Gelsenkirchen. Nach türkischen Mitbürgern sind sie die größte Migrantengruppe in Gelsenkirchen: Fakten zur syrischen Community in der Stadt.
Rund 50.000 Syrern in NRW und ihren Familien könnte demnächst die Abschiebung drohen. „So wie es unser Recht vorsieht, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der Funke Mediengruppe, zu der auch unsere Redaktion gehört. „Das wird dann für jene gelten, die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren“, so Faeser weiter. So ist die Lage in Gelsenkirchen:
Ein beachtlicher Teil der Gelsenkirchener Stadtbevölkerung hat mittlerweile syrische Wurzeln: Diese Community ist nicht nur die größte außereuropäische Gemeinschaft der Stadt, auch werden immer mehr Syrer zu deutschen Staatsbürgern. Nachdem in Gelsenkirchen und vor allem in Essen massenhaft Menschen den Sturz des Assad-Regimes gefeiert hatten, liegt der Blick verstärkt auf der syrischen Gemeinschaft vor Ort. Anlass für eine Bestandsaufnahme: Das sind die wichtigsten Daten zu Syrern in der Emscherstadt.
Wie viele Syrer leben in Gelsenkirchen?
Die Stadt Gelsenkirchen spricht von rund 10.440 Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit, die gegenwärtig in Gelsenkirchen leben. Zum besseren Vergleich macht es jedoch Sinn, die Jahresendwerte vom Statistischen Landesamt (IT NRW) zu betrachten: 9800 Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit lebten demnach zum Stichtag 31. Dezember 2023 in Gelsenkirchen. 5455 dieser Syrer sind männlich (knapp 56 Prozent), 4345 weiblich, wie der Datenbank von IT NRW zu entnehmen ist.
Bis zu den großen Flüchtlingsbewegungen im Jahr 2015 lebten kaum Syrer in Gelsenkirchen. Dann kamen jedes Jahr viele, oft über tausend Menschen hinzu. Das Diagramm macht diese auffällige Entwicklung anschaulich:
Damit ist heute, mit Ausnahme der türkischen Staatsangehörigen (19.770 Personen), keine andere ausländische Nation häufiger in Gelsenkirchen vertreten. Auch rumänische (6895) und bulgarische (4320) Bürger gibt es – trotz der für Gelsenkirchen besonders folgenreichen Einwanderungsbewegungen aus Südosteuropa – weitaus weniger in der Stadt.
Wie viele Syrer erhalten Leistungen?
Nach Datenstand von November 2024 gibt es in Gelsenkirchen 6554 syrische Regelleistungsberechtigte. So viele Menschen erhalten nach Angaben des Jobcenters also Bürgergeld. Mit berücksichtigt sind hier auch Kinder, Rentner oder Menschen, die aus anderen Gründen (Krankheit, schwere Behinderung etc.) nicht arbeiten können. Erwerbsfähig allerdings sind grundsätzlich 4274 dieser Leistungsbezieher. So viele Syrer stehen dem Arbeitsmarkt also in der Theorie zur Verfügung. Darunter sind 1970 Frauen und rund 2300 Männer.
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Menschen mit Fluchthintergrund wie Syrer erhalten Bürgergeld, wenn ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Zuvor gibt es Asylbewerberleistungen. Diese Leistungsbezieher tauchen nicht in der Jobcenter-Statistik auf.
Unter den erwerbsfähigen Leistungsbeziehern mit syrischer Herkunft bekommen 720 Bürgergeld, obwohl sie arbeiten. Darunter sind 73 Menschen selbstständig, 229 haben einen Mini- oder Midi-Job und 418 sind Aufstocker in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.
Wie viele Syrer haben einen existenzsichernden Job?
Insgesamt gibt es nach Angaben des Jobcenters 1148 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mit syrischer Nationalität. Das heißt: Lediglich 11,71 Prozent aller Syrer in Gelsenkirchen haben eine existenzsichernde Beschäftigung. Bei dieser Quote ist aber nicht berücksichtigt, wie viele Menschen aus diversen Gründen (ungeklärter Aufenthaltsstatus, Alter, Krankheit) überhaupt nicht arbeiten können.
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Eine klare Aussage lässt sich jedoch zu dem Geschlechterverhältnis bei den Syrerinnen und Syrern in Arbeit treffen: Lediglich 172 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte (also knapp 15 Prozent) sind Frauen, 976 sind Männer.
„Die Vermittlung ist oftmals kein Selbstläufer“, merkt Jobcenter-Chefin Anke Schürmann-Rupp hierzu an. „Sprachvermittlung, Qualifizierung, Anerkennung von Schul- und Berufsausbildung stand und steht im Vordergrund, bevor ein Einstieg in den Arbeitsmarkt nachhaltig gelingen kann.“
Wie viele Syrer beantragen die deutsche Staatsbürgerschaft?
Immer mehr syrische Menschen werden deutsche Staatsbürger. Das war schon vor Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechtes im Juni 2024 so. Das Gesetz der gescheiterten Ampel-Regierung hat es für viele Menschen noch einfacher gemacht, den deutschen Pass zu beantragen und dabei die alte Staatsangehörigkeit zu behalten.
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Bereits 2023 wurden jedoch zwei Drittel der 1927 Einbürgerungsanträge in Gelsenkirchen von Syrern gestellt. Bei den erfolgreich eingebürgerten Menschen sieht es nicht anders aus: Unter ihnen waren 536 Syrer, also knapp 60 Prozent aller Neu-Deutschen im vergangenen Jahr.
Welchen Aufenthaltsstatus haben die Syrer in Gelsenkirchen?
Von den 10.440 Syrern, die seitens der Stadt Gelsenkirchen genannt werden, haben rund 9410 eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Damit ist vor allem der sogenannte subsidiäre Schutz gemeint. Viele Syrer haben nur dieses eingeschränkte Aufenthaltsrecht, weil ihre Fluchtgründe in der allgemeinen Gefahrenlage des syrischen Bürgerkriegs begründet liegen und keine individuelle Verfolgung vorlag. Der subsidiäre Schutz gewährt viele Rechte, aber Einschränkung gibt es zum Beispiel beim Familiennachzug.
Rund 530 Syrer haben eine Niederlassungserlaubnis. Dabei handelt es sich um die stärkste Form der Aufenthaltstitel, da sie unbefristet gilt.
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In der sogenannten „Gestattung“ sind 144 der Syrer in Gelsenkirchen. Die Gestattung erlaubt, sich während eines Asylverfahrens legal in Deutschland aufzuhalten.
Geduldet sind schließlich 37 Menschen. Menschen in einer Duldung sind eigentlich ausreisepflichtig, können aber aus verschiedenen Gründen nicht abgeschoben werden. Deutschland schiebt zwar grundsätzlich nicht nach Syrien ab, aber auch bei Syrern kann der Asylantrag abgelehnt werden, etwa weil eine Person als gefährlich eingestuft wird.
309 weitere Syrer sind in einem anderen oder ungeklärten Status.
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