Essen/Bochum. Eine Bochumerin (26) ist 1996 im Essener Südviertel erdrosselt worden. Das Verbrechen ist ungeklärt. Nun gibt es neue Ermittlungsansätze.
Wo die Berne beginnt, endet ihr Leben: Cornelia Heinenberg wird in der Nacht des 19. April 1996 in dem Wäldchen des Essener Südviertels erdrosselt. Die Leiche der 26-Jährigen liegt neben einer Parkbank, die Hose heruntergezogen, das Oberteil hochgeschoben, als eine Spaziergängerin, die in der Frühe mit ihrem Hund in dem kleinen Park zwischen Kronprinzenstraße und Richard-Wagner-Straße Gassi geht, die tote Bochumerin entdeckt.
Schnell ist den alarmierten Ermittlern der Essener Polizei klar: Die junge Frau, die seit ihrer Jugend alkoholkrank und drogensüchtig war und regelmäßig in der offenen Szene des Essener Hauptbahnhofs verkehrte, ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Eine Mordkommission setzte viel daran, den Täter zu ermitteln. Doch der konnte bis heute nicht überführt werden. Fast drei Jahrzehnte später rollen die „Rentner-Cops“ der Essener Kriminalpolizei an und den rätselhaften „Cold Case“ deshalb neu auf.
Die letzte Spur verliert sich am Hauptbahnhof
Kripo-Pensionär Detlef Büttner, der als Erster Kriminalhauptkommissar außer Dienst den Fall klären will, weiß um die Ermittlungslücke, die damals wie heute nicht geschlossen werden konnte: Vor ihrem gewaltsamen Tod will ein Taxifahrer Cornelia Heinenberg gegen 2.30 Uhr in Begleitung eines Mannes am Essener Hauptbahnhof gesehen haben. „Das ist die letzte Spur“, sagt Büttner, „die aber auch nicht gesichert ist.“ Viereinhalb Stunden später wird die Leiche der Frau gefunden. Was genau zwischen 2.30 und 7 Uhr am Morgen des 19. April passierte, ist den Ermittlern nicht bekannt.
Cornelia Heinenberg war alleinstehend, Arbeit hatte sie keine, aber ein „massives Alkoholproblem“. Sie trank seit ihrem 14. Lebensjahr und konsumierte zudem die Heroinersatzdroge Rohypnol. Fast täglich hielt sich die Bochumerin in Essen auf, am Hauptbahnhof oder in den Wohnungen ihres überschaubaren Bekanntenkreises im Norden der Stadt.
So auch kurz bevor sie zum Opfer des brutalen Verbrechens wird: Zusammen mit zwei Saufkumpanen, mit denen sie regelmäßig in der Bahnhofszene abhängt, trinkt sie in einer Wohnung, bis sie sich entschließen, gemeinsam in Richtung Innenstadt aufzubrechen. Nachdem man dort ebenfalls „reichlich Alkohol zu sich genommen hat“, so Büttner, will einer ihrer Begleiter Cornelia Heinenberg mit zu sich nach Hause nehmen. Was sich allerdings als schwieriges Unterfangen herausstellt.
Die hilflose Frau auf der Straße abgelegt
Vor lauter Tabletten und Alkohol ist die 26-Jährige nicht mehr in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. „Ob sie überhaupt noch bei Bewusstsein war, weiß man nicht“, schildert Büttner die Situation. Beide Männer klemmen sich die Frau unter den Arm. Doch an der Steeler Straße geben sie schließlich auf. Sie lassen Cornelia Heinenberg einfach dort liegen. Ein Taxifahrer greift die Hilflose in ihrem Elend auf und fährt sie zurück zum Hauptbahnhof, wo sie sich bis etwa 23.30 Uhr aufhält, um sich dann - offenbar halbwegs wieder hergestellt - selbstständig auf den Weg zu machen, mit welchem Ziel auch immer. War es tatsächlich das Bernewäldchen, wo ihr Leben so abrupt enden sollte?
Nach dem Fund ihrer Leiche, an der Rechtsmediziner keinen Hinweis auf eine denkbare Vergewaltigung finden, rätselt die Mordkommission, auf wen das Mordopfer wann und wo in jener Nacht getroffen ist. Und was war das eigentliche Tötungsmotiv? Ein Sexualdelikt war es nicht, ein Raubmord scheidet wohl ebenfalls aus. Dafür war bei der 26-Jährigen zu wenig zu holen. Täterwissen.
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Die Männer, mit denen sie letzten Stunden ihres Lebens verbracht hat, geraten als Verdächtige zwar schnell ins Visier. An der Kleidung der beiden wird auch tatsächlich Blut von Cornelia Heinenberg gefunden. Jedoch konnte man ihre Begleiter schlussendlich nicht mit dem Verbrechen in Zusammenhang bringen, sagt Büttner.
Für die Blutspuren fand sich eine Erklärung
Für die zunächst vielversprechenden Spuren aus flüssigem Gewebe gab es am Ende eine so einfache wie einleuchtende Erklärung: Die 26-Jährige, eigentlich eine hübsche Frau, war durch den jahrelangen Alkoholkonsum und Drogenmissbrauch schwer gezeichnet. Sie hatte „viele Hämatome am Körper und kleine offene Wunden“.
Auch Fasern, die auf der Parkbank als auch an der Kleidung des Opfers gefunden worden sind, hat die Mordkommission untersuchen lassen. Was damals allerdings noch nicht möglich war, ist das sogenannte Hautschuppenpicking, in das Detlef Büttner im Fall Cornelia Heinenberg große Hoffnungen setzt.
Da die Tote vollständig mit Leichenfolien abgeklebt worden ist, die noch existieren, wird aktuell mit aufwendigen Techniken versucht, zuordnungsfähige DNA-Spuren aus den daran haftenden Hautpartikeln zu generieren. Erste Analysen gibt es bereits, und sie sind wohl vielversprechend.
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Dieses Verfahren ist erst seit drei, vier Jahren möglich und es gibt den „Cold Case“-Cops in vielen ungeklärten Kapitalverbrechen nachträglich ein nie dagewesenes Packend in die Hand, den Anfang eines neuen Ermittlungsstrangs, der über einen genetischen Abgleich mit der Analysedatei des Bundeskriminalamtes schließlich zu den Tätern führen kann - selbst nach vielen Jahrzehnten noch. Vielleicht auch im Fall Cornelia Heinenberg.
Die Ermittler hoffen auf Hinweise in mehreren „Cold Cases“
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Wer Angaben zu dem Mord an der 26-Jährigen oder zu anderen ungelösten Kapitaldelikten machen kann, die die Polizei Essen in ihrer Krimi-Podcast-Serie „Pottcast Ungelöst“ auf allen ihren Online-Plattformen vorstellt, sollte sich unter der Rufnummer 0201 829/0 oder per E-Mail an hinweise.essen@polizei.nrw.de melden.
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