Essen-Südviertel. Zum letzten Mal begrüßen die Betreiber am Samstag (21.12.) in Essen die Gäste in der traditionsreichen Location. Das sind ihre Gründe.
Wer noch ein Bier im Holy Craft Süd an der Rellinghauser Straße 175 trinken möchte, muss sich beeilen. Am Samstag, 21. Dezember, öffnet die Kneipe mit den über 100 Biersorten und der ungewöhnlichen ovalen Pizza zum letzten Mal. Sebastian Knepper (47), der die Gaststätte gemeinsam mit Thorsten Kulmann (48) geführt hatte, erläutert im Gespräch mit unserer Redaktion die Gründe.
„Uns ist einfach die Luft ausgegangen, das muss man so ehrlich sagen“, erklärt Sebastian Knepper, zuständig für das operative Geschäft im Holy Craft. Die beiden Gastronomen, die mit einem ähnlichen Konzept in Düsseldorf erfolgreich waren, starteten im Südviertel 2020 mitten in der Coronazeit. „Genau diese zwei Jahre, die man eigentlich braucht, bis ein solcher Laden stabil läuft, fehlten uns am Ende“, bedauert Knepper. Es sei keine Insolvenz, sondern ein länger geplanter Rückzug, den sie allerdings erst kurzfristig kommuniziert hätten.
Der Bahnhof Süd in Essen beherbergte lange Zeit Gastronomie
„Wir haben jetzt noch einen Laden in der Düsseldorfer Altstadt. Der ist unsere Zukunft, darauf werden wir uns konzentrieren“, so Knepper. „Aber es ist natürlich schade um das Holy Craft Süd, es hat ja Spaß gemacht. Wir haben in Essen tolle neue Leute kennengelernt, gute Gespräche geführt und ein Stammpublikum gefunden.“
Am Ende müsse man aber Konsequenzen ziehen, wenn es nicht richtig funktioniere. „Wir müssen ja irgendwann auch mal Geld damit verdienen. Gekaufte Gutscheine bleiben natürlich weiter gültig und können bei uns in Düsseldorf eingelöst werden“, betont Knepper. Ihm sei es wichtig, den Gästen, Mitarbeitern, Lieferanten und dem Hauseigentümer auch weiterhin in die Augen schauen zu können, deshalb sei die Schließung der richtige Schritt. „Aber viele haben schon ihr Bedauern ausgedrückt, einige waren regelrecht erschüttert, dass wir aufhören.“
Das Gebäude des Bahnhofs Süd in Essen steht unter Denkmalschutz
Gastronomie hat im Bahnhof Süd, errichtet 1914, und 1988 unter Denkmalschutz gestellt, eine lange Tradition. Beliebt war auch der Biergarten unter großen Bäumen an der Bahnstrecke der S6. Der vorherige Betreiber Thomas Draheim hatte sich 2012 aus dem Geschäft zurückgezogen, die Gastronomie erst verpachtet und 2018 das Gebäude an einen Zahnarzt verkauft. Jahrelang stand es leer, bis Knepper und Kulmann mit der Renovierung begannen, aber wegen des ersten Corona-Lockdowns nicht wie geplant öffnen konnten. „Damals waren wir optimistisch, dass die Welt ja nicht untergehen würde“, so Knepper.
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Man habe dann im zweiten Lockdown doch eröffnet, wenn auch ohne Gäste, sich gezwungenermaßen auf den Abholservice beschränkt und ein Corona-Testzentrum angeboten. Das alles sei nicht optimal gelaufen, wenn man auch so immerhin die bereits eingestellten Mitarbeiter habe halten können. Damals sei das Holy Craft Süd einer der ersten Läden in Essen gewesen, die auf Craftbiere gesetzt hätten.
„Die Leute waren verängstigt, sind kaum ausgegangen.“ Auch in der Folgezeit hätten sich weltpolitische Probleme wie Ukraine-Krieg und Energiekrise negativ auf die Stimmung der Menschen ausgewirkt. „Wir haben alles versucht, Zettel in die Briefkästen geworfen, bezahlte Werbung geschaltet“, so Knepper. Am Ende hätten die damals noch zwei Läden in Düsseldorf – einer davon sei inzwischen ebenfalls geschlossen – das Holy Craft Süd mittragen müssen.
Viele Gäste fragten nach den legendären Disco-Abenden im Bahnhof Süd
Immer wieder sei er gefragt worden, ob es auch wieder „Schwoof“, also die legendären samstäglichen Disco-Abende, die im Bahnhof Süd lange Tradition hatten, geben werde. „Da hat es aber einen Generationenwechsel gegeben, die jüngeren Leute hätten wir damit nicht angesprochen“, so Knepper. Immerhin habe es einige Male Live-Musik gegeben, auch das war Tradition am Standort.
Mit Firmenfeiern, Hochzeiten und Geburtstagen habe der Betrieb dann leidlich funktioniert. „Ich hoffe vor allem auch für die Gäste, die 2025 die Räume für Feiern nutzen wollten, dass es am Standort schnell weitergeht. Es ist eigentlich eine tolle Location, deshalb glaube ich, dass sie nicht wieder so lange leer stehen wird und schnell ein Nachpächter gefunden wird“, sagt Knepper. Auch wenn am Samstag der letzte offizielle Öffnungstag sei, habe man sich für die Gäste noch etwas einfallen lassen, das kurzfristig über die sozialen Medien kommuniziert werde.
Für die fünf Mitarbeitenden und einige studentische Aushilfskräfte werde es sicherlich in anderen Betrieben weitergehen. „Das sind gute, zuverlässige Leute, und es herrscht ja bekanntlich Fachkräftemangel. Das war gar nicht so unser Problem, weil wir ja gutes Personal hatten. Die Zeit war für unser Projekt halt mega ungünstig.“
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