Gladbeck. Die Stadt Gladbeck und der örtliche Energieversorger ELE wappnen sich für die Zeit mit weniger Energie. Was genau an Maßnahmen geplant ist.

Die drohende Energiekrise beschäftigt mehr und mehr die Stadt Gladbeck und den lokalen Energieversorger Emscher Lippe Energie (ELE) GmbH. Während die ELE mit Sorge die Preisentwicklungen vor allem auf dem Gasmarkt beobachtet und erste Anweisungen der Bundesnetzagentur zur Netzüberprüfung befolgt, hat die Stadtverwaltung einen Krisenstab eingerichtet.

Der Energieversorger sei noch nicht im Krisenmodus, im Moment sei die Situation „noch beherrschbar“, so ELE-Sprecher Peter Efing. Man sei aber ständig in Gesprächen mit übergeordneten Netzbetreibern und Lieferanten. Nach Aufforderung der Bundesnetzagentur habe die ELE Verteilnetz GmbH, durch deren Netz das Gas zu den Kunden fließt, inzwischen die Zahl der „ungeschützten“ Kunden und ihre Mengenpotenziale ermittelt. Das sind vor allem große Industriebetriebe mit erheblichem Gasverbrauch, die im Notfall als erste von der Versorgung genommen würden.

ELE-Kunden in der Grundversorgung haben bereits eine Preiserhöhung

ELE hat bereits auf die Preisentwicklung reagiert und für die Grundversorgung zum 1. August den Tarif erhöht.
ELE hat bereits auf die Preisentwicklung reagiert und für die Grundversorgung zum 1. August den Tarif erhöht. © WAZ | DEFFTE

Was kleinere Gewerbekunden und die Privatkunden anbelangt, so habe die ELE mit der bereits angekündigten Preiserhöhung bei der Grund- und Ersatzversorgung zum 1. August reagiert und gebe erstmals Preissteigerungen weiter. Die ELE zählt etwa 3000 dieser Kunden in Gladbeck. Eine Preisänderung bei den Bestandskunden mit Sonderverträgen, die die Mehrzahl der ELE-Kunden ausmachen (etwa 6000 in Gladbeck), sei derzeit nicht im Gespräch.

Derzeit seien die meisten Preise noch fest, so Efing. Den überwiegenden Teil des Gases bezieht die ELE von Uniper, dem größten deutschen Importeur von Gas aus Russland. Was passiert, wenn der unter erheblichen finanziellen Druck geratene Gasimporteur seine explodierten Preise weiterreichen darf – darüber wollte der ELE-Sprecher nicht spekulieren. „Wir sind in der gleichen Situation wie alle anderen Stadtwerke.“

Großabnehmer der ELE verbrauchen 22 Prozent weniger Gas

Inzwischen reagieren aber offenbar bereits die Verbraucher: Die ELE stellte bei den Großabnehmern in der Industrie von Januar bis Mai einen Rückgang der Gasabnahme von 22 Prozent fest. „Nicht alles ist auf einen Spareffekt zurückzuführen, da es auch Veränderungen in der Kundenstruktur gibt, aber ein Großteil ist auf verändertes Verbrauchsverhalten zurückzuführen“, so Efing. Die Abnehmer reagierten, wenn nicht auf Sparappelle, so dann aber wohl vor allem auf die steigenden Preise. Inzwischen bemühten sich auch gewerbliche Kunden um Energiealternativen wie Butan, Wasserstoff, Strom und Wärmepumpe. Ob Privathaushalte ähnlich sparten, lässt sich von Seiten der ELE nicht darstellen, da Verbrauchsrückgänge hier vor allem auf das jahreszeitlich bedingte geringere Heizen zurückzuführen sind.

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Unterdessen hat Bürgermeisterin Bettina Weist in der Stadtverwaltung Gladbeck einen Krisenstab eingerichtet, um angesichts der aufziehenden Energiekrise möglichst schnell auf weitere Entwicklungen reagieren zu können, wie es aus dem Rathaus heißt. Der Krisenstab der Stadt soll erstmals Anfang August tagen. Bis dahin werden für dieses erste Treffen eine Ist-Analyse zum Energieverbrauch der städtischen Gebäude erstellt und vor allem konkrete Maßnahmen zur weiteren Energieeinsparung entwickelt. Alles komme auf den Prüfstand, so ein Rathaus-Sprecher.

Stadt Gladbeck muss rund 60 größere Gebäude heizen - die meisten mit Fernwärme

Die Stadt nutzt – und beheizt – rund 60 größere Gebäude, darunter nicht nur das Rathaus, sondern auch Schulen, Sporthallen, Kindertagesstätten, aber auch öffentliche Einrichtungen wie die Stadthalle, die Bücherei oder das Bürgerhaus Ost. Hinzu kommen einige kleinere Gebäude. Insgesamt umfasst der Gebäudebestand der Stadt eine Größenordnung von rund 220.000 Quadratmetern Grund- und Nutzfläche. Die meisten der Gebäude werden mit Fernwärme beheizt, „nur“ 18 haben einen Gasanschluss zur Beheizung.

Der Krisenstab, dem unterschiedliche Fachbereiche der Ämter angehören, wird sich auch mit eventuellen Notsituationen, die auf die Gladbecker Bevölkerung zukommen könnten, befassen und entsprechende Szenarien entwickeln. Die komplette Thematik wird die Verwaltung auch auf die Tagesordnung des nächsten Haupt-, Finanz- und Digialisierungsausschusses am 12. September setzen.

Daten & Fakten zum Gasverbrauch

Die ELE versorgt als Strom- und Gasversorger Kunden in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck. Stromkunden hat sie etwa 200.000 in den drei Städten, davon etwa 40.000 in Gladbeck. Gas beziehen etwa 45.000 Haushalte in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck von der ELE. Dazu kommen Großabnehmer in der Industrie.Die Stadt Gladbeck benötigte zur Beheizung ihrer 220.000 Quadratmeter Gebäudenutzflächen im Jahr 2020 exakt 21.564 Megawattstunden Energie. Das sind 6,23 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Kosten fürs Heizen sanken um gut 122.000 Euro auf knapp 1,36 Millionen Euro.Der Heizenergieverbrauch der Stadt ist seit langem rückläufig, er hat sich in den letzten 41 Jahren um knapp 60 Prozent reduziert. Auch der Stromverbrauch der Stadt sank seit 1996 um fast 38 Prozent. Zuletzt wurden gut 4 Millionen Kilowattstunden verbraucht.