Hattingen. Frau Holle in Hattingen hat viele Sponsoren. Nur eine Privatperson spendete für ein Kalendertürchen. Die Geschichte dahinter ist herzergreifend.
Dass für die Türchen am Adventskalender von Frau Holle in diesem Jahr Sponsoren gesucht wurden, sorgte für Empörung. Die „Kommerz“-Rufe waren laut. Was für wunderbare und herzergreifende Geschichten aus dieser Idee aber auch entstehen können, zeigt Türchen 23, das einem ganz besonderen Menschen gewidmet ist.
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An Kommerz denkt Gisela Wojahn (68) überhaupt nicht, als sie bei der WAZ von der Idee liest, die Frau-Holle-Aktion durch Sponsoren bezahlbar zu machen. Im Gegenteil: „Mein erster Gedanke war: ‚Ich will Frau Holle retten‘“, sagt sie. Auch, dass es kein anderes als Türchen 23 sein soll, ist ihr sofort klar. Der 23. Dezember ist der Geburtstag ihres Vaters.
Noch im Sardinien-Urlaub greift sie zum Telefon, sobald die Tourist-Info des Stadtmarketingvereins öffnet - und sichert sich als eine der ersten ein Kalendertürchen. 200 Euro rufen die Initiatoren im Vorfeld dafür auf. „So ist mein Vater zu seinem Termin gekommen“, erzählt sie fröhlich.
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Ihr Vater ist Gerhard Wojahn. Und der ist Hattingen verbunden wie kaum ein zweiter. Heute wäre er 96 Jahre alt geworden. Vor fünf Jahren verstarb der Heimatfreund. Doch die Erinnerung an ihn lebt fort, so wie er die Erinnerungen an Hattingen zeitlebens weitergetragen hat.
„Es ist mir jetzt schon etwas peinlich, dass ich die einzige Privatperson bin.““
„Wir haben gemeinsam Hattingen zu Fuß erwandert. Ich kenne hier jede Ecke und mein Vater hat mir alles erklärt: Wer wo wohnte und so viel mehr“, erzählt Gisela Wojahn. „Ich kenne jede Straße in Hattingen, die Eichhörnchen im Schulenberg, die Engels- und die Teufelsbrücke und könnte stundenlang von Hattingen schwärmen“, führt die älteste Tochter von Gerhard Wojahn aus.
Und so, wie seinen Kindern, gab Gerhard Wojahn sein Wissen um Hattingen auch an viele Leser dieser Zeitung weiter. Er schrieb drei Serien mit Erinnerungen an die alte Zeit – es sind die beliebtesten historischen Beiträge, die in dieser Stadt gedruckt wurden.
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Jetzt wird das 23. Türchen in seinem Namen geöffnet, auch, wenn die Sponsoren nicht, wie ursprünglich angedacht, genannt werden, sondern lediglich auf einer Tafel und im Programmheft auftauchen. Zwischen zahlreichen Firmen ist Gisela Wojahn die einzige Privatperson, die auf dieser Liste auftaucht. Das erstaunt die 68-Jährige. „Ich war erschrocken und habe dann überlegt, ob ich das wirklich so machen kann. Es ist mir jetzt schon etwas peinlich, dass ich die einzige Privatperson bin. Aber wir wollten die Aktion als Familie unterstützen“, sagt sie.
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Ihrem Vater hätte es gefallen, ist Wojahn sicher. „Er hat Frau Holle selbst erlebt. Er hat seinen jüngsten Enkeln immer davon erzählt“, weiß Gisela Wojahn von ihrem Bruder. Sie selbst sei, obwohl sie fast 200 Kilometer entfernt lebt, früher regelmäßig bei Frau Holles Parade dabei gewesen.
Frau Holle in Hattingen
1998 startete der Adventskalender am Alten Rathaus mit Ursula Keuth als Frau Holle. Auch in diesem Jahr werden im Dezember wieder täglich um 17 Uhr die Fenster am Untermarkt geöffnet. Am 24. Dezember schon um 11 Uhr. Dann gibt es Geschichten, Lieder, Schnee und Schokotaler.
Im Wechsel mit Ursula Keuth sollen, wie im vergangenen Jahr, Tabea Dornbach, Anja Jarofski und Mechtild Pietsch als Frau Holle auftreten. Die große Weihnachtsparade zum Einzug von Frau Holle am 1. Dezember gibt es nicht mehr.
Auch dass Gerhard Wojahn den Weihnachtsmarkt liebte, weiß seine Tochter. Oft sei er dort gewesen, habe vor allem die Lichter geliebt, die die alten Fachwerkhäuser zum Strahlen bringen, die Gemütlichkeit und Heimeligkeit. Immerhin ist Heimatfreund Gerhard Wojahn in der Altstadt geboren und aufgewachsen.
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Zur Öffnung „seines“ Türchens schafft es die Tochter aus familiären Gründen leider nicht, bedauert sie. Aber sie freut sich, dass es geklappt hat mit dem Türchen für Gerhard Wojahn, einen besonderen Hattinger Heimatfreund.