Gladbeck. Der Kreis Recklinghausen hat in Gladbeck bei einer Straßensanierung erstmals gummimodifizierten Asphalt verwendet. Warum der sich bewährt hat.
Die schwarzen Gummischluppen, die jedes Auto komfortabler über holprigen Untergrund fahren lassen, haben als Altreifen im Kreis Recklinghausen quasi die Rollen getauscht. Denn Granulat aus alten Autoreifen ist in der neuen Asphalt-Deckschicht sanierter Kreisstraßen mit verbaut worden. Die so zum ersten Mal vom Kreis hergestellte „Gummi-Straße“ ist die Fahrbahn eines Teils der Feldhauser Straße (K 38) in Gladbeck. Fachleute der Kreisverwaltung zogen zur Haltbarkeit des „gummimodifizierten Bitumens“ jetzt vor der Kreistagspolitik ein positives Fazit, auch in Sachen Klimaschutzschutz.
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Konkret berichteten die Experten im Ausschuss für Landwirtschaft und Bauwesen den Kreispolitikerinnen und -politikern, dass im Sinne der Nachhaltigkeit und der Ressourcenschonung schon früh auf gummimodifiziertes Material gesetzt wurde. Das Pilotprojekt der ersten „Gummi-Straße“ im Kreisgebiet war 2007 die Feldhauser Straße in Gladbeck-Zweckel. Sie wurde auf einem Kilometer Länge zwischen der Kreuzung Scholver Straße und dem Kreisverkehr Schulstraße/Frochtwinkel saniert.
„In den ersten Jahren, in denen wir den neuen Straßenbelag testen wollten, gab es noch Vorbehalte bei den ausführenden Firmen“, informierte Carsten Uhlenbrock. Die Skepsis sei nachvollziehbar gewesen, so der Fachdienstleiter Tiefbau beim Kreis Recklinghausen weiter. Denn im Vergleich zu den bislang üblichen Materialien seien beim Einbau des gummimodifizierten Bitumens zum Beispiel höhere Temperaturen und längere Mischzeiten des Materials vonnöten. „Beim Einbau haben sich aber keine größeren technischen Schwierigkeiten gezeigt.“
Der „Flüster-Asphalt“ wirkt sich nicht negative auf die Fahreigenschaften aus
Und auch in Sachen Fahreigenschaften hätten sich keine negativen Veränderungen ergeben. Die alten Reifen sorgen vielmehr dafür, dass neue Reifen auf dem „Flüster-Asphalt“ nicht so viel Lärm verursachen: Laut ADAC können solche speziellen Straßenbeläge die Abrollgeräusche um rund drei bis fünf Dezibel verringern. Das dem Bitumen beigemischte Gummi aus recycelten Reifen ist zudem gut für die Umwelt.
Denn bei besonderen Beanspruchungen im Asphaltstraßenbau wird in der Regel auf polymermodifizierter Bitumen gesetzt. Der Einsatz von natürlichen Polymeren stößt aber mittlerweile aufgrund einer weltweit begrenzten Verfügbarkeit von Naturkautschuk an seine Grenzen. Die Weiterverwendung der Alt-Reifen leistet nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung von Müll, sondern sorgt gleichzeitig für eine Verringerung der Importe von Naturkautschuk und so eine globale Schonung der Regenwälder.
60.000 Quadratmeter „Flüster-Asphalt“
Mit gummimodifiziertem Asphalt hat die Kreisverwaltung mittlerweile rund 60.000 Quadratmeter ihrer Straßen bearbeitet. Das entspricht etwa 40 Prozent der jährlichen Sanierungsfläche.
Den Gummi-Asphalt findet man so mittlerweile auf Kreisstraßen in nahezu allen kreisangehörigen Städten. Bis heute wird das bewährte Material in auch verbesserter Rezeptur eingebaut, zuletzt im Vorjahr auf der K40 im Bereich Castrop-Rauxel.
Auch wenn der Preis des Materials etwa ein Drittel (33 %) höher ist als der des üblichen Bitumens, „rentiert sich die Investition“, so Uhlenbrock, denn die Unterhaltungskosten der sanierten Straßen könnten fast halbiert werden. Dies ergebe sich durch die längere Nutzungsdauer der Gummi-Straßen, die sich im Vergleich mit konventionellen Deckschichten deutlich erhöhe. „Mittlerweile ist das Material erprobt und hat sich als sehr langlebig erwiesen. Nach unseren Erfahrungen hält das gummimodifizierte Bitumen 75 bis 100 Prozent länger als herkömmliche Deckschichten.“
Neben den eigenen Erfahrungen in Gladbeck und Co. habe auch die fachwissenschaftliche Untersuchung einer mehr als zehn Jahre andauernde Belastung einer Untersuchungsfläche (Fa. Liebherr Rostock), u.a. mit Schwerlastverkehr, ergeben, dass diese Performance-Kennwerte aufwies, die stellenweise noch den heutigen Anforderungen an neu hergestellte Asphaltschichten entsprechen. „Somit ist dieser Straßenbelag nicht nur nachhaltig, sondern hat sich auch wirtschaftlich bewährt“, fasst Uhlenbrock zusammen.
Das Ingenieuramt setzt bei städtischen Straßen auf ein anderes Asphaltmaterial
Die Experten der Stadt Gladbeck finden den gummimodifizierten Asphalt „spannend“, setzen ihn aber nicht ein. Denn, anders als im außerstädtischen Bereich, müssten Straßen innerhalb der Stadt vergleichsweise in häufigeren Abständen aufgebrochen werden. Etwa, „weil Versorgungsleitungen im Siedlungsgebiet im Boden verlegt, erneuert, oder repariert werden müssen“, begründet Frank Restemeyer, Chef des Ingenieuramtes. Statt der teureren Gummi-Straßendecke setze die Stadt so „auf Splitmastix-Asphalt, der kostengünstiger ist und sich als hochfestes beständiges Material bewährt hat“.
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Carsten Uhlenbrock will bei den Kreisstraßen weiter innovative Entwicklungen in Sachen Asphalt im Blick haben: „Gerade hinsichtlich der künftigen Herausforderungen des Straßenverkehrs – zum Beispiel die immer weiter steigenden Achslast des Transportverkehrs – und den Ansprüchen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer vom Fußgänger über den Radfahrer bis hin zum Bus muss sich unsere Bauweise fortlaufend verändern und optimieren“.
Klimafreundlichkeit stehe dabei natürlich ebenfalls im Fokus. „Uns ist es wichtig, dass wir als öffentliche Hand beim Straßenbau unseren Beitrag für die Umwelt leisten. Dafür setzen wir uns immer wieder mit Innovationen und neuen Möglichkeiten auseinander.“ Dazu muss aber auch kritisch benannt werden, dass dem Nachhaltigkeitsgedanken beim Gummi-Asphalt die hohen Temperaturen bei der Herstellung und beim Einbau (CO2-Ausstoß) entgegen stehen. Das Material kann auch nicht so einfach bei Sanierungen wieder aufgenommen und für neue Asphaltdeckschichten recycelt werden, wie herkömmlicher Asphalt.