Herne. Der Herner Verein Pfotenglück hilft bedürftigen Tierhaltern. Jetzt schlagen die Ehrenamtlichen Alarm: Die Finanzierung sei nicht mehr gesichert.
Der Verein Pfotenglück hilft Tieren in schwierigen Verhältnissen. Seit zehn Jahren nun sammeln Christina Sawartowski und Sabine Mielke, Erste und Zweite Vorsitzende des Vereins, Futterspenden und Geld für Tierarztrechnungen, um Bedürftige bei der Pflege ihrer Vierbeiner zu unterstützen. Im Jubiläumsinterview mit der WAZ sprechen sie über Tierliebe jenseits des Geldbeutels – und darüber, wie schwer es mittlerweile für sie als kleinen Verein ist, über die Runden zu kommen.
Vor zehn Jahren haben Sie den Verein „Pfotenglück“ gegründet. Gab es damals in Herne eine Lücke zu füllen?
Sawartowski: Wir haben einfach das Elend gesehen: Dass bedürftige Menschen mit ihren Hunden an der Straße sitzen und betteln. Zuerst hatten wir vor, uns der Tiertafel anzuschließen. Aber die Auflagen, die man für dieses Konzept erfüllen muss, waren viel zu hoch.
Mielke: Wir haben damals bei der Stadt angefragt, ob es Sponsoren oder Räumlichkeiten gibt – aber keine Chance. Unsere Idee wollten wir aber trotzdem umsetzen. Und so haben wir unseren Verein gegründet.
Ihre ganz persönliche Tierliebe spielte bestimmt auch eine Rolle.
Mielke: Ohne Fellnasen geht nichts! (lacht)
Sawartowski: Uns ist wichtig, dass wir unsere Tiere versorgen können. Dass wir Spezialfutter kaufen können, wenn es nötig ist. Dass wir zum Tierarzt gehen können, wenn unsere Tiere krank sind. Andere können das nicht. Aus Liebe zum Tier war klar, dass wir da was machen müssen.
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Wie sahen Ihre ersten Schritte aus?
Sawartowski: Wir mussten natürlich erstmal jemanden finden, der uns Futterspenden zur Verfügung stellt. Das nächste Problem: Wir durften das Futter nicht auf öffentlichem Gelände verteilen. Der Betreiber der Zoobox hat uns dann sein Areal zur Verfügung gestellt. So standen wir dann da mit unserem Futter auf einem Tapeziertisch – und siehe da: Die erste Ausgabe war der Hammer. Es kamen sehr viele.
Waren darunter nur Bedürftige – oder hat auch der ein oder andere versucht, Ihre ehrenamtliche Arbeit auszunutzen?
Sawartowski: Natürlich. Dafür hatten wir uns aber von Anfang an ein System überlegt. Wir lassen uns einen Bedürftigkeitsnachweis zeigen, zum Beispiel den Bewilligungsbescheid der Arge oder den Rentenbescheid samt Personalausweis.
Mielke: Wir sind schließlich ein sehr kleiner Verein und es ist schwierig, an Futterspenden zu kommen. Da ist es nicht so schön, wenn man von Leuten ausgenutzt wird, die es nicht nötig haben.
Wie helfen Sie Bedürftigen sonst noch?
Sawartowski: Wir sammeln zum Beispiel Geld für Tierarztkosten. Weil wir ein kleines Budget haben, können wir aber meist nicht die ganze Rechnung bezahlen. Außerdem stellen wir nur Geld für Notfälle zur Verfügung, nicht für Routineuntersuchungen. Letztlich sind die Halter immer noch selbst in der Pflicht, sich um ihr Tier zu kümmern.
Mielke: Das ist uns sehr wichtig. Denn schnell denken die Leute: ‘Ich bekomme Hilfe, dann kann ich mir ja noch mehr Tiere anschaffen’. Wir unterstützen aber kein Tiermessie-Verhalten.
In dieser Hinsicht haben Sie wahrscheinlich schon einiges erlebt.
Mielke: Wir hatten zum Beispiel einen Herren mit unglaublich vielen Vögeln, die frei in der Wohnung herumflogen. Entsprechend sah die Wohnung auch aus.
Sawartowski: Er selbst hatte psychische Probleme. Da haben wir etwas mitgeholfen, die Zahl der Tiere zu reduzieren, damit der Mann wieder zurück ins Leben findet. Es gab auch viele Fälle, wo wir reingekommen sind und auf dem Boden schon die Flöhe haben rumspringen sehen.
Mielke: Einer unserer schlimmsten Fälle spielte sich in einer Wohnung ab, in der ganz viele Drogensüchtige saßen. Unser Klient hatte dort mit seiner trächtigen Hündin einen Unterschlupf gefunden. Überall lagen Hundehaufen herum.
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Was halten Sie davon, wenn sich Menschen Tiere anschaffen, die sichtbar mit der Pflege überfordert sind oder es sich finanziell nicht leisten können?
Sawartowski: Ich würde mir niemals erdreisten zu sagen, dass solche Menschen keine Tiere haben dürfen. Tiere geben eine psychische Unterstützung, die ein Therapeut oftmals nicht leisten kann. Unsere Aufgabe ist es, diesen Menschen zur Seite zu stehen und Lösungen aufzuzeigen Man darf auch nicht vergessen: Die meisten tun fast alles für ihre Tiere. Die verzichten selbst auf eine Schnitte Brot, damit sie noch eine Dose Futter kaufen können. Sie lieben ihre Tiere und wollen sich um sie kümmern, wissen aber manchmal nicht, wie.
Wie sind Sie als Verein durch die Corona-Zeit gekommen?
Sawartowski: Das war richtig schwierig. Wir sind ein kleiner Verein und haben hauptsächlich private Spender. Frau Mielke und ich sind die einzigen Mitglieder, die sich aktiv um alles kümmern. Da schaffen wir es kaum, große Werbung zu machen.
Mielke: Obwohl wir schon vieles versucht haben. Wir waren auf Messen und haben Firmen angeschrieben – vergeblich. Einige Sponsoren sind uns während Corona aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Lage abgesprungen. Wir betteln eigentlich nie um Geld, sondern nur um Futter- und Sachspenden. Jetzt müssen wir das zum ersten Mal in zehn Jahren.
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Das heißt, Sie machen sich Sorgen um Ihre Existenz?
Mielke: Wenn das Geld ausbleibt, können wir unseren Standort in der Claudiusstraße nicht halten. Dort geben wir momentan das Futter aus. Wir könnten sonst die große Zahl der Leute, die mittlerweile kommt, nicht bedienen. Die großen Futtermengen können wir allein gar nicht transportieren.
Sawartowski: Derzeit haben wir auf unserer festen Abholer-Liste 49 Personen mit 102 Tieren. Sechs bis acht Neuanmeldungen kommen pro Ausgabe etwa dazu. Im Moment müssen wir jeden Monat bangen, ob das Geld reicht, um genügend Futter zu kaufen. Und schon jetzt bringen wir beide viel privates Geld ein.
Was würden Sie sich wünschen?
Sawartowski: Vielleicht, dass Firmen, die sich sozial engagieren wollen, nicht nur an die großen Vereine denken. Denn die werden ja sowieso schon von allen Seiten unterstützt.
Mielke: Wir wollen ja keine 5000 Euro im Monat. Aber eine Regelmäßigkeit wäre schon wichtig, damit Miete und laufende Kosten gedeckt werden können.
>>> So kann man helfen
- Um ihren Standort halten zu können, bitten die Mitglieder des Vereins Pfotenglück um Spenden. Ziel ist fürs Erste eine Summe von 7000 Euro.
- Wer spenden will, kann einen Betrag seiner Wahl auf dieses Konto überweisen: Pfotenglück-Herne e.V., Herner Sparkasse, IBAN: DE 28432 50030 00000 50070, BIC: WELADED1HRN; Verwendungszweck: „Miete“.
- Zur Jubiläumsfeier am Samstag, 23. Oktober, ist es auch möglich, von 16 bis 19 Uhr Futterspenden vor Ort in der Claudiusstraße 20 in Wanne-Eickel abzugeben.
- Alle Informationen gibt es unter www.pfotenglück-herne.de.