Herne. Im Herner Tierheim ist die Verzweifelung groß. Immer mehr Katzen werden abgegeben, oft auch ganze Katzenfamilien. Was Stadt und Politik sagen.

Das Tierheim Herne-Wanne schlägt Alarm: „Das Katzenleid in Herne ist katastrophal“, sagt Veronika Wolff, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins. Immer mehr Menschen seien verantwortungslose Tierbesitzerinnen und -besitzer, die ihre Katzen beispielsweise nicht kastrierten. Folgen seien ein Anstieg der Populationen und Inzucht. Viele dieser Tiere landeten dann im Tierheim. Dort gebe es nun so viele Katzen wie seit langem nicht mehr. „Dieses Jahr ist es extrem schlimm“, so Wolff zur WAZ.

Die WAZ hatte bereits über die angespannte Lage im Tierheim an der Hofstraße während der Sommerferien berichtet. Zuletzt warfen Unbekannte zudem Katzen in Mülltonnen; drei der vier Tiere konnten gerettet werden. Nun erreicht das Thema auch die Politik. Im Umweltausschuss gab es am Dienstag, 27. August, eine Diskussion zum Thema „Problematik mit Straßenkatzen und Überforderung des Tierheims“. Auf die Tagesordnung gesetzt wurde das Thema von den Linken. Immer mehr Katzen würden entsorgt, immer weniger kastriert, sagte Linken-Ratsfrau Klaudia Scholz. Kurz: „Straßenkatzen sind ein Riesenproblem.“

Herne: Kastrationspflicht wird missachtet

„Dieses Jahr ist es extrem schlimm“: Veronika Wolff, Geschäftsführerin des Tierschutzbundes Herne, das an der Hofstraße ein Tierheim betreibt.
„Dieses Jahr ist es extrem schlimm“: Veronika Wolff, Geschäftsführerin des Tierschutzbundes Herne, das an der Hofstraße ein Tierheim betreibt. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Dem widersprach Veronika Wolff, Chefin des Tierschutzvereins, nicht. Der Verein betreibt das Tierheim Herne-Wanne. Im Gegenteil. „Wir haben ein wahnsinniges Problem mit Katzen“, schilderte sie im Ausschuss. Gerade sei die 178. Katze in diesem Jahr abgegeben worden. Üblich seien rund 200 Katzen pro Jahr. Deshalb sei längst abzusehen, dass diese Zahl 2024 deutlich übertroffen werden. Grund sei unter anderem Unwissenheit im Umgang mit Tieren, vor allem aber die Missachtung der Katzen-Kastrationspflicht. So legten sich immer mehr Menschen Katzen zu, ließen sie aber nicht kastrieren. Auch deshalb nicht, weil viele glaubten, dass sich die Tiere innerhalb einer Katzenfamilie ja sowieso nicht vermehrten. Folgen: Im Tierheim würden ganze Katzenfamilien abgegeben, manche Tiere verendeten als Folge von Inzucht.

So könne es nicht weitergehen, so der Hilferuf des Tierheims. Wolff fordert Maßnahmen, damit die Kastrationspflicht endlich besser eingehalten wird. So tue etwa Aufklärung Not. Auch die Tierärzte könnten und müssten ins Boot geholt werden, um Halterinnen und Halter auf die Kastrationspflicht hinzuweisen.

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Aus Sicht der Stadt „sind keine Probleme mit Straßenkatzen bekannt“, sagte Michael Torkowski vom Ordnungsamt. Um anzufügen: „Bei vereinzelten Meldungen über streunende Katzen handelt es sich in der Regel um Freigänger, die dann den Eigentümern zugeführt werden“. Auch aus Sicht des Tierheims Gelsenkirchen, bei dem die Stadt Herne ihre Fundtiere abgibt, bestünden keine Probleme mit Straßenkatzen, berichtete Torkowski.

Torkowskis Anmerkungen kamen im Umweltausschuss nicht gut an. Sie habe dem Ordnungsamt schon mehrfach gemeldet, dass Katzenbesitzerinnen und -besitzer ihrer Kastrationspflicht nicht nachgekommen seien, sagte Tierheim-Chefin Veronika Wolff. Offensichtlich versandeten ihre Meldungen im Rathaus.

„Keine Probleme mit Straßenkatzen“: Michael Torkowski (Ordnungsamt).
„Keine Probleme mit Straßenkatzen“: Michael Torkowski (Ordnungsamt). © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Auch Roberto Gentilini (SPD) und Barbara Merten (CDU) wollten die Aussage des Ordnungsamtsmitarbeiters so nicht stehen lassen. Dass der Stadt keine Probleme mit Katzen bekannt seien, erstaune ihn, so Gentilini. Ebenso habe ihn zuletzt erstaunt, dass die Verwaltung auch keine Probleme mit Ratten und Tauben in der Stadt erkennen könne. Andere Kommunen seien in Sachen Katzenwohl viel weiter. Der SPD-Ratsherr forderte die Stadt Herne auf, sich mit beim zuständigen Veterinäramt Recklinghausen, aber auch bei anderen Kommunen zu erkundigen, um dann Maßnahmen zu ergreifen, wie man das Katzenproblem in Herne in den Griff kriegen könne.

Dem schloss sich Barbara Merten an. Die Politik habe die Katzen-Kastrationspflicht auf den Weg gebracht, nun müsse sie auch besser umgesetzt werden, forderte die CDU-Ratsfrau. Da sei die Stadt in der Pflicht. Ein Aufruf an die Bürgerinnen und Bürger, sich daran zu halten, reiche offenkundig nicht: „Da muss in Herne mehr getan werden“, stellte sie klar.

Und was sagt die Tierheim-Chefin zu Menschen, die sich ohne groß zu überlegen eine Katze zulegen? „Wenn die was zum Knuddeln und Schmusen wollen, dann sollen sie sich besser ein Spielzeugtier mit Batterie holen. Die können sie nämlich rausnehmen, wenn das Tier sie nervt.“