Gelsenkirchen-Bismarck. Vater berichtet von Angriff nach Beschwerde über Gelsenkirchener Problemhaus. Sein Dank gilt der Polizei. Anwohner in Bismarck verlangen Lösungen.

„Ohne KOD und Polizei kann man hier nicht mehr leben“, dieses Fazit ziehen Bewohner des Hafenquartiers an der Johannes-Rau-Allee als auch Menschen, die rund um die Bismarkstraße ihr Zuhause haben. Noch muss man sagen, zumindest in einigen Fällen. Denn ein paar Anwohner haben bereits ihre Umzugskartons gepackt, wie bei der Sitzung des Präventionsrates Bismarck deutlich wurde. Andere ziehen es mittelfristig in Betracht, ihren Wohnort in eine andere Stadt zu verlegen: „Wir schauen uns das Theater noch eine Weile an, ändert sich nichts binnen eines Jahres, dann ziehen wir weg“, kündigen sie den Vertretern des Gelsenkirchener Ordnungsdienstes und der Polizei an.

Lärm, Müll, Drogen sowie Raser und Poser: Gelsenkirchen Vater berichtet von Kettcar als Wurfgeschoss

Dauerprobleme - Lärm, Müll, Drogen sowie Raser und Poser - sind die Auslöser dafür, dass die Gemüter hier in Bismarck, aber auch in anderen Stadtteilen von Gelsenkirchen, hochkochen. Probleme, die oft zugewanderten Menschen zugeschrieben werden. Die Wortbeiträge der über 40 Bürgerinnen und Bürger bei der Arbeiterwohlfahrt an der Paulstraße blieben trotz allen Ärgers sachlich. Die Forderung der Bürger aber steht: Sie wollen „endlich Lösungen“. Diese sind auf absehbarer Zeit aber nicht in Sicht, weil sie bis in die Verantwortlichkeit des Gesetzgebers und der EU reichen.

„Die Drogengeschäfte haben sich auf den Bereich zwischen Haltestelle Consol und Franziskusstraße verlagert.“ “

Anwohner in Bismarck über die Verdrängung der Drogendealer aus dem Gelsenkirchener Consol-Park

Steter Wechsel von Protagonisten und Verdrängung in andere (Stadtteil-)Bereiche machen es außerdem zu einer Sisyphus-Aufgabe für Ämter und Behörden, der Problemlage Herr zu werden. Kaum dass an einem Ort halbwegs Ruhe und Ordnung eingekehrt ist, flackert der nächste Brennpunkt auf. Da berichtet beispielsweise Andrea Kramer, Leiterin des Consol-Theaters, dass die Drogenproblematik im gleichnamigen Park, erfreulicherweise abgenommen habe, um im gleichen Atemzug die „Zunahme von Vandalismus“ an der Spielstätte zu beklagen.

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Die Drogengeschäfte, das berichtet ein Mann, der regelmäßig aus dem Quartier abends in Richtung Marina spazieren geht, haben sich demnach auf den Bereich zwischen „Haltestelle Consol und Franziskusstraße“ verlagert. Zuletzt seien ihm ein halbes Dutzend Jugendlicher gefolgt, einer habe hinter ihm einen Elektroschocker immer wieder bedrohliche zischen lassen, an der Haltestelle Consol hätten sich die Jugendlichen bedrohlich aufgebaut. „Die suchten Streit, die haben versucht, mich anzumachen“, ist sich der Mann sicher.

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Ganz in der Nähe des Theaters wohnt seit 20 Jahren eine Familie. Als dem Vater jüngst die Hutschnur reißt wegen des Radaus aus einem Problemhaus, er darauf die zugezogenen Nachbarn mit seinem erwachsenen Sohn zur Rede stellt und Mäßigung einfordert, wird er tätlich angegriffen. „Erst hat eine Frau einen Schuh nach mir geschmissen, dann hat ein Mann mir von hinten ein Kettcar in den Rücken geworfen“, erzählt der Vater. Sein Sohn habe den Angreifer erkannt, er selbst, am Boden liegend, habe gar nicht realisieren können, was gerade geschehen war.

„Mein Dank gilt der Polizei“, erzählt der Gelsenkirchener weiter. Die sei gleich nach dem Notruf mit drei Bullis und vielen Einsatzkräften vorgefahren und hätte den beteiligten Familienmitgliedern „einen gehörigen Einlauf verpasst“. Strafanzeigen wurden gestellt, seit anderthalb Wochen sei die „Lage erstaunlich ruhig“. Der Kommunale Ordnungsdienst kündigte trotzdem eine zeitnahe Objektprüfung an. Die Familie ist aktenkundig.

„Erst hat eine Frau einen Schuh nach mir geschmissen, dann hat ein Mann mir von hinten ein Kettcar in den Rücken geworfen.“

Vater aus Gelsenkirchen-Bismarck über die Folgen, nachdem er zugezogene Nachbarn wegen Ruhestörung um Mäßigung aufgefordert hat

An die Polizei richtet der Vater Fragen, unter anderem diese: „Gibt es ein abgestuftes Verfahren, um Zuwanderer zu disziplinieren, die sich einer Integration verweigern und gesellschaftliche Regeln hartnäckig verletzen?“ Er fragt nach Maßnahmen und Möglichkeiten der Verbesserungen. Und nach Sanktionen, um etwa „Leistungsmissbrauch durch Zuwanderer“ zu unterbinden.

Er hat damit den falschen Ansprechpartner, weshalb ihm der Bezirksbeamte Axel Gloger mit einem nüchternen Nein auf die Eingangsfrage antwortet. „Wir behandeln jeden Menschen gleich, alle unterliegen dem Gesetz.“ Und was die Eindämmung von Leistungsmissbrauch oder den Zuzug anbelangt, das sei Sache des Gesetzgebers respektive der EU. Julian Siempelkamp (CDU), Vorsitzender des Gremiums, pflichtet dem Polizisten bei.

Schwerpunkt-Einsätze der Polizei in Stölting Harbor - nächtlicher Radau am Bootsanleger, irre Fahrmanöver

Anwohner von Stölting Harbor berichten, dass sich nach zwei Schwerpunkteinsätzen der Polizei die Zahl derer, die die Johannes-Rau-Allee als Abkürzung oder als asphaltierten Laufsteg für ihre Boliden benutzen, nach den Kontrollen erfreulicherweise zurückgegangen sei. Im Gegenzug erzählen Loft-Bewohner, dass sie nachts kein Auge zu tun können, weil „Horden von Menschen“, darunter auch lärmende Kinder, auf dem Vorplatz des Bootsanlegers der Weißen Flotte, Partys bis tief in die Nacht feiern. Sie erzählen von Motorrädern, die über die Uferpromenade knattern.

„Heute könnte ich jeden Tag zwei bis drei Mal in der Stunde anrufen - quasi 110 in der Dauerschleife. Meine Kundinnen und auch ich, wir haben Angst.““

Gewerbetreibende über Raser und Poser an der Gelsenkirchener Marina

Die Betreiberin eines Yoga-Studios erinnert sich: „Ich habe früher nie die Polizei gerufen. Heute könnte ich jeden Tag zwei bis drei Mal in der Stunde anrufen - quasi 110 in der Dauerschleife. Meine Kundinnen und auch ich, wir haben Angst.“ Furcht, weil Raser und Poser augenscheinlich ein übles Spiel treiben und nach Kursende, wenn die Teilnehmer im Aufbruch sind, „mit hoher Geschwindigkeit auf die Frauen zufahren und erst im letzten Moment anhalten.“ Entlang der Johannes-Rau-Allee parken die Frauen auf den Seitenstreifen.