Herne. Der Lockdown wird verlängert und verschärft. Herner Handel und Gastronomie rechnen mit einer weiteren Ausweitung der Maßnahmen.
Bund und Länder haben am Dienstag eine Verlängerung und Verschärfung des bisherigen Lockdowns beschlossen. Der Herner Handel und die Gastronomie rechnen damit, dass die Maßnahmen auch in den Februar und März reichen werden.
Olaf Kenkmann, Vorsitzender des Herner Einzelhandelsverbands, fürchtet sogar Ausgangssperren, sollten die Infektionszahlen nicht spürbar sinken. Was für ihn jetzt schon, Anfang Januar, klar ist: Ende Januar wird nicht das Ende des Lockdowns sein. Er glaubt, dass es bis Ende März Einschränkungen geben wird, die Frage sei lediglich, in welchen Variationen. Erst dann bestehe die Möglichkeit, dass die Infektionszahlen sänken. Vor diesem Hintergrund sieht er für manche Einzelhändler schwarz. "Viele werden den Lockdown nicht überleben, es wird wohl eine Insolvenzwelle geben", sagt er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Die große Aufgabe in Zukunft werde sein, die Kunden für den stationären Einzelhandel zurückzugewinnen. Was Kenkmann ärgert: Dass die versprochenen Hilfen der Bundesregierung nicht so ankommen wie sie eigentlich sollen.
Im Januar sind diverse Jahresrechnungen fällig
Das berichtet auch Norbert Menzel, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Herne City - aus eigener Erfahrung. "Ich habe einen Bescheid für eine Abschlagszahlung erhalten, aber das Geld ist noch nicht da", so Menzel. Das sei nicht nur ein Problem wegen der Umsatzeinbußen, auf der anderen Seite würden zum Jahresbeginn auch diverse Jahresrechnungen - wie Versicherungen - die Kasse der Händler belasten. Menzel hofft, dass die Händler ein Polster haben und zum Beispiel Vermieter Entgegenkommen bei Problemen zeigen. Normalerweise sei der Januar für viele Einzelhändler ein eher ruhiger Monat, aber Menzel weist auch darauf hin, dass es Ende Januar schon Richtung Winterschlussverkauf gehe, auch wenn es diesen offiziell nicht mehr gebe. Aber viele Textilhändler hätten eben noch die Winterkleidung in den Regalen.
Die IG Herne City hatte vor dem Lockdown eine Gutscheinaktion gestartet, um dem lokalen Handel zu helfen. Die sogenannte "Herner Taler" seien auch auf rege Resonanz gestoßen, rund 15.000 seien verkauft worden, mit dem Lockdown habe es allerdings einen Einbruch gegeben. Menzel weist darauf hin, dass die Gutscheine weiter erhältlich seien - bei Stadtmarketing an der Kirchhofstraße -, und dass sie auch über den 31. März hinaus eingelöst werden könnten.
Auch für Jens Rohlfing, Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, kommt die Verlängerung alles andere als überraschend. Er weist darauf hin, dass jeder Tag, den ein Einzelhändler geschlossen haben muss, schlimm sei, und mit jedem Tag die Verlockungen des Onlinehandels größer würden. Für die Geschäftswelt auf der Hauptstraße sei es in dieser Situation ein großer Vorteil, dass es relativ viele Lebensmittelhändler gebe, es stelle sich aber die Frage, was aus beabsichtigten Neuansiedlungen werde.
Gastronomen rechnen nicht vor März mit Öffnung
Markus Galland, Herner Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands, rechnet damit, dass Restaurants auch im Februar noch nicht wieder öffnen. Nach seiner Beobachtung ist das Weihnachts-Liefer-Geschäft noch ganz gut gelaufen, doch jetzt folgten ruhige Monate mit wenig Einnahmen. Und auf der anderen Seite stünden turnusmäßige Ausgaben wie Versicherungen an. Mit Blick auf das Jahr sei es fraglich, wie sich das Geschäft mit Veranstaltungen entwickeln werde, das ein großer Umsatzbringer sei.
"Der Lockdown muss sein", findet Hülsmann-Wirt Sabedin Houssein-Oglou (55), besser bekannt als Sabby. "Aber ich finde es sehr frustrierend zu sehen, wie andere damit umgehen." Beim Außer-Haus-Verkauf hat er Grüppchen beobachtet, und Sperrstunden seien nicht eingehalten worden. In Eickel werde nicht kontrolliert, so sein Eindruck. Im März hätten alle zusammengehalten, heute reite jeder auf seiner eigenen Welle. Seine Überzeugung: "Wir müssen für die Gemeinschaft Verantwortung tragen." Und so hält der Pächter durch, gestützt von Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen. In die Veranstaltungsplanung will er frühestens nach der Ministerrunde Ende des Monats einsteigen. "Ich denke, wir öffnen nicht vor März."
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Für Hendrik van Dillen, Betreiber des Parkhotels und des Restaurants "Gute Stube", kommt die Verlängerung des Lockdowns überhaupt nicht unerwartet, "ich habe damit gerechnet", sagt er. Er geht davon aus, dass die Gastronomen gezwungen werden, bis Ostern ihre Restaurants geschlossen zu halten. Van Dillen rechnet damit, dass er "mit einem blauen Auge" davon kommt, weil das Hotel wieder ab 18. Januar öffnet. Im November und Dezember habe die Auslastung bei rund 70 Prozent gelegen. Mit diesen Einnahmen könnte das Restaurant gestützt werden, van Dillen hat an der einen oder anderen Stelle sogar investiert.
Um Händlern und Gastronomen im Lockdown zu helfen, hatte im vergangenen Jahr die Herner Intalogy GmbH (eine Tochter der Isap AG) die Plattform "Localstar" entwickelt, mit der einfach, schnell und kostenlos ein Webshop aufgebaut werden kann. Nach Auskunft des Unternehmens wurden bisher rund 150 Shops eingerichtet, etwa 90 von ihnen seien nennenswert aktiv. Deshalb sollen die Aktivitäten nun ins Ruhrgebiet ausgeweitet werden.