Herne. Für Live-Übertragungen aus dem Herner Rat ist jetzt ein neuer Anbieter verantwortlich. Der Wechsel wirft Fragen auf. Was kritisiert wird.
Nach drei Jahren hat die Stadt Herne die Produktionsfirma für die Live-Übertragungen von Ratssitzungen gewechselt. Aus Sicht der Verwaltung ein ganz normaler Vorgang, doch in der Politik werden Kritik und Fragen laut.
Mit der ersten Ratssitzung nach der Sommerpause am 3. September feierte der neue Dienstleister, eine Gesellschaft aus Köln, Premiere. Den Namen erfuhr die WAZ von der Stadt auf Nachfrage. Den Wechsel bzw. die Ausschreibung des Livestreamings von Ratssitzungen auf der Stadt-Homepage hatte die Verwaltung zuvor im nicht öffentlich tagenden Ältestenrat, ein Beratungsgremium aus OB und Ratsmitgliedern, verkündet.
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Zu Beginn der September-Ratssitzung habe Oberbürgermeister Frank Dudda zudem darauf hingewiesen, dass die Übertragung ab sofort von einem anderen Anbieter begleitet werde, so Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ. In der Aufzeichnung der Ratssitzung auf herne.de ist davon aber - offenbar aufgrund technischer Probleme - nichts zu sehen und zu hören.
Herner Piratenpartei beklagt Hinterzimmer-Politik
Die Piratenpartei kritisiert die Informationspolitik der Stadt. Die Entscheidung sei nur im „Hinterzimmer“ erläutert worden. Die Politik sei nicht eingebunden worden - und das, obwohl es einen Arbeitskreis Rats-TV gebe, sagt Piraten-Stadtverordneter Lars Wind. „Eine Pflicht zur Veröffentlichung besteht in diesem Fall nicht“, so der Stadtsprecher auf Anfrage der WAZ. Der Wechsel des Dienstleisters sei als Ergebnis eines erforderlichen Ausschreibungsprozesses erfolgt. Die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Anbieter sei - so erstmalig im Jahr 2021 vom Rat der Stadt beschlossen - zunächst auf die Pilotphase des Rats-TV sowie die Übergangszeit bis zum Abschluss eines Ausschreibungsverfahrens beschränkt worden.
Der seinerzeit zur Begleitung der Pilotphase eingerichtete Arbeitskreis Rats-TV sei im Rahmen der Erstellung des Leistungsverzeichnisses für eine erforderlich werdende Ausschreibung beteiligt worden. Der anschließende Ausschreibungs- und Vergabeprozess sei „Aufgabe der laufenden Verwaltung“. Die Kosten pro Sitzung hätten in der Vergangenheit - je in Abhängigkeit von der Dauer der Sitzung - bei circa 4300 Euro gelegen, inklusive der Bereitstellung einer Version mit Gebärdensprache. Und nach dem Wechsel? „Es wird von einer Kostenersparnis von circa 250 Euro pro Sitzung ausgegangen.“
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Die Piraten haben für die Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag, 24. September (16 Uhr, Rathaus Herne), weiteren Klärungsbedarf angemeldet. So fragt Lars Wind unter anderem nach Details und Kriterien des Ausschreibungsverfahrens sowie nach den Gründen für die Vergabe an den neuen Anbieter.
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- Auf Bitte der WAZ legte die Stadt Zahlen über Nutzerinnen und Nutzer der Ratssitzungen in diesem Jahr vor. Für den Livestream waren das (in Klammer: Streams mit Gebärdensprache): 323 (10) im Februar, 119 (3) im März, 182 (6) im April, 152 (9) im Juni sowie 134 (16) im September.
- Die ermittelten Werte für die ebenfalls auf herne.de abrufbaren Aufzeichnungen der Ratssitzungen: 524 (20) im Februar, 286 (19) im März, 394 (76) im April sowie 339 (28) im Juni. Für die September-Sitzung liegen noch keine Daten vor, weil die Aufzeichnung noch online ist.
- Die Aufzeichnungen sind jeweils bis zur darauffolgenden Ratssitzung abrufbar. Zum Vergleich: Auf Essen.de sind die Aufzeichnungen aller Ratssitzungen der vergangenen zwölf Monate zu sehen.