Gelsenkirchen-Buer. Mehr Effizienz dank neuer Technik: Warum die Gelsenkirchener Retter für viel Geld aufrüsten mussten. Die Fußball-EM ist nur ein Grund.
James T. Kirk, Kommandant der legendären „Enterprise“, wäre ganz sicher auch beeindruckt von der neuen Leitstelle der Gelsenkirchener Feuerwehr. Herz und Kopf der Hauptwache gleichen nach einer aufwendigen technischen Modernisierung der Kommandobrücke eines Raumschiffes. Zukunftssicherung und Effizienzsteigerung lautete die Vorgabe bei diesem großen technischen Upgrade. Und das aus guten Gründen, wie Bernd Teubert erklärt. Der 55-jährige Brandamtmann arbeitet dort in leitender Funktion, hat zusammen mit dem Lageführer einen geübten Blick auf die Schar der Leitstellendisponenten, die Notrufe entgegennehmen und Hilfe blitzschnell koordinieren.
Investition in die Zukunft: 500.000 Euro für neue Hightech-Leitstelle der Gelsenkirchener Feuerwehr
„Die Einsatzzahlen steigen immer weiter an“, nennt Teubert einen ausschlaggebenden Grund für den Umbau. Jährlich werden Rekorde gebrochen, zuletzt sind in Gelsenkirchen 46.150 Einsätze in einem Jahr aufgelaufen. Außerdem habe der jahrelange Rund-um-die-Uhr-Betrieb die Hardware stark verschlissen, also Computer, Monitore und mehr.
Nicht weniger in Mitleidenschaft gezogen wurde das Mobiliar in der Schaltzentrale der Retter, es hat durch die ständige Nutzung seine Abnutzungsgrenze erreicht. Und zu guter Letzt gibt es noch Großereignisse wie die Fußball-EM im Sommer, Konzert-Marathons wie die von US-Superstar Taylor Swift, die Fans aus aller Welt zu Zehntausenden nach Gelsenkirchen strömen lassen. Heißt also: sich zu wappnen für den Fall der Fälle. Kostenpunkt des Umbaus: rund 500.000 Euro.
Ergonomie heißt dabei das Zauberwort: Sichelförmig sind die ebenso gebogenen Schreibtische in der Leitstelle angeordnet, die Ausrichtung gibt den Blick frei auf einen riesigen Zentralmonitor auf der gegenüberliegenden Wand, auf dem Straßenkarten, Listen von laufenden Einsätzen, verfügbare und gerade im Einsatz befindliche Einheiten zu sehen sind. Auf jeweils fünf Monitore blicken jetzt in der Spitze bis zu acht Disponenten.
Flache, der Form eines Bumerangs ähnelnde LED-Lampen mit Leuchtbändern über den Köpfen der Retter signalisieren den Status. Grün steh für „bereit zur Notrufannahme“, rot für „im Gespräch mit einem Hilfesuchenden“, blau für den „Ruf nach Verstärkung“. Etwa bei einem internistischen Notfall, „dann koordiniert ein Kollege oder eine Kollegin die weiteren Hilfsmaßnahmen, während der Disponent den Anrufenden anleitet, wie man zum Beispiel eine Herzdruckmassage macht, bis die alarmierten Retter und/oder der Notarzt am Einsatzort übernehmen“, erklärt Teubert.
Dazu gekommen sind wegen der langen Dienstzeiten ergonomische, rückenschonende Stühle, vergleichbar mit denen von Lkw-Fahrern, sowie höhenverstellbare Tische, gedämpftes Licht, schallabsorbierende Decken und spezielle Audiosysteme. Das alles trage dazu bei, „die Arbeitsbedingungen signifikant zu verbessern“, so Teubert weiter. Kommunikation und Koordination verliefen nun, auch und gerade unter Stress, mit viel mehr Effizienz.
LED-Ohr leuchtet in roten und grünen Neonfarben: Warnung vor zu hoher Lautstärke in Schaltzentrale
Ein notwendiges Gimmick ist dabei das große LED-Ohr an der Wand neben dem Zentralmonitor. Es ist bestückt mit Sensoren. Leuchtet es rot, so ist es zu laut in dem futuristischen Großraumbüro. Die Gefahr: Disponenten könnten entscheidende Details bei einem Notruf schlechter verstehen. Außerdem bedeutet dauerhafter Lärm zugleich ungesunden Stress. Der Lauscher in Neonfarben verhilft also nicht nur zu einem besseren Arbeitsklima, sondern auch zu besserer Übersicht bei hohem Einsatzaufkommen.
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Eine Neuerung ist der Arbeitsplatz für den Lagedienstführer in einem separaten, angrenzenden Raum mit direkter Sichtverbindung. Hier laufen alle Fäden zusammen, wenn es komplexere Einsatzlagen gibt, beispielsweise ein Zugunglück. „Von hier aus werden dann die strategischen Entscheidungen getroffen und der Großeinsatz koordiniert, ohne dass die tägliche Routine der Leitstelle beeinträchtigt wird“, erklärt Teubert.
Im Spätherbst 2023 begann der große Hardware-Tausch, in der sechsten Kalenderwoche des neuen Jahres der restliche Umbau der Leitstelle an der Hauptfeuerwache 2 an der Seestraße - alles übrigens im laufenden Betrieb. „Rettung macht niemals Pause“, sagt Teubert.