Essen-Rüttenscheid. Nico Jan Sobotta leitet das Trauerhaus Sobotta in Essen-Rüttenscheid: Er fragt sich: Warum findet man als Bestatter so schwierig Arbeitskräfte?
Der Tod gehört zum Leben. Nico Jan Sobotta hat viel über Bestattungskultur nachgedacht. Viele Leute dächten sich so etwas wie: „Wenn ich gehe, dann mit einem Knall.“ Doch wie sieht die Wirklichkeit aus? Das Trauerhaus Sobotta in der Rüttenscheider Von-Seeckt-Straße stehe nun schon im zehnten Jahr für eine ganz andere Beerdigungskultur: „Wir möchten viel lieber das Leben feiern als die Trauer.“ Warum nicht farbige Abdrücke von Kinderhänden auf dem Sarg? Warum keine bunten Luftballons? Warum nicht befreiendes Gelächter am Grab? Mettwürstchen und Sekt?
Doch Sobotta drücken noch ganz andere Gedanken. Warum findet er so wenig Nachwuchs für sein Unternehmen? „Haben junge Leute ein verzerrtes Bild von dem, mit dem wir Bestatter tagtäglich konfrontiert werden?“ Seine Wahrnehmung sei: „Verstorbene sind nicht ekelig. Das waren doch lebensfrohe Menschen, das waren Geliebte, Eltern, Freunde. Es ist unsere Aufgabe, diesen Menschen die letzte Ehre zu erweisen und den Angehörigen eine schöne Erinnerung zu ermöglichen.“
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Rüttenscheider Bestatter hat in jungen Jahren seinen Vater verloren
Wobei eine Linie zu ziehen sei: „Ich bin mit ganz viel Empathie bei den Angehörigen. Aber es muss schon klar sein, dass ich ihre Verstorbenen nicht kannte. Da ist kein Platz für Heuchelei.“ Er wolle dabei helfen, den Toten möglichst gerecht zu werden bei „ihrer“ Feier: „Wir haben doch alle unsere Individualität.“ Da müsse man Aufklärungsarbeit leisten und Transparenz bieten: „Ich sehe mich da eher als emotionaler Abholer, der Möglichkeiten aufgezeigt, gerne auch Vorschläge macht. Der sagt, was gesetzlich sein muss, der aber auch klarmacht, was nicht nötig ist.“
Sobotta hat in jungen Jahren seinen Vater verloren, die Großeltern, seine Freundin starb viel zu früh an Leukämie, da war vieles aufzuarbeiten. Der 37-Jährige hat einen ganz eigenen Zugang zum Beruf des Bestatters: „Wir haben einen wundervollen Job, können mit Menschen arbeiten, dürfen kreativ sein und haben nun wirklich keinen monotonen Arbeitsalltag. Wir sind Eventmanager, nur halt für ein trauriges Ereignis. Das aber überhaupt nicht traurig ablaufen muss.“
Schokolade, Zigarren und Whiskey am Grab: Rüttenscheider Bestatter ermöglicht es
Müssen es immer dieselben Streublumen sein? „Wir hatten schon Schokolade am Grab, oder Zigarren und Whiskey. Was halt den Verstorbenen widerspiegelt. Bei einem Imker haben wir sein Equipment als Katafalk für die Urne genommen. Die Trauerhalle duftete nach seinen Honigkerzen. Einen jungen Fußballer haben wir geehrt, indem wir einen Lederball um die Urne getan haben und sie mit einem zerschnittenen Tornetz herabließen.“
Denn wenn man ehrlich sei, habe man sich schon viel zu oft bei Beerdigungen unbehaglich gefühlt: „Die Leute stehen mit erstarrten Gesichtern am offenen Grab, reden gar nicht miteinander oder flüstern höchstens.“ Hat der Verstorbene nicht ein Recht darauf, dass man sich der schönen Momente erinnert, die man gemeinsam teilte? Die einen auf ewig verbinden mit dem Gatten, der Mutter, den Großeltern?
Im Rüttenscheider Bestattungsinstitut gab es schon öfter Tage der offenen Tür
Er entwickelte ungewöhnliche Ideen, zum Beispiel eine Abschiedsparty im Garten des Verstorbenen: „Oder sein Lieblingsrestaurant anmieten.“ Sobotta macht den Angehörigen Mut, nicht nur stumm daneben zu stehen, wenn der geliebte Mensch zu Grabe getragen werde. Der Gesetzgeber lasse da viel Spielraum: „Natürlich dürfen sie sich aktiv einbringen, den Sarg bemalen, die Urne frei gestalten, und sie auch selbst zum Grab tragen.“
Sobotta bot schon „Tage der offenen Tür“ an, bei denen Kinder mit dem Thema „Sterben“ in Kontakt kamen: „Was ist mit meinem Opa geschehen?“ Die Kinder gestalteten eine bunte Variante der Aschenkapsel, die es vom Krematorium gibt. Sobotta ist selbst Vater und muss schlucken: „Wir haben auch sogenannte Sternenkinder. Da ist es umso wichtiger, die Eltern mit einzubinden.“
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Rüttenscheider Bestatter: „Empathie kann ich nicht lernen“
Das Trauerhaus Sobotta hat einen Sitz in Gelsenkirchen und den in Rüttenscheid: „Chef vom Ganzen ist meine Mutter. Außer mir sind da noch zwei weitere feste Angestellte und dazu noch einige Fahrer. Aber wir bräuchten dringend einen, besser zwei zusätzliche Angestellte. Die zu finden, ist aber extrem schwer.“
Nico Jan Sobotta lädt ein, sich selbst ein Bild zu machen: „Unsere Arbeit hat nichts zu tun mit dem Bestatter aus den Comics von Lucky Luke, mit diesem bleichen Zwei-Meter-Schlaks, dem sein schwarzer Anzug so gar nicht passt.“ Wichtig sei eine gewisse emotionale Reife: „Empathie kann ich nicht lernen, die muss ich mitbringen. Nur so kann ich authentisch sein.“
Rüttenscheider Bestatter auf Social Media
Nico Jan Sobotta arbeitete früher in der Medienbranche und hat daher wenig Scheu, seinen Beruf auf sozialen Kanälen zu präsentieren. Er machte ganz offensiv Werbung für seinen Betrieb: „Wir haben auf Instagram 3.000 und auf Tiktok sogar 26.000 Follower. Ich nehme kein Blatt vor den Mund und machte deutlich, worum es uns geht, und worum nicht.“ Und doch kämen kaum Bewerbungen. Und wenn, werde oft schnell deutlich, dass es keine gemeinsame Zukunft gebe. Informationen und Kontaktmöglichkeiten sind auch unter www.trauerhaus-sobotta.de zu erhalten.
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