Herne. Vandalismus, Umbaumängel, kaum Geld für Grünpflege - es gibt viele Klagen über den Herner Revierpark: die schonungslose Analyse des Parkleiters.
Für 5,5 Millionen Euro ist der jeweils zu 50 Prozent von der Stadt und vom Regionalverbund Ruhr (RVR) finanzierte Revierpark Gysenberg modernisiert und Mitte 2023 wiedereröffnet worden. Seitdem gibt es regelmäßig Kritik und Negativschlagzeilen: Es geht vor allem um Baumfrevel, Vandalismus, Mängel bei der Umgestaltung und einen Kahlschlag. In einem schonungslosen Bericht legte der Herner Parkleiter Jürgen Will in der Bezirksvertretung Sodingen den Finger in die Wunden und sprach sogar offen über eine illegale Überwachungsaktion.
Zerstörungen: Belohnung und Kameras führten nicht zum Erfolg
Seit Mitte 2023 reißt die Kette der Vandalismusschäden nicht ab: Unbekannte sägten mehrere Bäume an, brachten die Kindereisenbahn Jolante zum Entgleisen, wüteten im Streichelzoo, zerstörten Spielgeräte und Mobiliar. Zuletzt wurde im September mit einer Flex ein Rohr einer inklusiven Wippe durchgesägt. Das Aussetzen einer Belohnung in Höhe von 2000 Euro brachte (noch) keinen Erfolg.
Um Tätern auf die Spur zu kommen, habe die Herner Revierpark GmbH über Nacht Überwachungskameras platziert, „obwohl wir das eigentlich nicht dürfen“, berichtete Park- und Betriebsleiter Jürgen Will in der Bezirksvertretung. Sogenannte Wildkameras seien für kurze Zeit an „prägnanten Stellen“ installiert worden - ohne Ergebnis. „Mit normalem menschlichen Sachverstand ist das nicht mehr nachzuvollziehen. Das können nur geschädigte Persönlichkeiten sein“, sagte Will über die Täter.
Große Defizite bei der Parkpflege
Kein Blatt vor den Mund nahm der Parkleiter auch beim Thema Parkpflege. In Herne sei von Anfang an klar gewesen, dass sich der Pflegeaufwand durch die mit einer Flächenerweiterung um 66.000 auf insgesamt 310.000 Quadratmeter verbundenen Modernisierung erhöhen werde. Das RVR-Projektteam sei jedoch noch kurz nach der Wiederöffnung im Sommer 2023 vom Gegenteil ausgegangen - auf Grundlage von allgemeinen wirtschaftlichen Analysen ohne Kostenangaben. In einer von der Revierpark GmbH vorgenommenen Berechnung habe sich schließlich bestätigt, dass sich der Pflegeaufwand nicht reduziert, sondern erhöht habe. Mehr Mitarbeitende und bessere Maschinen wären notwendig.
Den Mangel verwalte man im Herner Revierpark schon seit vielen Jahren: „Die Parkpflege wurde immer sehr stiefmütterlich behandelt“, so Will. Ein offizielles Budget habe es nie gegeben. Für die Anschaffung von Maschinen habe er Mittel in anderen Bereichen „abknapsen“ müssen, an Neueinstellungen zur Verstärkung des aus nur zwei eigenen Gärtnern und 1,50-Euro-Jobbern bestehenden Teams sei gar nicht zu denken gewesen. Und das, obwohl die aufwändige Grün- und Zierpflanzenpflege im Lago schon allein zwei Tage pro Woche beanspruche.
Zusätzlich rund 300.000 Euro seien jährlich nötig, um in eigener Regie den Anforderungen an die Parkpflege gerecht zu werden, erklärte Will. Das sei ihnen leider nicht zugestanden worden. Immerhin hätten die beiden Gesellschafter Stadt und RVR Mittel aufgestockt und von 2024 bis 2026 jährlich 125.000 Euro für die Beauftragung einer externen Fachfirma zur Unterstützung der Pflege bewilligt. Die beiden eigenen Gärtner bekämen zudem Verstärkung durch drei Langzeitarbeitslose, die als Hilfsgärtner angestellt worden seien. „Damit haben wir erst einmal eine Basis, mit der wir arbeiten können“, sagte Will. Nun gelte es, „die Prozesse weiter zu optimieren“.
Mängel noch immer nicht abgestellt
Alles andere als optimal stellen sich nach Einschätzung der Revierpark GmbH auch die Strukturen seit der Wiedereröffnung des Parks dar. Insgesamt 18 Mängel hätten sie beim Abnahmetermin im Frühjahr 2023 aufgelistet. Dabei habe es sich unter anderem um Flächen gehandelt, auf denen die Saat nicht aufgegangen sei oder die dauerhaft unter Wasser stünden. Bis heute seien nicht alle Mängel abgearbeitet, sagte Will. Einige Bereiche sähen sogar schlechter aus als vor der Modernisierung. Diverse Mängel habe man zum Teil auf eigene Kosten abgestellt - wie zum Beispiel die Wiederherstellung der Stromzufuhr für die Pächter im Park, um den Trödelmarkt und den Kinderflohmarkt „endlich wieder ans Laufen zu kriegen“.
Bei der Behebung der Mängel werde die Kommunikation dadurch erschwert, dass es anders als in der Umbauphase inzwischen keine direkten Zuständigkeiten mehr beim RVR für die einzelnen Revierparks gebe. Die Wege seien „sehr lang“, selbstständig agieren könnten sie nicht. Jede Maßnahme müssten sie zunächst mit dem RVR besprechen, der anschließend Kontakt zum Fördergeber der Modernisierung - für Herne die Bezirksregierung Arnsberg - aufnehmen müsse.
Konsequenzen aus Kahlschlag auf Streuobstwiese gezogen
Für Negativschlagzeilen und große Verärgerung in Politik und Bevölkerung sorgte Anfang Juni 2024 der Kahlschlag auf der Streuobstwiese im Bereich Gysenbergstraße/Landwehrweg, dem die blühenden Wildblumen zum Opfer fielen. Der Revierpark verteidigte damals die von der beauftragten Fachfirma durchgeführte Aktion gegen die massive Kritik, zog anschließend aber trotzdem Konsequenzen: Solche Maßnahmen dürften von der Fachfirma nur noch in Abstimmung mit den Gärtnern der Revierpark GmbH durchgeführt werden.
Vorwurf: RVR hat an der Realität vorbei geplant
Trotz seiner zahlreichen Hinweise auf Missstände und Mängel lobte der Parkleiter die Gesamtentwicklung im Revierpark. „Der Park ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht, worüber wir uns sehr freuen.“ Das werde von der Bevölkerung auch honoriert: „Die Frequentierung hat seit der Modernisierung stark zugenommen.“
Bezirksbürgermeister Mathias Grunert räumte ebenfalls ein, dass durchaus „schöne Flächen“ im Herner Revierpark entstanden seien. Er versäumte es aber nicht, (erneut) Grundsatzkritik an der Planung zu üben. Der RVR habe einige Ideen entwickelt, die losgelöst gewesen seien von der Realität am Gysenberg. „Wenn wir in Herne die Hälfte des Budgets für eine eigenständige Planung bekommen hätten, wäre das Ergebnis ein besseres gewesen“, sagte der Sozialdemokrat.