Herne. Viele Tauben, viel Dreck, viel Elend: Herner Tierschützer fordern ein Taubenhaus, die Stadt winkt ab. Doch nun tut sich was.

Braucht Herne ein Taubenhaus? Oder sogar mehrere? Bislang sind Versuche von Tierschützerinnen und Tierschützern gescheitert, auch in Herne einen solchen XXL-Taubenschlag aufzustellen. Ein Grund: Die Stadtverwaltung lehnt Taubenhäuser bislang ab. Dort sollen die Tiere geschützt leben können, erwünschter Nebeneffekt sind aber auch eine Eindämmung der Population und weniger Dreckecken. Nun kommt Bewegung in das Thema: Auch die SPD, die stärkste Fraktion in Herne, macht sich jetzt für Taubenhäuser stark, außerdem steht ein Verein in den Startlöchern, der sie betreiben könnte.

Viele Tauben, sagt SPD-Ratsherr Roberto Gentilini zur WAZ, lebten in Herne unter schlechten Bedingungen. Sie hätten kein vernünftiges Futter, würden oft vertrieben und durch Vogelspikes oder Vogelnetze verletzt, ja verstümmelt. Hinzu kämen die vollgekoteten Bereiche in der Stadt, die Fußgängerinnen und Fußgänger zurecht kritisierten. Kurzum: „Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht, dann sieht man, dass Herne ein Problem hat.“ Um das zu lösen, müsse ein Taubenhaus her - oder, wenn nötig, auch mehrere, fordert er.

Die Tauben in der Unterführung am Bahnhof Herne waren schon mehrfach Thema in der Bezirksvertretung Herne-Mitte.
Die Tauben in der Unterführung am Bahnhof Herne waren schon mehrfach Thema in der Bezirksvertretung Herne-Mitte. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Stadt Herne sieht keine „Stadttaubenproblematik“

Das Rathaus ist anderer Meinung. „Die Verwaltung sieht keine Stadttaubenproblematik“, heißt es in einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der SPD-Fraktion für den Umweltausschuss. In der Anfrage schilderte Gentilini: Die Population an Tauben sei in Städten „enorm hoch“. Maßnahmen wie Fütterungsverbote reichten allein offensichtlich nicht, um eine „gesunde und kontrollierbare Stadttauben-Population“ zu erzielen. Mehr noch: Die von einer „Überpopulation“ ausgehenden Verunreinigungen, häufig an Unterführungen, seien „wenig erfreulich“. Er wollte deshalb wissen: Sieht die Verwaltung die Notwendigkeit, sich mit der Regulation der Stadttauben in Herne zu beschäftigen? Klare Antwort aus dem Rathaus: nein.

Möglicherweise, so die Antwort der Verwaltung, wäre die Tauben-Population durch einen betreuten Taubenschlag regulierbar. Ob es dadurch aber auch weniger Verschmutzungen etwa an der Unterführung gibt, sei nicht einzuschätzen. Aufgrund der Ortstreue der Tauben wäre eine Errichtung von Taubenschlägen in unmittelbarer Nähe der Unterführung erforderlich. Zudem müssten die Tiere parallel auch vertrieben werden. Hinzu komme, dass die Umsetzung der Tauben in einen Schlag einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren erfordere.

Die Nachbarstadt Gelsenkirchen hat bereits Taubenhäuser. Sie werden von einem Verein betreut.
Die Nachbarstadt Gelsenkirchen hat bereits Taubenhäuser. Sie werden von einem Verein betreut. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

SPD-Ratsherr Genitilini will sich mit dieser Antwort nicht zufriedengeben. Im Gegenteil: Taubenhäuser gehörten in vielen Städten bereits zum Alltag. Er verweist auf das „Augsburger Stadttaubenkonzept“. Dieses Konzept, so schildert es die Stadt Augsburg, sei ein tierschutzgerechtes Konzept zur Regulierung und Reduzierung der Stadttauben zum Wohle von Mensch und Tier. Kernpunkt seien zehn betreute Taubenschläge und zwei betreute Taubentürme.

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Doch so weit in die Ferne muss man nicht blicken: Auch im benachbarten Gelsenkirchen gibt es zwei Taubenhäuser, betrieben werden sie von einem Verein. Sie sind Teil eines „Taubenmanagement-Konzepts“, das die Stadt Gelsenkirchen erarbeitet hat. In dem Taubenhaus in der Gelsenkirchener Innenstadt werden die Tiere, die sich sonst auf der Einkaufsmeile von Brötchen- und Döner-Resten oder heruntergefallenen Pommes ernähren, artgerecht gefüttert. Außerdem können sie dort in einem geschützten Raum verweilen, und nicht zuletzt werden ihre Eier gegen Plastikeier ausgetauscht, so dass die Population durch Geburtenkontrolle im Zaum gehalten werden soll.

SPD-Ratsherr (und Tierfreund) Roberto Gentilini, hier mit seiner Hündin Franzi.
SPD-Ratsherr (und Tierfreund) Roberto Gentilini, hier mit seiner Hündin Franzi. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

SPD-Ratsherr Gentilini will nun Tierschützerinnen und Tierschützer, aber auch Vertreterinnen und Vertreter von Politik und Verwaltung an einen Tisch holen, um die Taubenhaus-Idee weiter voranzutreiben. Dabei sollen auch mögliche Standorte und eine Vereinsgründung diskutiert werden. Dem Vernehmen nach gibt es bereits Hernerinnen und Herner, die sich um Tauben kümmern, sich in einem Verein engagieren und ein Taubenhaus betreiben würden. Das freut auch Gentilini: „Es muss endlich was passieren.“

Taubenhäuser: Bereits mehrere Vorstöße

  • Schon mehrfach wurden Taubenhäuser in Herne gefordert. 2023 scheiterten die Linken mit ihrem Antrag, ein Taubenhaus in Herne-Mitte zu errichten. Dadurch, so das Argument der Partei, könne Herne-Mitte und insbesondere die Bahnhofsunterführung auf der Bahnhofstraße sauberer werden.
  • Ebenfalls im vergangenen Jahr machte sich der Tierschutzverein für ein Taubenhaus stark. Damit, sagt die Vorsitzende Veronika Wolff zur WAZ, soll das „Taubenelend“ in der Stadt endlich zielgerichtet und wirksam bekämpft werden. Es gebe „viel zu viele Tauben“, viele von ihnen lebten unter schlimmsten Bedingungen oder verendeten qualvoll.