Herne. Im Kampf um die Bundestagskandidatur der Herner SPD hat sich Hendrik Bollmann durchgesetzt. Beim Parteitag wurden aber auch Misstöne laut.
Ein SPD-Parteitag in Herne hat am Samstagvormittag im Wanner Mondpalast entschieden: Hendrik Bollmann soll für die Herner SPD bei der Bundestagswahl im Herbst 2025 antreten. Das hat Der Parteivorsitzende setzte sich im parteiinternen Rennen für den Wahlkreis Herne-Bochum II deutlich gegen die Gewerkschafterin Sarah Jansen durch.
Auch interessant
Bollmann erhielt 96 Stimmen (73,9 Prozent), auf Jansen entfielen 34 Stimmen. Die offizielle Nominierung erfolgt am 9. November auf einer gemeinsamen Wahlkreiskonferenz der Herner SPD und der SPD der Bochumer Stadtbezirke Nord und Ost. Die Herner Genossinnen und Genossen verfügen bei dieser Konferenz über zwei Drittel der Delegiertenstimmen. Jansen sagte nach dem Parteitag zur WAZ, dass sie das Herner Ergebnis respektiere und im November nicht mehr antreten werde.
Er sei sehr zufrieden mit seinem Ergebnis, sagte Hendrik Bollmann nach dem Parteitag. Sarah Jansen erklärte auf Anfrage: „Ich akzeptiere diese demokratische Entscheidung. Enttäuschung wäre fehl am Platz.“ In einer kämpferischen Rede hatte die 34-Jährige zuvor auf der Bühne des Mondpalasts kritische Worte über Reaktionen auf ihre Kandidatur gefunden und auch indirekte Seitenhiebe auf Bollmann verteilt.
Jansen zu Herner Genossen: „Ich würde mich an eurer Stelle schämen“
„All diejenigen, die hier in der Partei munkeln, ich wäre keine richtige Hernerin, weil mich der Weg nach dem Abitur fürs Studium nach Münster und Berlin verschlagen hat, möchte ich sagen: Ich würde mich an eurer Stelle schämen“, sagte die gebürtige Hernerin, die seit einigen Jahren wieder in ihrer Heimatstadt lebt. Sozialdemokraten sollten stolz auf die Errungenschaften sein, die Arbeiterkindern wie ihr den Bildungsaufstieg ermöglicht hätten, so die Führungskraft der Gewerkschaft IGBCE in Köln-Bonn. „Das wird niemals etwas sein, für das ich mich entschuldigen werde.“
Und auch das sagte sie: „Wer von mir bei dieser parteiinternen Kandidatur erwartet hat, dass ich im Hinterzimmer agiere, Posten verspreche oder mich hinter Seilschaften verstecke, der sollte mich nicht wählen.“ Und: „Ich kämpfe mit offenem Visier“, erklärte Jansen - mit Betonung auf „ich“. Wichtig sei, was für ein Mensch sie sei und für welche Themen sie stehe, und das seien Arbeit und Wirtschaft. Und: Die SPD müsse endlich für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen.
Anders als Jansen wich Bollmann kaum von seiner schon bei den bisherigen öffentlichen SPD-Vorstellungsreden gehaltenen Rede ab, in der es inhaltlich um die Blöcke „Arbeit und Fortschritt“, „Bildung und Aufstieg“ und „Bürgernähe und Gemeinschaft“ ging. Der Lehrer am Emschertal Berufskolleg verwies zudem auf seine kommunalpolitische Erfahrung, seine Ämter, seine Mandate und auf die Erfolge mit der Herner SPD. Das alles sei aber nur durch Teamarbeit möglich gewesen, sagte er.
Am Ende seiner mit langem Beifall bedachten Rede offenbarte Bollmann, dass er im Kommunalwahlkampf 2020 erstmals einen Drohbrief erhalten habe. Vor einer der sogenannten Klappstuhlkonferenzen der Herner SPD sei ihm in einer anonymen Mail angekündigt worden: „Wir kommen mal mit ein paar Freunden vorbei und zeigen mal, was man mit Klappstühlen noch so machen kann.“ Da sei ihm klar geworden: Die Herner SPD habe solche Menschen „richtig pissig“ gemacht, weil sie auf Hinterhöfe und Plätze gegangen sei, um „um unsere Leute“ zu kämpfen., so Bollmann. Das müsse auch 2025 bei der Kommunal- und Bundestagswahl beim Kampf gegen die AfD wieder das Gebot der Stunde sein.
Harsche Kritik am Asylkurs der Bundesregierung
(Fast) Auf einer Wellenlänge funkten die Kandidierenden bei der Beurteilung des derzeitigen Asyl-Kurses ihrer Partei. „Das aktuelle Handeln der Bundesregierung zum Thema Migration hat mich als Sozialdemokratin tief erschüttert“, sagte Jansen. Der CDU und der AfD in dieser Debatte blind hinterherzulaufen, sei inakzeptabel. Durch Symbolpolitik und Augenwischerei seien die Werte der SPD verraten worden. Es könne nicht sein, sagte Bollmann, dass die SPD sich bei der Tagespolitik immer nur an den aktuellen Schlagzeilen der Bild-Zeitung orientiere. Stattdessen müsse eine „Agenda Migration“ her, so wie von den Wanner SPD-Ortsvereinen vor Monaten gefordert.
Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch:
- Mehr Sicherheit? Ordnungsdienst in Herne erhält Bodycams
- Wende in „Penis-Fall“: Mutmaßlicher Täter wieder frei
- Heitkamp-Chef: „Dresden kann auch Herne sein - oder Essen“
Der Wahlkreis Herne-Bochum II ging dreimal in Folge an die Sozialdemokratin Michelle Müntefering, zuletzt 2021 mit 43,4 Prozent und einem Vorsprung von 23,6 Prozent auf die CDU. Müntefering verzichtete diesmal auf eine Kandidatur. Sie nahm nicht an dem Parteitag im Mondpalast teil und spielte in den Wortbeiträgen auch keine Rolle. Mit einer Ausnahme: Jansen zollte Müntefering Respekt für das Erringen des Direktmandats bei den Bundestagswahlen 2013, 2017 und 2021.
>>> Hauchdünner SPD-Sieg bei der Europawahl in Herne
- Bei der Europawahl im Mai 2024 lag die SPD in Herne nur hauchdünn vor der CDU; beide kamen auf 23,7 Prozent. Die AfD erreichte 18 Prozent. Bei der Landtagswahl 2022 siegte die Herner SPD mit knapp 40 Prozent vor der CDU (25,9) und den Grünen (14,0).
- Mit einem Einzug in den Deutschen Bundestag würde Hendrik Bollmann in die Fußstapfen seines Vaters Gerd treten. Der 2014 im Alter von 67 Jahren verstorbene Herner gehörte als Vorgänger von Müntefering von 2002 bis 2013 dem Berliner Parlament an.