Gladbeck. In der Sparkasse in Gladbeck-Rentfort arbeiten künftig keine Menschen mehr. Der Unmut der Bürger vor Ort ist groß. Sorge um ältere Menschen.
Das Schild mit der Notinsel können sie bald abhängen. Das soll Kindern in Not eigentlich signalisieren, dass die Mitarbeiter in Geschäften ihnen helfen, wenn sie von fremden Personen angesprochen werden. In der Sparkassenfiliale in Gladbeck-Rentfort gibt es bald keine Menschen mehr. Die Bank zieht die vier Mitarbeiter von dort ab und macht die Filiale zum reinen Selbstbedienungsstandort mit Geldautomaten und Kontodruckern.
Auch interessant
Nicht, dass sich deswegen viel ändern würde. Das Serviceangebot ist schon seit Wochen eingeschränkt, Krankheit und Personalmangel machen der Sparkasse zu schaffen. Die Frustration bei Kunden ist am Dienstag trotzdem groß. „Das ist beschissen“, sagt Andrea, „auf gut Deutsch.“ Ihr täten die älteren Menschen leid. Nicht nur, weil sie in Zukunft irgendwie in die Innenstadt oder nach Zweckel kommen müssen.
Fehlt in Rentfort künftig die Hilfe für ältere Menschen?
„Es gibt ja Menschen, die schon mit den Geldautomaten nicht zurechtkommen. Und die nehmen dann gerne die Hilfe von Mitarbeitern in Anspruch, die ihnen zum Beispiel helfen, Überweisungsformulare ausfüllen.“ Wobei, überlegt sie dann, das ginge ja jetzt schon manchmal nicht mehr. „Da kriegt man dann zu hören: ,Datenschutz’. Und muss die Formulare doch wieder zu Hause mit der Lupe ausfüllen.“
Eberhard ist auch nicht begeistert vom kommenden Berater-Exodus. Er versucht aber, das Ganze mit einer Art defätistischem Humor zu sehen. „Wo werden die Filialen denn nicht geschlossen?“ Manchmal habe er das Gefühl, „dass die Mitarbeiter Angst vor Menschen haben“.
Service in der Sparkasse Rentfort schwächelt schon länger
„Ganz beschissen“ findet auch Christel die Pläne der Stadtsparkasse. „Ich bin ja noch motorisiert. Aber was machen die Leute mit Wägelchen?“ Gerade jetzt, wo das neue Nahversorgungszentrum an der Schwechater Straße kommt, die Beratung in Rentfort einzustellen: „Versteh ich nicht.“ Allerdings habe auch sie gemerkt, dass der Service ein wenig gelitten habe. „Der Briefkasten für die Einzahlungsbelege ist öfter mal voll, die gucken dann oben schon raus. Was ist, wenn die einer rausnimmt? Dann bekommt man eine Mahnung und weiß nicht, warum.“
Unter der WAZ-Nachricht zum Thema auf Facebook sieht die Stimmungslage kaum anders aus. „Womit rechtfertigt die Sparkasse denn jetzt noch ihre horrenden Gebühren“, fragt ein Nutzer – und antwortet sich selbst. „Das flächendeckende Standortargument zieht ja jetzt nicht mehr.“
Sparkasse Gladbeck hat mit Personalproblemen zu kämpfen
Aus bösem Willen schränkt die Sparkasse ihr Angebot indes nicht ein. Es werde immer schwieriger, offene Stellen zu besetzen – das gelte auch für Ausbildungsplätze, so der Sparkassenvorstand bei der Vorstellung der Bilanz Ende März. Aktuell sind bei der Sparkasse Gladbeck 154 Männer und Frauen beschäftigt. Das Durchschnittsalter liegt bei 44,5 Jahren und damit im Durchschnitt der Branche. Nur: Bis 2030 werden zirka 20 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Diese Lücken müssen gefüllt werden, sonst droht weiteres Ungemacht bei der Personalversorgung der Geschäftsstellen.
Lesen Sie auch:
- Klimaschutz. Statt Gas – Gladbecker Baugesellschaft setzt auf Fernwärme
- Filialnetz. Sparkasse Gladbeck zieht sich teilweise aus Rentfort zurück
- Bilderstrecke. „Gladbeck putzt“ – Das sind die Fotos zur Aktion
- Lokale Wirtschaft. Gladbeck: Was die Ansiedlung neuer Firmen schwierig macht
- Natur und Umwelt. Wittringen: Schilfgürtel bekommt Schutz vor gierigen Gänsen
Pro Jahr stellt die Sparkasse mindestens drei Auszubildende ein. „Wir würden auch fünf nehmen“, macht Vorstandsmitglied Jan Büser den Druck deutlich. Und obwohl also, wer jetzt bei der Sparkasse anfängt, gute Chancen hat, übernommen zu werden, ist es schwierig die Stellen zu besetzen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Den Schritt, den die Sparkasse nun vollzieht, haben andere Geldhäuser schon vorher getan. Commerzbank, Deutsche Bank und Nationalbank sind gar nicht mehr in der Stadt vertreten, die Volksbank ist noch in Zweckel und Rentfort – doch lediglich als SB-Filiale mit Automaten.