Herne. Schwarz-Grün liegt im Trend. Regiert das Bündnis bald auch das „rote“ Herne? Was Wahlergebnisse aussagen, wie sich CDU und Grüne positionieren.

Schwarz-Grün steht aktuell nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hoch im Kurs. Auch im einst tiefroten Ruhrgebiet werden Städte wie Essen, Mülheim oder Dortmund von Schwarz-Grün nach der Kommunalwahl 2020 politisch dominiert. Und wie stehen in Herne die Chancen einer solchen Konstellation? Eine Bestandsaufnahme.

Die Ergebnisse bei Kommunalwahlen

Schwarz-Grün? Keine Chance! Zu dieser Bewertung könnte man beim Blick auf das Kommunalwahlergebnis 2020 in Herne kommen. CDU und Grüne erreichten gemeinsam nur 35,8 Prozent und lagen damit mehr als 8 Prozent hinter der SPD, womit eine Koalitionsbildung im Rat ohne Beteiligung der Sozialdemokraten praktisch ausgeschlossen war.

Auch wenn die Zeiten der absoluten SPD-Betonmehrheit in Herne wohl Geschichte sind, so sind die Genossen in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit Ergebnissen um die 45 Prozent stets die mit Abstand stärkste Kraft geblieben, was auch im Ruhrgebiet keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Bei der historischen Kommunalwahlschlappe der Ruhrgebiets-SPD im Jahr 1999 stürzten die Herner Sozialdemokraten zwar von 58 auf 44,5 Prozent ab, konnten damit aber – anders als zum Beispiel die einstigen roten Hochburgen Gelsenkirchen oder Essen – weiterhin den Oberbürgermeister stellen.

Schwarz-Grün bei der Landtagswahl vor der SPD

Während die SPD auch bei der Bundestagswahl 2021 in Herne deutlich vorne lag, so gibt das Ergebnis der jüngsten Landtagswahl schon eher Anlass zu schwarz-grünen Gedankenspielen: CDU und Grüne lagen in Herne gemeinsam sogar knapp vor der SPD (siehe Grafik). Bei der Landtagswahl 2017 sah das vor Ort noch ganz anders aus: Den 39,2 Prozent der SPD standen damals „nur“ 28,4 Prozent von CDU und Grünen gegenüber (23,7 und 4,7 Prozent). Nur eine Momentaufnahme? Das wird sich zeigen.

Das sagen die Parteichefs von Grünen und CDU

Eine Mehrheit jenseits der SPD müsse zunächst mal rechnerisch möglich sein, erklärt Stefan Kuczera, Co-Vorsitzender der Grünen, auf Anfrage. Und dann? Wäre Schwarz-Grün für ihn genauso denkbar wie einst Rot-Grün, denn: große Unterschiede sehe er zwischen diesen beiden Parteien in Herne aktuell nicht.

Christoph Bußmann ist seit April Vorsitzender der Herner CDU.
Christoph Bußmann ist seit April Vorsitzender der Herner CDU. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

CDU-Vorsitzender Christoph Bußmann ist ebenfalls offen für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit: „Ich muss ja am Ende des Tages in der Lage sein, mit allen demokratischen Parteien das Beste für unsere Stadt herauszuholen“, sagt er. Da schließe er nur die Linkspartei und die AfD aus. Doch auch auf diese Feststellung legt Bußmann Wert: „Ich kann mich über unsere Zusammenarbeit mit der SPD im Rat zurzeit nicht beschweren.“

Die OB-Frage und der Dudda-Faktor

Politische Beobachter sagen: Der größte Faktor für den Wahlerfolg der Herner SPD bei der Kommunalwahl 2020 war Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD). „Er ist von den bisherigen Herner Oberbürgermeistern der beste. Man könnte auch sagen: Der am wenigsten Schlechte. Er ist der erste Unternehmer nach vielen Unterlassern“, erkennt Stefan Kuczera an.

Er lobt OB Frank Dudda: Stefan Kuczera, Co-Vorsitzender der Herner Grünen.
Er lobt OB Frank Dudda: Stefan Kuczera, Co-Vorsitzender der Herner Grünen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

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Frank Dudda sei eine Persönlichkeit, „die der Stadt heute guttut“ , so der Co-Vorsitzende der Grünen. Allerdings sei er nicht der beste Oberbürgermeister, den er sich für Herne vorstellen könne: „Deshalb werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Kommunalwahl 2025 eine eigene Kandidatin oder einen eigenen Kandidaten aufstellen – möglicherweise, wie schon 2015 bei Thomas Reinke geschehen, mit anderen Parteien gemeinsam.“

Hinter den amtierenden Grünen-Ratsfraktions-Chef stellten sich vor sieben Jahren auch Linke, FDP, Piraten und Alternative Liste. Am Sieg von Frank Dudda konnte das Bündnis zwar nichts ändern, lag am Ende aber vor dem CDU-Kandidaten Peter Neumann-van Doesburg. Wäre denn in drei Jahren erstmals auch eine gemeinsame OB-Kandidatur von CDU und Grünen möglich? Auch das schließt CDU-Vorsitzender Christoph Bußmann nicht grundsätzlich aus. Die FDP könnte man hier ebenfalls ins Boot holen, sagt er. Und: „Natürlich würden wir als größte dieser drei Parteien den Anspruch formulieren, einen eigenen Vorschlag für die OB-Kandidatur zu machen.“