Gelsenkirchen-Horst. Einschnitte bei bekannter Gelsenkirchener Veranstaltungs-Location treffen Kinder und Erwachsene. Kritiker: Stadt vernachlässigt Schloss Horst.

Es gilt mit der Gastronomie „GEwölbe“ als „gute Stube“ im Stadtteil und ist doch so viel mehr: Schloss Horst hat sich mit seiner Sanierung von einer Bauruine in ein Schmuckstück verwandelt. Standesamt, Bürgercenter und Erlebnismuseum sorgen für ordentlich Betrieb, ebenso die Stadtteilbibliothek und die (ehrenamtlich betreute) historische Druckwerkstatt. Nicht zuletzt als Kultur-Location lockt der Prachtbau zahlreiche auswärtige Gäste an. Es gibt also viel zu tun für die Leitung. Bis Ende 2024 hatte Hans-Joachim Siebel diesen Posten inne. Eine gleichwertige Nachfolge jedoch, die soll es (mindestens) bis Jahresende nicht geben.

Dies bestätigt auf Nachfrage der Redaktion Stadtsprecher Martin Schulmann. Bislang ist die Stelle nicht ausgeschrieben worden. Und das ist auch auf absehbare Zeit nicht geplant. Hintergrund seien zum einen die damit verbundenen (Gehalts-)Einsparungen, zum anderen aber auch die Arbeit an einem „Kulturorte-Kataster“ für die Stadt, der bis Dezember vorliegen und in die Planung für Schloss Horst und deren Leitung einfließen solle. So könnten die Kulturlandschaft und ihre Ressourcen „optimal strukturiert werden“.

Leitung von Schloss Horst in Gelsenkirchen wird bis Ende 2025 noch nicht neu ausgeschrieben

Was genau sich hinter dem „Kulturorte-Kataster“ verbirgt, dazu konnte die Verwaltung bis Redaktionsschluss nichts Näheres sagen. Fest steht aber, dass die Leitungsstelle zumindest bis Ende 2025 nicht nachbesetzt wird mit einer Person, die ähnlich umfassende Aufgaben und Befugnisse hat wie Siebel.

Hat nach dem Weggang von Hans-Joachim Siebel die kommissarische Leitung des Gelsenkirchener Schlosses Horst zusätzlich übernommen: Museumspädagogin Dörte Rotthauwe, hier bei einer museumspädagogischen Veranstaltung 2023.
Hat nach dem Weggang von Hans-Joachim Siebel die kommissarische Leitung des Gelsenkirchener Schlosses Horst zusätzlich übernommen: Museumspädagogin Dörte Rotthauwe, hier bei einer museumspädagogischen Veranstaltung 2023. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Dieser hatte laut Stadt nicht nur die Verantwortung für das an der Turfstraße eingesetzte Personal, sondern koordinierte auch die Zusammenarbeit mit internen und externen Nutzergruppen und organisierte die Vermietung von Räumlichkeiten für Fremd-Veranstaltungen. In seine Zuständigkeit fiel es darüber hinaus, eigene Veranstaltungen zu konzipieren und durchzuführen, die Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen und Finanzverantwortung zu tragen.

Kommissarische Leiterin Dörte Rotthauwe ist Gelsenkirchener Schloss seit Studientagen eng verbunden

Stattdessen hat zunächst die bisherige Museumspädagogin Dörte Rotthauwe die kommissarische Leitung von Schloss Horst übernommen, freilich mit Einschränkungen. Die Zuständigkeit für Veranstaltungsreihen nimmt bis zur Neubesetzung das städtische Referat für Kultur wahr.

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Mit Dörte Rotthauwe hat (wieder) eine Historikerin das Ruder übernommen - auch der erste Leiter von Schloss Horst, Elmar Alshut, war (Kunst-)Historiker und maßgeblich an der Konzeption des Erlebnismuseums zur Renaissance beteiligt. Die 62-Jährige ist dem Schloss seit 1999 eng verbunden: Damals führte sie als Studentin Besuchergruppen über die Baustelle, zeichnete Steinfunde, inventarisierte Quellen und übernahm ab 2003 Verwaltungsarbeiten im Kulturreferat.

In 2025 wird das museumspädagogische Angebot im Gelsenkirchener Schloss Horst reduziert

Ihre romantischen Schlossführungen bei Kerzenlicht, die sie bis 2017 anbot, entwickelten sich zum Publikumsmagneten, auch ihre Vorträge über Hexenprozesse in der Grafschaft Lippe – das Thema ihrer Magisterarbeit – stießen auf großes Interesse. 2022 wurde sie nach monatelangen Querelen fest als hauptamtliche Museumspädagogin eingestellt.

Nun übernimmt sie also auch noch das Gros der Verwaltungsaufgaben, die mit Siebels 100-Prozent-Stelle verbunden waren. Das hat Folgen: Es sei „mit einer Angebotsanpassung im Veranstaltungs- und Museumsbereich sowie in der Museumspädagogik zu rechnen“, so Stadtsprecher Schulmann.

Das Ferienprogramm im Schloss Horst wird wohl 2025 ausfallen

Ging Ende 2024 als Leiter von Schloss Horst in den Ruhestand: der Gelsenkirchener Hans-Joachim Siebel.
Ging Ende 2024 als Leiter von Schloss Horst in den Ruhestand: der Gelsenkirchener Hans-Joachim Siebel. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auf Nachfrage konkretisiert er: Kürzungen im Kulturbereich - also etwa bei Konzerten und Lesungen - werde es nicht geben. Wohl aber werde „die eine oder andere Führung nicht mehr stattfinden“, wenn auch „nicht im großen Stil“.

Wie Dörte Rotthauwe selbst bedauert, „müssen wir die Führungen für Erwachsene deutlich reduzieren.“ Die Führungen für Kinder will sie versuchen, etwa im bisherigen Umfang fortführen („das ist mir sehr wichtig“), auch Kindergeburtstage und der sehr gute besuchte „Türöffnertag“ der WDR-„Sendung mit der Maus“ im Oktober sollen weiterhin stattfinden. Sie plant auch einen „Tag des historischen Handwerks“ am 18. Mai. Allerdings werde es wohl in diesem Jahr kein Ferienprogramm geben.

Förderverein Schloss Horst bedauert Kürzungen, hofft aber noch auf Lösungen

„Ich schaue wirklich, was möglich ist, zumal das Museum meine große Leidenschaft ist. Aber mit einem so kleinem Team - mir stehen ein Veranstaltungstechniker und eine Verwaltungskraft zur Seite - ist leider nicht mehr möglich“, sagt Rotthauwe.

Der Förderverein Schloss Horst, der einst die Rettung des Schlosses und den Ankauf durch die Stadt initiierte, bedauert die aktuelle Entwicklung. „Wir finden es schade, wenn es im museumspädagogischen Bereich zu Kürzungen kommt, sind aber nicht so pessimistisch, was die künftige Arbeit angeht. Da findet sich bestimmt eine Lösung“, erklärte auf Nachfrage die Vorsitzende Sandra Nienhaus.

Gelsenkirchener Insider werfen Stadt vor, das Museum Schloss Horst zu vernachlässigen

Andere Horster Insider äußern sich hinter vorgehaltener Hand deutlich kritischer: Die Stadtverwaltung habe offenbar kein Interesse mehr, Schloss Horst nach vorne zu bringen und nehme das langsame Ausbluten der Museumspädagogik in Kauf. Das Kunstmuseum in Buer und das Kreativquartier rund um die Bochumer Straße in Ückendorf würden massiv gefördert und beworben, das Erlebnismuseum Schloss Horst werde dagegen unter Wert gehandelt und vernachlässigt.

Dass das Schloss neue Anstöße braucht, scheint indes auch für das städtische Kulturreferat klar: Wer auch immer Siebel nachfolgt, soll besonderes „Engagement für die konzeptionelle Weiterentwicklung des Schlosses und seiner Positionierung in der öffentlichen Wahrnehmung“ an den Tag legen. Die „Rahmenbedingungen der Stellen“ sollen im Zuge des Kulturentwicklungsprozesses „konkret verifiziert werden“. Von Impulsen für das Museum oder die Museumspädagogik ist nicht explizit die Rede.

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