Gladbeck. Im April haben zwei Kangals einen Labrador attackiert. Dessen Besitzer stürzte und verletzte sich schwer. Das sagt die Besitzerin der Kangals.

Es passierte vor einem Monat. Zwei Kangals entweichen von einem Grundstück in Gladbeck. Im Nordpark stürzen sie sich auf einen Labrador. Dessen Besitzer stellt sich schützend vor seinen Hund, um ihn vor der Attacke der beiden Riesen zu bewahren. Dabei stürzt der 69-Jährige so unglücklich, dass er sich schwer verletzt. Eine solche Szene ist die absolute Horrorvorstellung für jeden Hundebesitzer. So auch für die Familie, der die Kangals gehören.

Ateş und Alev heißen die beiden „Übeltäter“. Der Rüde und die Hündin sind beide vier Jahre alt – und die große Liebe ihrer jungen Besitzerin Duygu Söyler. Die 28-jährige Studentin versucht gar nicht erst, schön zu reden, was da an diesem Samstagmittag im Nordpark passiert ist. Die Familie hat auch sofort Kontakt zu dem verletzten Labrador-Besitzer aufgenommen. „Der Vorfall tut uns unendlich leid. Mit unserer Versicherung ist bereits alles geregelt. Und wenn Hilfe benötigt wird, zum Beispiel beim Einkaufen oder anderen Erledigungen, das übernehmen wir sehr, sehr gerne“, versichert Duygu Söyler.

Das Tor war nicht abgeschlossen, so konnten die beiden Kangals ausbüxen

Dass die Hunde vom Firmengrundstück ausbüxen konnten, sei unentschuldbar. „Das Tor war nicht abgeschlossen, die Chance haben die beiden ergriffen, irgendwie die Klinke runtergedrückt, und dann sind sie los. Das soll nicht noch einmal vorkommen!“ Warum die beiden Kangals den Labrador – und kurz darauf noch einen weiteren – attackiert haben, bleibt für Duygu Söyler ein Rätsel. Beide „Labis“ kamen mit leichten Blessuren davon. Richtig übel erwischt hat es den 69-jährigen Gladbecker. Der Hundebesitzer zog sich schwere Verletzungen am linken Ellenbogen zu und musste operiert werden.

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„Ateş und Alev“, versichert Duygu Söyler, „sind absolut gut sozialisiert. Sie haben weder Probleme mit anderen Hunden und erst recht nicht mit Menschen. Viele Kinder in der Nachbarschaft lieben die beiden, kommen sie regelmäßig besuchen.“ Die Attacke auf die Labis kann sich die 28-Jährige ansatzweise nur so erklären, dass der „Ausflug“ die Hunde dann doch ziemlich gestresst haben muss.

Schmusen ist ein großes Bedürfnis von beiden Kangals der Familie Söyler aus Gladbeck.
Schmusen ist ein großes Bedürfnis von beiden Kangals der Familie Söyler aus Gladbeck. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Mit Ateş haben die Söylers regelmäßig eine Hundeschule in Gladbeck besucht

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Den Rüden Ateş hat Familie Söyler bereits als Welpen bekommen. Sie war mit ihm regelmäßig in der Hundeschule und hat auch sonst alles unternommen, was zu einer guten Hundeerziehung dazu gehört, erzählt die Tochter. Alev, die Hündin, war bereits ein Jahr alt, als die Söylers sie übernommen haben. „Sie kommt aus schlechter Haltung, von einem sogenannten Vermehrer. Er hat die Rüden für Hundekämpfe gebraucht, die Hündinnen wurden meist umgebracht. Alev konnte gerettet werden“, sagt die junge Studentin.

Zu den Söylers gekommen ist die Hündin über den Verein Herdenschutzhund-Service, dessen Mitglieder sich um in Not geratene Hunde dieser Rassen kümmern, mit ihnen trainieren, um sie dann in ein gutes neues Zuhause vermitteln zu können. Im Fall von Alev hat das auch gut funktioniert: Die Söylers besitzen nun zwei etwas zu groß geratene „Schoßhunde“. Die Kangals leben zwar auf dem Firmengrundstück, haben aber trotzdem den kompletten Familienanschluss.

Die Begegnung mit anderen Hunden war bei Spaziergängen noch nie ein Problem

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„Wir gehen täglich mit beiden spazieren. Mein Vater sogar oft mit beiden gemeinsam. Die Begegnung mit anderen Hunden ist noch nie ein Problem gewesen“, versichert die 28-Jährige. Und wenn sie zur Firma kommt, dann ist erst einmal „Kampfschmusen“ angesagt. „Alev gibt außerdem wahnsinnig gerne Küsschen! Das fühlt sich allerdings immer wie eine komplette Gesichtswäsche an“, sagt Duygu Söyler und lacht. Und wie zum Beweis startet die Hündin auch direkt einen weiteren Versuch, weil Frauchen gerade so günstig neben ihr auf dem Boden hockt, um den kunterbunten Schnüffelteppich der beiden Hunde mit Leckerchen zu bestücken.

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Gut einen Monat nach dem Vorfall im Nordpark sitzt der Schock bei der Familie nicht mehr ganz so tief wie anfangs noch. Gegen den Vater liegt allerdings eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung vor, weil das Firmentor nicht abgeschlossen war. Duygu Söyler ist es wichtig, einige Vorurteile gegenüber der Rasse der türkischen Herdenschutzhunde auszuräumen. „Kangals sind weder böse noch aggressiv. Ganz im Gegenteil, es sind tolle Familienhunde, auch wenn sie nicht immer beim ersten Mal hören.“ Und wie bei jedem anderen Hund, egal welcher Rasse, sei es auch für einen Kangal das Schlimmste, wenn er in die falschen Hände gerät.