Hattingen. Der Fachkräftemangel ist für die Hammerwerke von Friedrich-Wilhelm Wengeler kein Thema mehr. Sein Unternehmen hat andere wirtschaftliche Sorgen.
„Den Fachkräftemangel gibt es in der Industrie nicht mehr“, sagt Unternehmer Friedrich-Wilhelm Wengeler aus Hattingen. Und er befürchtet nach dem Scheitern der Ampel einen wirtschaftlichen Stillstand. Damit steht er nicht alleine da.
Die Stimmung in der Ruhrgebiets-Wirtschaft hatte sich zuletzt massiv eingetrübt, sagt auch die IHK Mittleres Ruhrgebiet. Vor allem die geringe Inlandsnachfrage und die hohen Arbeitskosten machten den Betrieben aktuell zu schaffen. Unternehmen sehen in den Bedingungen, die die Wirtschaftspolitik schafft, eines der größten Risiken, so die zentralen Ergebnisse des 113. Konjunkturberichts zur Ruhrwirtschaft.
Wirtschaft Hattingen: „Umdenken erforderlich“
Kurzarbeit ist bei der Wengeler & Kalthoff Hammerwerke GmbH & Co. bereits seit April angesagt. Ab Januar will Friedrich-Wilhelm Wengeler für scheidende Arbeitnehmer neue suchen - und befürchtet nicht mehr, keine zu finden. „Lagerarbeiter, Logistiker, Dreher, Zerspanungsmechaniker, Büroangestellte gibt es genug auf dem Markt“ - und es würden mehr angesichts der Krise in der Automobilindustrie. Das bedeutet aus seiner Sicht auch ein Umdenken der jungen Generation, die „in der Mangelerscheinung groß geworden ist und noch die Vorstellung hat, sie könnten viel fordern“.
Export
Exportorientierte Unternehmen werden die „Zeitenwende in der ‚Wirtschaftspolitik“, eingeläutet durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, zu spüren bekommen: Das meint die IHK MIttleres Ruhrgebiet. Die EU müsse nun die eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken, meint ihr Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann.
Die USA rangiert laut einer aktuellen Umfrage der IHK Mittleres Ruhrgebiet unter ihren Mitgliedsunternehmen auf dem ersten Platz der Exportländer außerhalb der EU. Auf Platz zwei folgt China. 24 Prozent der befragten Unternehmen aus Bochum, Herne, Witten und Hattingen geben zudem an, Waren aus den USA zu importieren. Damit rangieren die Vereinigten Staaten auf Platz 2 der Importländer nach China.
Den Fachkräftemangel indes schätzt die IHK Mittleres Ruhrgebiet anders ein als der Unternehmer: Das Ausmaß des Mangels werde erst in einigen Jahren „in seiner ganzen Dramatik sichtbar“, wenn der Großteil der Babyboomer in Rente gehe, so Sprecher Sven Frohwein. „Aus unserer Sicht haben sich bislang zu wenige Unternehmen mit dem Thema Fachkräftesicherung beschäftigt.“
Stillstand durch Verunsicherung
Der Mangel lasse sich nicht auf bestimmte Branchen beschränken. „Er wird sich in Industrie, Handel, Dienstleistung, Handwerk und öffentlicher Verwaltung zeigen. Besonders dramatisch ist die Situation aber schon in Gastronomie und Logistik.“ Ohne Migration könne dem Mangel nicht begegnet werden. Zudem müssten mehr Unternehmen ausbilden.
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Die Stagnation bereitet Wengeler Sorgen. Ein Beispiel: „Bei dem Heizungsgesetz weiß man nicht, wohin die Reise geht. Es gibt insgesamt zu viel Verunsicherung. Die führt dazu, dass man nichts macht.“ Für zwei bis drei Jahre im Voraus plane ein mittelständisches Unternehmen. Das sei im Moment aber kaum möglich - besonders nicht nach dem Scheitern der Ampel-Koalition.
Für den gleichen Lohn mehr arbeiten
Auch IHK-Mittleres-Ruhrgebiet-Hauptgeschäftsführer Michael Bergmann findet: „Das Ampel-Aus in Berlin kommt zur Unzeit. Jetzt droht Deutschland eine Hängepartie bis zum Frühling – und das in einer Zeit, in der klare wirtschaftspolitische Signale der Bundesregierung umso wichtiger wären.“ Wengeler meint gar: „Bis die neue Regierung sich sortiert hat, ist es Juni.“
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Der Unternehmer aus Blankenstein wünscht sich nicht nur flexibles Arbeiten, sondern glaubt, dass angesichts der derzeit schwierigen Wirtschaftslage Menschen bereit sein müssen, für den gleichen Lohn wieder mehr zu arbeiten. „Da müssen wir hinkommen. Anders wird es nicht gehen.“ Das soziale Jahr müsse wieder eingeführt werden, auch, damit junge Menschen ein soziales Verständnis für Gesellschaft bekämen. „Das ist abhanden gekommen“, findet Friedrich-Wilhelm Wengeler.
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