Essen-Holsterhausen. Fatal für viele ältere Mieter: Nach einem Brand ist der Fahrstuhl eines Mehrfamilienhauses in Essen-Holsterhausen seit Juli kaputt.

Die Mieterinnen und Mieter der Pettenkoferstraße 41 in Essen-Holsterhausen sind verzweifelt. Fast fünf Monate ist es her, dass es in ihrem Aufzug gebrannt hat. Seitdem – genau gesagt: seit dem 17. Juli – ist der Fahrstuhl kaputt. Wer in die oberen Stockwerke will, muss nun die Treppe nehmen. Das ist allerdings für einige Bewohnerinnen und Bewohner sehr beschwerlich.

In dem Haus wohnt auch Gabi Dauenhauer (73), Chefin des Theater Courage an der Goethestraße. „Es bewohnen etliche ältere Menschen die oberen Stockwerke und für die ist jeder Treppengang, womöglich mit Einkaufstüten, ein Aufstieg zum Mount Everest“, berichtet sie. „Da ich herzkrank bin, ist es auch für mich eine große Belastung.“

Essener Mieterin: „Ich kriege die Krise“

Mieterin Barbara Then (69) hat seit Juli ihre Wohnung im fünften Stock nicht mehr verlassen. Wegen gesundheitlicher Probleme schafft sie die Treppen nicht. Und dass, obwohl sie wegen Rückenproblemen eigentlich dringend zum Arzt müsste. „Ich kriege die Krise“, sagt sie. „Es geht so viel Lebensqualität verloren.“ Zum Glück gebe es wenigstens Lieferdienste, sodass sie sich Einkäufe und das Katzenstreu für ihre beiden Katzen bis an die Wohnungstür bringen lassen könne. Und jede Etage habe einen Müllschlucker, sodass sie zumindest ihren Abfall entsorgen könne.

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„Am 9. August gab es einen Aushang, wo stand, dass die Reparatur 20 Wochen dauert“, berichtet Then. Danach habe man kaum noch Informationen bekommen. „Wenn man die Hausverwaltung anruft, sitzt da ständig jemand anderes, keiner ist im Thema“, ist ihre Erfahrung. Und dann heiße es höchstens, man würde mich Hochdruck an einer Lösung arbeiten, es passiere aber nichts. Auch andere Mieterinnen und Mieter beschweren sich, dass die Hausverwaltung sie nicht informieren würde, wie es weitergehe, und schlecht erreichbar sei.

Kriminalpolizei Essen musste erst Brandursache ermitteln

Für die Verwaltung des Hauses an der Pettenkoferstraße 41 ist die Firma L&L mit Sitz in Bottrop zuständig. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt das Unternehmen, warum es so lange dauert, den Fahrstuhl wieder instand zu setzen. So habe der Aufzugsbrand zunächst eine Beschlagnahmung der Aufzugsanlage durch die Kriminalpolizei Essen nach sich gezogen, da die Brandursache polizeilich ermittelt werden musste.

„Zum damaligen Zeitpunkt war eine Fremdeinwirkung nicht auszuschließen“, so L&L. Am 18. Juli, also einen Tag nach dem Brand, habe man den Schaden im Namen des Eigentümers bei der zuständigen Wohngebäudeversicherung gemeldet. Nachdem ein durch die Staatsanwaltschaft Essen beauftragter Sachverständiger zur Brandursachenforschung am 24. Juli vor Ort gewesen sei, habe die Beschlagnahmung der Anlage am 25 Juli aufgehoben werden können.

„Kein Zutritt“ heißt es aktuell auf Zetteln, die um den Aufzug in Essen-Holsterhausen herum aufgehängt sind.
„Kein Zutritt“ heißt es aktuell auf Zetteln, die um den Aufzug in Essen-Holsterhausen herum aufgehängt sind. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Hausverwaltung über Haus in Essen-Holsterhausen: Langer Prozess mit Versicherung

Bis zu diesem Zeitpunkt hätten keine externen Kräfte die Anlage auch nur in Augenschein nehmen dürfen. „Unmittelbar nach Freigabe der Anlage erfolgte die Beauftragung an den zuständigen Wartungsbetrieb zur Begutachtung und Feststellung der entstandenen Schäden und Mängel“, erklärt L&L. Parallel hierzu habe man am 29. Juli einen Fachbetrieb zur Reinigung des Treppenhauses und der Aufzugsanlage beauftragt: „Aufgrund der Toxine durfte unser regulärer Reinigungsdienstleister die Arbeiten nicht ausführen.“

All diesen Maßnahmen vorangestellt gewesen sei die Auflage der Wohngebäudeversicherung, dass zunächst eine Dokumentation des Ist-Zustandes mitsamt Erstellung eines Kostenvoranschlages zur Reinigung, Reparatur und Mängelbeseitigung erfolgen müsse. „Anfang August teilte die Versicherung sodann mit, dass ihrerseits ebenfalls Gutachten durch Sachverständige erstellt werden müssen“, heißt es von L&L. Man habe bereits am 9. August Angebote für die Instandsetzungsarbeiten durch den Wartungsbetrieb sowie Reinigungsarbeiten durch den Fachbetrieb bei der Versicherung vorlegen können.

Hausverwaltung sieht Verantwortung für lange Dauer bei der Versicherung

Erst am 31. Oktober allerdings habe man die schriftliche Freigabe der Versicherung zur Beauftragung der Anfang August eingereichten Angebote für Reinigung und Instandsetzung bekommen. „Seitdem laufen alle Prozesse parallel“, so L&L am Donnerstag (28.1.1.): „Erst heute haben wir telefonisch in Erfahrung gebracht, dass die Lieferung der notwendigen bestellten Teile zur Wiederinbetriebnahme der Aufzugsanlage bis Ende diesen Jahres erwartet werde, so dass die Reparaturen im neuen Jahr erfolgen können.“

Zum jetzigen Zeitpunkt gehe man also auf Basis der Informationen des Wartungsbetriebes von einer Wiederinbetriebnahme bis Ende Januar 2025 aus. „Wir bedauern sehr, dass die Arbeiten nicht bereits vor Weihnachten erfolgen können. Wir wissen um die Belastung der gesamten Mieterschaft und fühlen sehr mit“, erklärt die Hausverwaltung. Die „enormen zeitlichen Verzögerungen“ seien in diesem Kontext jedoch „eindeutig den bürokratischen und zeitfressenden Auflagen und Bedingungen der Versicherung anzulasten“.

L&L aus Bottrop: Büro arbeitet „absolut aktiv und engagiert an diesem Fall“

Man habe bei der Versicherung „wieder und wieder“ auf die belastenden Umstände hingewiesen. Und doch sei es der Hausverwaltung nicht möglich gewesen, die Prozesse zu beschleunigen. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn hätte unter Umständen zum Verlust des Versicherungsanspruches für den entsprechenden Schadenfall geführt. 

„Nochmals möchten wir deutlich machen, dass unser Büro absolut aktiv und engagiert an diesem Fall arbeitete und auch noch immer arbeitet“, betont L&L abschließend. „Alle beteiligten MitarbeiterInnen werden sehr froh sein, wenn der Schaden endgültig behoben ist und die Mieterschaft wieder zu ihrem Alltag zurück kehren kann. Für alle entstandenen Unannehmlichkeiten, auch wenn nicht selbst verschuldet, bitten wir in aller Form um Verständnis!“ Die Frage unserer Redaktion, warum seitens der Hausverwaltung keine anderweitigen Maßnahmen ergriffen hat, um den Mieterinnen und Mietern die Erreichbarkeit ihrer Wohnungen zu erleichtern, bleibt unbeantwortet.

Mietergemeinschaft Essen: Hausbewohner können Miete mindern

Siw Mammitzsch von der Mietergemeinschaft Essen erklärt: „Wenn ich in ein Haus mit einem Aufzug eingezogen bin, zahle ich in der Regel für diese Ausstattung.“ Funktioniere der Aufzug nicht mehr, dann handele es sich um einen Mangel der Mietsache. Dementsprechend könne man die Miete kürzen. Das rät sie auch den Mieterinnen und Mietern der Pettenkoferstraße. Von dem eingesparten Geld könne man dann zum Beispiel Leistungen wie einen Lieferdienst bezahlen, der einem die Einkäufe zur Wohnung hochträgt. Einige Mieter haben das nach eigenen Angaben die Miete schon gemindert.

Wenn Bewohnerinnen und Bewohner monatelang nur beschwerlich oder gar nicht nicht ihre Wohnungen verlassen können, dann sei das eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität, so Mammitzsch: „Der Vermieter muss dafür sorgen, dass der Alltag bewältigt werden kann.“ Mieterin Barbara Then empfiehlt sie einen Krankentransport. Träger wie das Deutsche Rote Kreuz bieten an, Patientinnen und Patienten in hilflosen Situationen aus der Wohnung zu tragen und etwa zum Arzt zu bringen.

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