Gladbeck. Außerhalb der Stadt haben Funkamateure des Ortsverbands Gladbeck ihre Ruhe, um in die ganze Welt zu funken. Was sie am Amateurfunk fasziniert.

Über ein Dutzend Funkamateure haben sich an diesem Freitagabend zusammengefunden, hier auf ihrem Vereinsgelände des DARC-Ortsverbandes (Deutscher Amateur-Radio-Club) aus Gladbeck, einige Autominuten außerhalb der Stadt. Zwischen den Bäumen, in denen die Vögel zwitschern, stehen Antennenmasten. Kabel führen von den Masten zu einem großen Baucontainer. Idyllisch ist es. Mit Blick auf den Sonnenuntergang hat es sich Volker Goerick in einem Campingstuhl am Rande des Geländes bequem gemacht. Vor ihm steht eine Satellitenschüssel.

Goerick funkt. Und das über tausende Kilometer. Dank eines stationären Satelliten über Afrika kann er zwischen Arktis und Antarktis, zwischen Brasilien und Indien Funkverbindungen aufbauen. Die Geräte dafür hat sich der Wirtschaftsinformatiker selbst zusammengebaut. Nur die Satellitenschüssel ist gekauft. Um Funkkontakt mit dem Satelliten aufzunehmen, brauche er freie Sicht, sagt Goerick. Deshalb sitze er hier am Rand des Vereinsgeländes. Und man braucht Geduld. „Heute hat es eine halbe Stunde gedauert, bis eine Verbindung stand.“ Anschließend hat er an diesem Abend bis nach Italien, Indien und Russland gefunkt.

So hilft der Amateurfunk im Katastrophenfall

In Deutschland gibt es insgesamt 60.736 Funkamateure (Stand Dez. 2023). Rund die Hälfte davon ist Mitglied im Deutschen Amateur-Radio-Club, kurz DARC. Der eingetragener Verein ist in 24 Distrikte und rund 1000 Ortsverbände untergliedert.

Funkamateur ist, wer bei der Bundesnetzagentur eine Prüfung in den Bereichen Technik, Betriebstechnik und Gesetzeskunde  abgelegt hat und ein individuelles Rufzeichen besitzt. Insgesamt gibt es drei Klassen, die zu unterschiedlichen Möglichkeiten des Funkens berechtigen.

In Katastrophenfällen kann der Amateurfunk die ausgefallene Kommunikation für Verwaltungen und die Bevölkerung zum Teil ersetzen. Laut Angaben des DARC existieren diverse Kooperationen mit Organisationen aus dem Bereich des Katastrophenschutzes und der Verwaltung, zumeist auf Ebene der Städte und Landkreise. Auch mit dem Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) besteht eine Zusammenarbeit. Der DARC ist an das modulare Warnsystem des BBK angeschlossen. In einem Notfall, wie einem längeren Stromausfall und dem Ausfall von Telefon und Mobilfunk, können mittels batteriebetriebener Funkgeräte schnell und einfach eine Kommunikation gewährleistet werden und z. B. Notrufe an die Behörden weitergeleitet werden, heißt es von Seiten des BBK.

Weitere Informationen zum Amateurfunk sowie Kontaktmöglichkeiten zu den jeweiligen Ortsverbänden finden sich auf der Website des DARC (www.darc.de).

Gladbecker Funkamateure treffen sich jede Woche auf dem eigenen Gelände

Ein paar Meter weiter sitzt Ralf Musiol-Hendrix im Baucontainer vor einer großen Funkanlage. Auch er möchte so weite Funkverbindungen wie möglich erreichen. „Man bekommt die ganze Welt rein“, sagt er und zeigt auf den Computerbildschirm, auf dem Funkamateure aus diversen Ländern aufgelistet sind. Musiol-Hendrix startet einen Anruf, aber antwortet auch jemand? Tatsächlich, aus der Ukraine gibt es eine Rückmeldung, etwa 2200 Kilometer entfernt. „Er hat mich gesehen“, freut sich Musiol-Hendrix. Schließlich ginge es ja darum, Verbindungen aufzubauen. So fühle man sich verbunden mit der Welt, sagt er.

Amateurfunker Ortsverband Gladbeck
Volker Goerick ist Mitglied des Amateurfunkerverbands Gladbeck. Er funkt mittels eines stationären Satelliten über Afrika. © WAZ | Markus Grafenschäfer

Wöchentlich treffen sich die Mitglieder des Gladbecker Ortsverbandes auf dem Gelände, um gemeinsam zu funken. „Jeder kann hier sein Hobby ausüben“, sagt Verbandsvorsitzender Michael Danowski. Abgelegen von der Stadt, lässt sich in der Natur meist störungsfrei funken. Die hohen Antennenmasten haben die Mitglieder selbst aufgestellt. Darunter ist ein alter Bundesbahnmast aus Dortmund, der in den 1980er-Jahren auf abenteuerlichem Weg zum neuen Standort gebracht wurde.

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Notfunkreferent klärt auf: Funkamateure werden im Notfall überlebenswichtig

Die Mitglieder des Ortsverbands tauschen sich aus, helfen sich oder funken gemeinsam. Hin und wieder nehmen sie an Funkwettbewerben aus. Mit Funkamateuren aus ganz Deutschland messen sie sich dann. Etwa, wer innerhalb von 24 Stunden die meisten und weitesten Funkverbindungen aufbauen konnte. Dann wird auch mal auf dem Gelände übernachtet, erzählt Danowski.

Amateurfunker Ortsverband Gladbeck
In einem alten Baucontainer steht die gemeinsame Funkanlage der Gladbecker Funkamateure. © WAZ | Markus Grafenschäfer

Doch Amateurfunk ist mehr als ein Zeitvertreib. Das weiß Ulrich Walter nur zu gut. Der Elektroingenieur ist Notfunkreferent für das Ruhrgebiet und kennt sich mit der Rolle des Amateurfunks in Katastrophenfällen aus. „Funkamateure betreiben ein eigenes, weltweites Internet“, erzählt Walter. In Notsituationen können sie die Kommunikation aufrechterhalten. Bei der Ahrtalkatastrophe 2021 war dies etwa der Fall. Stück für Stück stellten Funkamateure öffentliche WLAN-Hotspots auf. Knapp sieben Terabyte an Datenvolumen sei durch die Hotspots bezogen worden, so Werner. Auch Notfallradiosender können durch Funkamateure betrieben werden.

Jeder kann zum Funkamateur werden

Ob als Hobby oder in Notsituationen – „der Funk ist für alle da“, sagt Werner. Die vielen Möglichkeiten zu funken und die Wettbewerbe sprechen auch Jugendliche an, ist er sich sicher. Danowski stimmt seinem Verbandskollegen zu. Man brauche auch kein Fachstudium oder handwerklichen Background, sagt er. „Hier im Verband wird sich geholfen!“

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