Herne. Mit Gutscheinen wollte der Stadtsportbund Herner Kindern einen kostenlosen Zugang in Sportvereine bieten. Die Resonanz war mies. Nun ist Schluss.
Ein Projekt wird beerdigt: Der Stadtsportbund (SSB) in Herne zieht die Reißleine und stoppt die Sportgutscheine für Erstklässlerinnen und Erstklässler. Die Resonanz auf das Angebot des Stadtsportbundes (SSB) für Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen war niederschmetternd. Nur 46 Gutscheine, ein Bruchteil, wurden eingelöst. „Das ist ein Trauerspiel“, bilanziert SSB-MitarbeiterinPetra Herrmann-Kopp gegenüber der WAZ.
Wie verschafft man jungen Menschen mehr Bewegung, wie kriegt man sie in die Vereine? Diese Fragen standen im Zentrum einer Diskussion, die 2020 in eine große Gutschein-Aktion mündete. Das Ziel des Stadtsportbundes: Über eine kostenlose einjährige Gastmitgliedschaft sollten Mädchen und Jungen aus Familien mit wenig Geld in Herner Sportvereine und somit zum Sport finden. Die Sponsoren Stadtwerke, Erziehungsstiftung der Sparkasse, Förderturm, die Wohnungsgenossenschaften und das Ruhrwerk sagten zu, dafür über drei Jahre insgesamt 45.000 Euro locker zu machen. Damit sollten die Vereine für jede Neue oder jeden Neuen 50 Euro bekommen.
Herne: SSB änderte wegen schlechter Resonanz das Konzept
Allein: Die Aktion stand von Anfang an unter keinem guten Stern – und wurde schließlich zum Mega-Flop. Kaum war anfangs die Werbetrommel gerührt, kam Corona, und alles musste auf Eis gelegt werden. Doch auch nach dem Neustart Anfang 2022 war das Echo mehr als bescheiden. Von 1000 den Grundschulen übergebenen Gutscheinen wurden nur 28 eingelöst.
Daraufhin änderte der SSB, der nicht aufgeben wollte, sein Konzept. Die Gutscheine wurden fortan bei den Schuleingangsuntersuchungen des Gesundheitsamtes direkt an die Eltern ausgegeben. Außerdem gab es mehr Informationen: für die Eltern, die den Gutschein erhielten, eine Liste mit allen Sportvereinen in den Stadtteilen sowie ein Faltblatt. Weitere Werbung für das Projekt ging an Kitas, politische Vertreter und ans Kommunale Integrationszentrum. Nicht zuletzt wurde der Nutzerkreis erweitert: Auch Geschwisterkinder und Seiteneinsteiger wurden nun miteinbezogen. Ohne Erfolg.
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„Es hat einfach nicht geklappt, wir haben an allen Hebeln gedreht“, sagt Petra Herrmann-Kopp. Bislang seien gerade mal 46 Gutscheine eingelöst worden, 900 hätten es sein können. Das seien viel zu wenig, um die Aktion fortführen zu können. Der Aufwand sei riesig, der Ertrag gering. Deshalb werde das Projekt jetzt eingestampft. Das sei traurig und bitter, die Initiatoren und Spender hätten einen großen Zulauf erwartet.
Ähnlich äußert sich Hans Peter Karpinski, der Vorsitzende des Stadtsportbundes. Er kann sich nicht erklären, warum keiner die Gutscheine will: „Es kann doch nicht wahr sein, dass in Herne Geld auf der Straße liegt und niemand hebt es auf.“ Das Argument, dass die Kinder nach einem Jahr wieder abgemeldet werden müssten, wenn das Geld in der Familie nicht reiche, zieht nach Ansicht des SSB nicht. Eine Weiterfinanzierung der Vereinsmitgliedschaft über das Bildungs- und Teilhabegesetz sei möglich.
Und wie geht es nun weiter? Der Stadtsportbund will die Mittel, die von den Sponsoren bereits ausgezahlt wurden, nun in andere Projekte stecken. Übrig seien noch 16.200 Euro, und das müsse den Geldgebern nicht zurückgezahlt werden, sagt SSB-Chef Karpinski. Mit ihnen sei abgestimmt, dass die Summe für andere Kinder- und Jugendprojekte verwendet werden darf. Konkrete Ideen gebe es bereits, es sei aber noch nichts spruchreif.
>>> Erfolg in anderen Städten
Und warum sind die Sportgutscheine in anderen Städten ein Renner? Siehe Bochum: Dort erhielten alle Grundschüler einen Gutschein, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Das Geld dafür floss aus dem Haushalt der Stadt.
In Herne entschied sich der SSB aber dafür, nur Kinder und Jugendliche aus Familien zu unterstützen, die es nötig haben, sprich: die Mitgliedsbeiträge nur schwer oder gar nicht zahlen können.