Gladbeck. Nach ihrer Karriere im Tennis ist Andrea Petković als Autorin tätig. In Gladbeck stellte sie ihr neues Buch vor. Worüber zudem gesprochen wurde.

„Ich war gerne Tennisspielerin“, resümiert Andrea Petković direkt zu Beginn ihrer Lesung, die am Mittwochabend in der Stadtbücherei Gladbeck stattfand. Sie habe 2022 ihre Profilaufbahn beenden müssen, weil ihr Körper am Ende einfach nicht mehr mitgemacht hätte. Keine einfache Entscheidung und Thema ihres neuen Buches „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“, das Petković in diesem Jahr veröffentlichte.

Selbstzweifel, Zukunftsängste, das Ende einer langen und erfolgreichen Karriere, aber auch der optimistische Blick in die Zukunft – rund 130 Gäste aus Gladbeck lauschen an diesem Abend gespannt den Worten der ehemaligen Nummer Neun der Weltrangliste, darunter viele Mitglieder der drei Gladbecker Tennisvereine, die ihrerseits einige Fragen an Petković mitgebracht haben.

Andrea Petković gibt in Gladbeck Einblicke in das letzte Jahr ihrer Tenniskarriere

Die Ex-Tennisspielerin, die nach ihrem Karriereende als Autorin und Fernsehexpertin tätig ist, beginnt ihre Lesung mit einer Passage aus dem ersten Kapitel des Buches, das einen Blick auf die Australian Open im Januar 2021 wirft, inmitten der Corona-Pandemie also. „Das war eine krasse Zeit, jetzt wo ich darüber nachdenke“, sagt Petković rückblickend. Damals sei sie mit allen anderen Tennisprofis unter sehr strengen Quarantäne-Bedingungen in einem Hotel untergebracht gewesen. Raus durfte man nur, um zu trainieren.

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Doch die erzwungene Entschleunigung hatte auch ihr Gutes. Sie habe sich zu dem Zeitpunkt sehr fit, erholt und motiviert gefühlt, sagt Petković. Und doch beendete sie keine zwei Jahre später ihre Laufbahn. Ein „letztes Hurra einer Sterbenden“ sei der Jahresbeginn 2021 also gewesen, eine letzte gute Phase, bevor die sportliche Leistung endgültig abgefallen sei.

Mutter und Schwester rieten Petković schon länger zu einem Karriereende

Erstmals im Mai 2022 realisierte sie das baldige Ende der Karriere. Der Körper habe signalisiert, dass es nicht mehr weitergehe. Die Monate vor dem Rücktritt seien härter gewesen als der Rücktritt selbst, beurteilt Petković diese Phase im letzten Karrierejahr. Sie habe sich die schlimmsten Szenarien für die Zeit nach der Profilaufbahn ausgemalt.

Andrea Petkovic stellt ihr neues Buch im Lesecafé der Stadtbücherei Gladbeck vor
Rund 130 Gäste kamen am Abend im Lesecafé der Stadtbücherei zusammen, um Andrea Petkovic zuzuhören. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Dabei stand ein Karriereende durchaus schon früher im Raum, wie Petković nach einer Frage aus dem Publikum erzählt. Ihre Mutter und Schwester hätten ihr aufgrund mehrerer ernster Verletzungen schon länger geraten, aufzuhören. Ihr Trainer und das Team agierten verhaltener, um während des laufenden Spielbetriebs nicht ihr Selbstbewusstsein zu erschüttern. „Am Ende muss man das leider mit sich selbst ausmachen“, meint Petković. Anschließend liest sie die letzte Passage am Abend vor: das letzte Match ihrer Karriere und der anschließenden Erleichterung, endlich frei vom Tennis-Alltag zu sein.

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Viele Gäste stellten Fragen an die Ex-Profispielerin

Während der 90-minütigen Lesung sind Fragen zu ihrem Buch, ihrer Karriere als Tennisspielerin und zur allgemeinen Tenniswelt gerne gesehen. Ob Petković eine Lieblingsspielerin habe, fragt eine Zuhörerin. Auf jeden Fall, Serena Williams, die ironischerweise auch im selben Jahr und zum selben Turnier ihre Karriere beendete, sei immer ihr Vorbild gewesen, schwärmt Petković. „Sie hat anders gespielt und war sehr emotional.“ Auch die äußere Erscheinung von Williams habe ihr imponiert.

Angesprochen auf den deutschen Tennis-Nachwuchs äußert sich Petković kritisch. Zurzeit gebe es drei hoffnungsvolle deutsche Talente im Damentennis, sagt sie. Zum Vergleich: „Früher, zu meiner Zeit, waren wir 15 Nachwuchsspielerinnen.“ Nicht alle schafften den Sprung zum Profi, etwa wegen Reisemüdigkeit, oder weil sie sich für ein Studium entschieden hatten. Solche Abgänge seien früher einfacher aufzufangen gewesen, außerdem hätte man sich damals in der Gruppe „gegenseitig besser gemacht“.

Schon zuvor kritisiert sie, dass es in Deutschland kaum öffentliche Tennisplätze gibt, ganz im Unterschied zu den USA. Dort werde der Sport gerade durch die vielen frei zugänglichen Sportanlagen stark gefördert, erzählt die unter anderem in New York lebende Petković. „Das ist wahrscheinlich das Beste an Amerika“, sagt sie und wünscht sich auch für Deutschland mehr solcher öffentlichen Sportangebote.

Petković: „Teil des Profi-Daseins ist das Reisen“

Die 37-Jährige ist für den Deutschen Tennis Bund (DTB) als Mentorin aktiv und berät die aufstrebenden Talente zum Beispiel bei der Trainersuche. Ab und zu steht sie als Trainerin auch selbst auf dem Platz. Ein Job für die Zukunft? „Das kann ich mir jetzt noch nicht vorstellen“, schiebt Petković den Spekulationen einen Riegel vor. Denn auch als Trainerin sei man über das Jahr sehr viel unterwegs, bis zu 40 Wochen dauert die Tennissaison.

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„Ein Teil des Profi-Daseins ist das Reisen“, so Petković. Das sei besonders am Anfang der Karriere schwer, da viele Städte und die dort lebenden Menschen sehr fremd seien. Petković konnte erst im Laufe der Zeit Freundschaften in den Städten aufbauen, es dauere eben, „bis man sich auskennt“. Auch deshalb habe sie die letzte Phase der Karriere am stärksten genießen können. Ein weiterer Faktor: eine schwere Verletzung mit Ende 20 und eine anschließende, viermonatige Auszeit, in der ein Perspektivwechsel stattfand. „Die Jahre danach waren eine glückliche Zeit, wenn auch nicht mehr so erfolgreich“, sagt Petković heute.

Nach der Lesung und den laut Petković „super Fragen“ in hin und wieder auch typisch direkter Ruhrpott-Art hatten die Zuhörerinnen und Zuhörer noch die Chance auf Autogramme und Fotos mit dem Stargast. Viele nutzten die Gelegenheit, auch ein paar persönliche Worte mit der 37-Jährigen auszutauschen. So wurde Gladbeck – trotz fehlendem Profi-Tennisturnier – an diesem Abend doch zu einer Tennisstadt.