Hattingen. Hattingens Stadtpfarrei hat einen Käufer für die denkmalgeschützte Kirche St. Engelbert in Bonsfeld gefunden. Wie die Immobilie umgestaltet wird.
Für die katholische Kirche St. Engelbert in Hattingen-Niederbonsfeld ist ein Käufer gefunden: Dominic Scholzen aus Wuppertal übernimmt die Immobilie zum 1. Juli - samt angrenzendem Pfarrhaus. Die Kirche will der 31-Jährige dabei für sich selbst zum Wohnen nutzen.
Investor für denkmalgeschütze Kirche in Hattingen hat Visionen
Dominic Scholzen ist ein Mann mit Visionen. Schon seit sieben, acht Jahren, sagt er, sei er in der Region auf der Suche nach besonderen Immobilien - zur Eigennutzung. Bereits um die Friedhofskapelle auf dem städtischen Friedhof Am Wasserturm in Hattingen hatte er sich Ende 2021 beworben, später aber von deren Kauf Abstand genommen, nachdem die Ausbaukosten weitaus höher sein sollten als zunächst gedacht.
Was nun die Kosten für die Neunutzung der denkmalgeschützten Kirche St. Engelbert betrifft, sieht Domonic Scholzen dagegen sehr klar: Einen niedrigen sechsstelligen Euro-Betrag koste ihn der Kauf der Immobilie inklusive Pfarrhaus, sagt der Wuppertaler. 300.000 Euro hat er zusätzlich eingeplant für die Umgestaltung im Inneren. Finanzieren wird Scholzen seinen Lebenstraum dabei unter anderem durch Mieteinnahmen. So will der 31-Jährige die ehemalige Bücherei im Erdgeschoss des Pfarrhauses zu einer Anliegerwohnung ausbauen, zudem wird er die jetzigen Mieter im ehemaligen Pfarrhaus „übernehmen“.
Das Alte mit Neuem zu verbinden und zu bewahren, findet Investor für Kirche in Hattingen hochinteressant
Er möge „keinen Standardneubau. Individuelle Objekte und vor allem, das Alte mit Neuem zu verbinden und so zu bewahren, finde ich hochinteressant - und auch, in einem solchen Objekt zu leben“, begründet Scholzen sein außergewöhnliches Interesse an der Kirche St. Engelbert. Für deren Investment hat er sich sogar von einem anderen Herzensprojekt verabschiedet: Den Belvedere-Turm in seiner Heimatstadt, den er erst Ende 2023 übernommen hatte und zu einem Tiny-Hotel machen wollte, hat er bereits weiterverkauft.
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Wie er aus der Kirche St. Engelbert eine Wohnimmobilie machen kann - die er ab Frühjahr, Sommer 2025 bewohnen will - hat Dominic Scholzen sich dabei genauestens überlegt. Einen Bungalow in Holzständerbauweise will er in dem Gebäude errichten lassen. Licht einfallen soll in den rund 75 Quadratmeter großen Kubus durch an drei Seiten und in die Decke eingesetzte großflächige Fenster aus Glas, die zudem den Blick freigeben auf das, so Scholzen, „wunderschöne Kirchengebälk“. Zwischen Bungalow und der Kirchenmauer bleibt ein etwa drei Meter breiter Gang.
Verglaste Flügeltür im Bungalow soll Zugang schaffen zum Chorraum
Zwei Schlafräume, Küche, Wohn- und Esszimmer sollen in dem Bungalow entstehen, eine verglaste Flügeltür einen Zugang schaffen zum Chorraum. „In diesem möchte ich eine Art Wintergarten errichten“, sagt Scholzen. Mit einem großen Eichentisch; und zwei Kirchenbänken aus St. Engelbert. Die zentralen Kirchenfenster im Chorraum will er erhalten.
Sparkurs der Stadtpfarrei
Die Profanierung, also Entwidmung, der denkmalgeschützten Kirche St. Engelbert ist für Ende Juni 2024 vorgesehen. Sie ist Voraussetzung für eine weltliche Nutzung des Gebäudes.
Die noch in der Kirche befindlichen geistlichen Gegenstände sollen ins Gemeindehaus nebenan beziehungsweise in den Räumen der Pfarrei eingelagert, Orgel, Glocken und Kirchbänke einer weiteren geistlichen Nutzung zugeführt werden.
Ein Verkauf der Kirche St. Engelbert ist Bestandteil des Pfarreientwicklungsprozesses. Die Stadtpfarrei muss im Zuge sinkender Kirchensteuern nämlich sparen - und ihre Kosten bis zum Jahre 2030 im Vergleich zu 2014 fast halbieren. Nicht nur in Hattingen, auch in anderen Teilen des Ruhrbistums wurde der Sparkurs verordnet.
Das Gemeindeheim St. Engelbert bleibt als kulturelles Zentrum erhalten. Hier sollen auch künftig Gottesdienste gefeiert werden. Mittel aus der Landesförderung „Dritte Orte“ sind beantragt. Als Betreiber soll gegebenenfalls ein neuer Verein begründet werden.
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In einem kleineren Raum des 1900 als Notkirche errichteten Gotteshauses, in dem ein Beichtstuhl noch an die frühere Nutzung erinnert, will sich Scholzen unterdessen ein Büro einrichten: Der 31-Jährige arbeitet als Einkäufer im Verkehrswesen viel im Homeoffice. Auch für die Sakristei hegt er besondere Pläne: Dort soll sein Badezimmer inklusive freistehender Badewanne hinkommen, daneben eine Wärmepumpen-Anlage, mit der er den Gebäudekomplex beheizen will. „In St. Engelberts Innern“, sagt Scholzen und lacht, „wird’s modern.“ Aber er versichert: „Alle Maßgaben des Denkmalschutzes werde ich selbstverständlich beachten.“
Pfarrer: „Freuen uns, Investor gefunden haben, der den Wert dieses Gebäudes erkannt hat“
Andreas Lamm, Pfarrer der katholischen Stadtpfarrei St. Peter und Paul, zeigt sehr erfreut über Scholzens Investment: „Wir freuen uns, dass wir einen so sensiblen und guten Investor gefunden haben, der den Wert dieses Gebäudes erkannt hat.“ Und der, so Lamm weiter, die Kirche zukünftig anstrahlen lasse, „so dass sie auch weiterhin als identitätsstiftende Landmarke im Stadtteil hervorgehoben wird“.
Ähnliche Worte findet Marlies Meier, Pfarrgemeinderatsvorsitzende und Mitglied der Steuerungsgruppe: Bei aller „nachvollziehbaren Traurigkeit“ von Gemeindemitgliedern über die Veräußerung des aber „nicht mehr finanzierbaren Kirchengebäudes“ sei Scholzens Investment „eine gute Lösung für St. Engelbert“.
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