Hattingen. Was ist da los? Ein Auto hält in Hattingen, zwei Unbekannte springen heraus, einer ringt einen 24-Jährigen zu Boden. Jetzt gibt es Klarheit.

Eine Szene wie im Wilden Westen: Ein 24-Jähriger hält sich am 17. Juli 2023 mit seinem Fahrrad auf einem Parkplatz an der Ruhrbrücke auf. Plötzlich stoppt ein Wagen neben ihm, zwei Männer springen raus, einer stürzt sich auf den jungen Mann, ringt ihn zu Boden noch bevor er die Flucht ergreifen kann. Der wehrt sich nach Leibeskräften. Beißt, kratzt, tritt und schlägt.

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Erst als uniformierte Polizisten ihren Kollegen in Zivil zu Hilfe kommen, beruhigt sich die Szene. Im Gepäck hat der Hattinger 217 Gramm Marihuana. „Ich habe gedacht, ich werde überfallen“, sagt der polizeibekannte Hattinger vor Gericht.

Junger Mann ist für Gericht und Polizei kein unbeschriebenes Blatt

Für Gericht und Polizei ist der junge Mann kein unbeschriebenes Blatt. Schon als Jugendlicher bekam er Strafen – immer im Zusammenhang mit Drogen. Jugendstrafen. Aber in diesem Fall muss er sich als Erwachsener vor dem Gesetz verantworten. Und da fallen die Sanktionen deutlich härter aus.

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Der Verteidiger des Angeklagten macht die Situation noch einmal deutlich. „Das muss man sich mal vorstellen: Da kommt ein Auto angebrettert und dann springen zwei Erwachsene aus dem Wagen.“ Ob die Männer denn „Polizei“ gerufen hätten, möchte Richter Johannes Kimmeskamp wissen. „Nein, einer hat mich nur sofort auf den Boden geworfen“, sagt der 24-Jährige.

„Das war die Kurzversion. Jetzt bitte noch einmal in Zeitlupe“

Dann wird ein Zeuge aufgerufen. Ein arbeitsloser 38-Jähriger. Er war bei dem Vorfall dabei und soll schildern, was er da erlebt hat. „Es war schönes Wetter, ich war auf dem Parkplatz, dann kam die Polizei“, ist seine Einlassung. Richter Kimmeskamp entgegnet locker: „Gut, das war die absolute Kurzversion. Das Ganze jetzt bitte noch einmal in Zeitlupe.“

Woher er den Angeklagten kenne, möchte der Richter wissen. „Wir kennen uns flüchtig, vom Sehen“, ist die Antwort. Der erste Polizist habe gar nichts gesagt, nur der zweite habe gesagt „Polizei“. Der Angeklagte habe sich noch heftig gewehrt.

Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft un der Verteidigung

Ein zweiter Zeuge (39) schildert, er kenne den Angeklagten nicht, sei mit ihm nur spazieren gegangen. Bemerkt habe er nichts. Johannes Kimmeskamp beharrt: „Da gab es doch einen Polizeieinsatz, daran erinnert man sich doch. Sie gehen spazieren und dann kommt so ein Tohuwabohu und sie wissen von nichts? Das glaub ich ihnen nicht.“ Doch, er habe das alles gesehen, aber die Männer hätten sich als Polizisten gar nicht zu erkennen gegeben, erklärt er.

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Der Verteidiger des Angeklagten grätscht in die Befragung. „Wenn Sie Drogen kaufen wollten, müssen Sie das hier nicht sagen“, klärt er den Zeugen über die rechtliche Seite auf. Der Zeuge atmet erleichtert tief ein und aus. Richter Kimmeskamp fordert ihn auf: „Sie sollen hier nur die Wahrheit sagen.“ Eine Schöffin fragt: „Sie sagen, die Männer haben sich als Polizisten nicht zu erkennen gegeben. Warum sagen sie das? Wir haben doch gar nicht danach gefragt?“ Das wisse er nicht, antwortet der 39-Jährige.

Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und der Verteidigung

Der Staatsanwalt erklärt in seinem Plädoyer, der Angeklagte sei ja schon zweimal wegen Handeltreibens bestraft worden. „Jetzt ist er massiv wieder eingestiegen und hat sogar das Vierfache der erlaubten Menge dabei. Das deutet auf einen schwunghaften Handel hin.“ Man müsse die Kirche im Dorf lassen, aber in dem Fall fordere er ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe.

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Das Bild griff der Verteidiger gerne auf. „Ja, man muss die Kirche im Dorf lassen. Die Drogenmenge war natürlich überhöht. Dafür ist eine Strafe von drei Monaten bis fünf Jahren vorgesehen. Aber, ob sie 217 Gramm dabei haben oder 300 Kilogramm – das ist dann dieselbe Strafe“, gibt er zu bedenken und fordert acht Monate auf Bewährung. Sein Mandant hätte ja auch sagen können, er sei nur ein Kurier gewesen, er habe aber die Tat zugegeben. Außerdem sei sein Handy nicht ausgewertet worden.

Das Schöffengericht kam zu folgendem Strafmaß: Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. Er habe eine positive Entwicklung gemacht, sei erst vor kurzem Vater geworden und es sei nach der letzten Tat nichts mehr vorgefallen, so die Begründung.