Hattingen. Was macht ein Blinder, wenn dem Blindenhund die Orientierung genommen wird? So passiert in Hattingen - und jetzt ein Fall für den Bürgermeister.
Zebrastreifen werden schmerzlich vermisst. Barrierefreie Wohnungen sind kaum zu bekommen. Viel Arbeit für Hattingens neues Forum für eine menschengerechte Stadt.
Blindenhunde können Zebrastreifen erkennen. Sie führen ihre sehbehinderten Herrchen und Frauchen sicher über die Straße. Was aber macht ein behinderter Mensch, wenn er vom Marktplatz in Welper die Thingstraße überqueren möchte, der Zebrastreifen aber nicht mehr da ist, den der Hund erkennen konnte?
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Und wie kommen Eltern eines behinderten Kindes an eine behindertengerechte Wohnung, die bezahlbar ist? Fragen gibt es genug. Jetzt soll es Antworten geben. Die Stadt sucht Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich für eine menschengerechte Stadt einsetzen wollen.
Konvention sichert volle Teilhabe am Leben zu
Eine erste Zusammenkunft fand jetzt im Holschentor statt. Es kamen 15 Besucherinnen und Besucher, die an dem Thema interessiert sind. Teilweise sind sie in irgendeiner Weise selbst betroffen und konnten wichtige Informationen liefern, um an Lösungen mitzuarbeiten. Probleme sind immer noch reichlich vorhanden, obwohl seit 2006 die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft ist und allen Menschen mit Behinderungen volle Teilhabe am Leben zusichert.
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Auch Bürgermeister Dirk Glaser und seine Stellvertreterin Christine Freynik, die die Veranstaltung leitete, waren bei dem Treffen anwesend. Glaser erklärte, dass sich das Zuhören schon wegen des – nach dem Umbau - verschwundenen Zebrastreifens am Welperaner Marktplatz gelohnt habe. Den Grund für den nicht mehr vorhandenen Zebrastreifen kannte er: „Dort darf laut Straßenverkehrsordnung kein Zebrastreifen mehr hinkommen“, sagte er. Glaser betonte aber, er werde sich selbst des Problems annehmen.
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Manche Konflikte kann man nicht lösen, erklärte Frank Staaken (Grüne) nach der Veranstaltung. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für Soziales, Integration und Migration. „Eine Schwierigkeit ist, dass an Bordsteinen Menschen, die auf den Rollator angewiesen sind, die Bürgersteige an Übergängen abgesenkt haben möchten. Verständlicherweise. Die blinden Menschen aber wollen aus Sicherheitsgründen auf jeden Fall eine Kante haben, damit sie nicht ungeschützt auf die Straße gelangen.“ Das sei genauso nachvollziehbar. „Ein Zielkonflikt, den man nicht lösen kann“, sagt Staaken. Das sei aber nicht die Regel.
Wissenschaftliche Unterstützung der Universität Siegen geholt
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Jannik Meyer von der Stadtverwaltung aus Wetter das Konzept seiner Stadt vorgestellt. Die hatte schon 2010 einen Runden Tisch gegründet, um behinderte Menschen mehr ins gesellschaftliche Leben einzubeziehen. Dafür hatte sie sich wissenschaftliche Unterstützung der Universität Siegen geholt. Dann erstellten die Fachleute einen Aktionsplan - das dauerte circa vier Jahre. Darin geht es um mehr Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse von behinderten Menschen in der Stadt. Und auch um mehr Einbeziehung der Betroffenen.
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Dass schon durch die rechtliche Situation auch die Stadt Hattingen viel geändert hat, betonte Bürgermeister Glaser. „Aber vieles dauert eben lange“, sagte er. Ein Teilnehmer betonte, dass es unglaublich schwierig sei, an eine barrierefreie Wohnung in Hattingen zu kommen. „Und wenn man endlich eine gefunden hat, dann kann man sie nicht bezahlen“, erzählte er aus Erfahrung. „Und der Bedarf wird immer höher.“ Da konnte ihm der Vater einer neunjährigen – mehrfach behinderten - Tochter nur zustimmen. „Wir sind zu fünft in unserer Familie und haben nur durch die massive Unterstützung der Stadt Hattingen hier eine passende Wohnung bekommen“, erzählte er.
Auch die beiden Vorsitzenden des Seniorenbeirats, Kornelia Wendt und Hans Hartung, steuerten viel zu Vorschlägen und Problemlösungen bei. Am 12. August wird es weitergehen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die gerne mitarbeiten möchten.