurde im öffentlichen Dienst rekrutiert. Das ruft die Politik auf den Plan.
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Auf Antrag des Piraten-Stadtverordneten Lars Wind hat der Rat Anfang Oktober die Stadt mit einer Prüfung beauftragt: Die Verwaltung solle untersuchen, inwieweit die Anzahl von freiwilligen Wahlhelferinnen und Wahlhelfern durch verschiedene Maßnahmen bei zukünftigen Wahlen erhöht werden könne. Es gelte, mit neuen Ideen und Konzepten zu versuchen, die Zahlen wieder in eine andere Richtung zu lenken, um mehr Menschen für dieses Ehrenamt zu begeistern, so Wind. Dabei helfen könnten zum Beispiel ein Blick in die Nachbarstädte oder die stärkere Nutzung von sozialen Medien.
Im Rathaus rennen die Piraten mit diesem Vorstoß offenbar offene Türen ein. „Das Team Wahlen ist auch der Auffassung und zur Erkenntnis gelangt, dass die Zahl der freiwilligen Helferinnen und Helfer für die erfolgreiche Durchführung der Wahl entscheidend sein kann“, erklärt Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage der WAZ. Es gibt (und gab bereits vor dem Piraten-Antrag) konkrete Pläne, wie mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Herne - Kommunalwahl und Wahl des Ruhrparlaments am 14. September, Bundestagswahl und eventuell OB-Stichwahl am 28. September - für dieses Ehrenamt geworben werden soll.
Die Stadt werde Informationen an jene Herner Schulen versenden, die geeignet seien, sich mit dem Thema Wahlhelferinnen/-helfer zu befassen und Freiwillige gegebenenfalls auf ein solches Ehrenamt vorzubereiten. Zielgruppe seien für die Kommunalwahl wahlberechtigte Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren - sie dürfen hier anders als bei der Bundestagswahl ihre Stimme abgeben - sowie Schülerinnen und Schüler ab 18 Jahren für die Bundestagswahl.
Wie gering die Bereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern in Herne ist, sich bei der Durchführung von Wahlen einzubringen, zeigen diese von der Stadt auf Anfrage präsentierten Zahlen der Europawahl: Von den rund 250 freiwilligen Wahlhelferinnen und Wahlhelfern gehörten rund 90 Prozent der Stadtverwaltung an. Das heißt im Umkehrschluss, dass sich jenseits der Stadtverwaltung gerade mal etwa 25 Freiwillige zur Verfügung gestellt hatten.
In welchen Herner Ämtern die Stadt ihre Wahlhelfer rekrutiert
Die anschließend von der Stadt im öffentlichen Dienst rekrutierten Wahlhelferinnen und Wahlhelfer - eine Ablehnung ist nur aus „dringenden Gründen“ wie zum Beispiel Krankheit oder berufliche Beanspruchung - möglich - verteilten sich folgendermaßen:
- Herner Stadtverwaltung: 280
- Agentur für Arbeit, Jobcenter: 29
- Lehrerinnen und Lehrer: 235
- andere Stadtverwaltungen: 50
- Finanzamt: 7
- Herner Sparkasse: 6.
Die Zahl der Wahlhelferinnen und Wahlhelfer aus der Stadtverwaltung nehme in den vergangenen Jahren kontinuierlich ab, berichtet Stadtsprecher Hüsken.
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Dass sich in Herne so wenige Menschen freiwillig für dieses Ehrenamt bei Wahlen melden, ist auch deshalb überraschend, weil die Aufwandsentschädigungen (auf den ersten Blick) insbesondere für Stadtbeschäftigte eigentlich recht kommod ausfallen. So erhalten diese als Beisitzer im Wahllokal mindestens 30 Euro sowie einen „Freizeitausgleich“ von zwölf Stunden. Bei „Verbundwahlen“, also zum Beispiel bei der Kommunalwahl mit Wahl des Ruhrparlaments am 14. September, gibt es sogar 50 Euro plus 14 Stunden Freizeitausgleich.
Höher ist die Aufwandsentschädigung für nicht bei der Stadt Herne beschäftigte Wahlhelferinnen und -helfer, die naturgemäß keinen Freizeitausgleich geltend machen können: Sie erhalten am 14. September für ihre „Schicht“ im Wahllokal 70 Euro. Für Wahlvorsteherinnen und -vorsteher liegt die Summe bei 100 Euro.