Gelsenkirchen. Es ist günstiger als die Plätze im Flüchtlingsheim: So viel Geld gibt die Stadt Gelsenkirchen aus, um Schutzsuchende in Wohnungen unterzubringen.
Wenn die AfD Gelsenkirchen wieder einmal eine Anfrage zum Themenkomplex Flüchtlinge und Migration stellt, dann versucht sie oft die Nadel im Heuhaufen zu finden. Dann fragt sie zum Beispiel, ob schon mal eine Wohnung in Beschlag genommen werden musste oder ob schon mal unter Angabe des Eigenbedarfs „missbräuchlich“ ein Mietvertrag gekündigt wurde, um Schutzsuchende unterzubringen. Sie will wissen, ob Geflüchtete schon mal in Ferien- oder Gästewohnungen residierten oder ob schon mal eine Person gegen Willen des Eigentümers untergebracht wurde, um sie vor der Obdachlosigkeit zu schützen. Zu all diesen Fragen der Fraktion stellte die Verwaltung jetzt klar: Nein, all das hat es in Gelsenkirchen nicht gegeben.
Für Menschen in Asylbewerberleistung werden Kosten der Unterkunft gezahlt
Zu einer Frage der Rechtsaußen-Fraktion allerdings konnte die Stadt dann doch mehr sagen und konkrete Zahlen nennen. Wissen wollte die AfD auch, in welcher Höhe seit 2020 Kosten für Flüchtlinge angefallen sind, die in einer eigenen Wohnung untergebracht wurden.
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Erklärtes Ziel der Stadt ist es weiterhin, für Schutzsuchende, insbesondere für jene mit guten Bleibeperspektiven, relativ schnell Wohnungen im gesamten Stadtgebiet zu finden. Aus Sicht der Stadt erleichtert dies den Menschen das Ankommen in der Stadtgesellschaft. Im seltensten Fall sind diese Menschen dann aber schnell so weit, ihre Mietkosten durch eine existenzsichernde Arbeit selbst zu sichern. Also erhalten sie Asylbewerberleistungen und bekommen – so wie auch jeder Bürgergeld-Empfänger – die sogenannten Kosten der Unterkunft erstattet.
Flüchtlinge: Für rund 540 Haushalte wurden 2023 Kosten der Unterkunft gezahlt
Die Zahlen hierzu: Im Jahr 2020 wurden insgesamt knapp 4,21 Millionen Euro ausgegeben, um die Kosten für Unterkunft und Heizungen zu decken, die für Bezieher von Asylbewerberleistungen in eigenen Wohnungen angefallen sind. Damals ging es um 673 Fälle, also Bedarfsgemeinschaften (meist Familien). Die Fallzahlen sind seitdem überraschenderweise gesunken, obwohl die Zahl der Geflüchteten stetig gestiegen ist. Im Jahr 2023 gab es nur noch 542 Haushalte (3,99 Mio. Euro), für die Kosten der Unterkunft anfielen. In die Höhe geschnellt sind aufgrund der höheren Miet- und Heizkosten allerdings die Durchschnittskosten pro Fall: 614,72 Euro sind es durchschnittlich an Unterkunftskosten, die pro Bedarfsgemeinschaft gezahlt werden. 2020 waren es nur 520,91 Euro.
Dass die Fallzahlen vor allem 2023 deutlich gesunken sind, liegt aber nicht etwa daran, dass mehr Menschen aus dem Leistungsbezug gefallen sind, weil sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren konnten. Eine mögliche Erklärung kann nach Einschätzung aus dem städtischen Sozialreferat eher sein, dass die Bedürftigen lediglich den Rechtskreis gewechselt haben und dann nicht mehr in der Statistik des Asylbewerberleistungsrechts auftauchen. Das bedeutet: Sie würden die Kosten der Unterkunft weiter erhalten, nur eben als Bürgergeld-Empfänger und nicht als Asylbewerberleistungsbezieher. Dieser Wechsel war aufgrund gesetzlicher Neuerungen („Chancen-Aufenthaltsrecht“) im vergangenen Jahr verstärkt möglich. Das Ergebnis für die städtischen Finanzen: gehopst wie gesprungen.
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Trotz der Millionenbeträge an Kosten für Unterkunft und Heizung ist es übrigens weiterhin günstiger für die Stadt, Schutzsuchende im Privatraum statt in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen: Es gibt keine Security-, Reinigungs-, Catering oder Personalkosten im sozialen Bereich. Für die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter in Gemeinschaftsunterkünften betrugen die Kosten im Jahr 2023 insgesamt 11,29 Millionen Euro.
Flüchtlingskosten: Verhandlungen zwischen Land und Kommunen laufen weiter
Addiert man zu dieser Summe die Kosten der Unterkunft, dann sind im vergangenen Jahr insgesamt knapp 15,28 Millionen Euro in Gelsenkirchen allein für die Unterbringung von Schutzsuchenden angefallen. Noch nicht berücksichtigt sind hier alle anderen Kosten, die fernab der Unterbringung im Bereich Asyl und Flucht anfallen – wie zum Beispiel die Integrationskosten oder das „Taschengeld“ für die Geflüchteten. 2023 rechnete die Stadt insgesamt mit knapp 45 Millionen Euro an Kosten in dem Bereich, wovon nur ein Bruchteil vom Bund erstattet wurde.
Der Bundeskanzler und die Länderchefs hatten im November 2023 vereinbart, die bisherige Finanzierung durch den Bund ab 2024 zu einer Pro-Kopf-Pauschale weiterzuentwickeln („atmendes System“). Der Bund zahlt daher ab 2024 pro Asyl-Erstantragssteller eine jährliche Pauschale in Höhe von 7500 Euro. Diese Pauschale wird an die jeweiligen Bundesländer geleistet. Ob bzw. in welcher Höhe und auf welche Art und Weise das Land NRW diese Pauschale an die Städte und Gemeinden weitergibt, ist zurzeit allerdings noch völlig unklar. Hier laufen weiterhin die Verhandlungen zwischen dem Land und den kommunalen Spitzenverbänden.
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