Essen. 1990 wird ein Altenessener „Mister Minit“-Mann in seinem Bett umgebracht. Der Fall mit einem Mordopfer und drei Toten ist bis heute ungeklärt.
Eine Woche vor dem Greatful Dead-Konzert in der Essener Grugahalle stirbt Konrad Freber (55) in seiner Wohnung an der Koopmannshude 21 einen gewaltsamen Tod. Es ist der Morgen des 10. Oktober 1990, als eine Nachbarin den 55-Jährigen entdeckt: Nackt auf seinem Bett liegend, gefesselt, betäubt und mit einem Kissen erstickt. Wer den netten Mann von „Minister Minit“ in Altenessen-Süd umgebracht hat, ist bis heute offen.
Deshalb rollen die „Cold Case“-Ermittler der Essener Kripo den mysteriösen Mordfall nach über drei Jahrzehnten neu auf, um ihn am Ende möglichst doch noch klären zu können. Es sind beileibe keine einfachen Ermittlungen. Es gibt ein Mordopfer, aber insgesamt drei Tote - und es gab in jenen Herbsttagen jede Menge „Deadheads“ in der Stadt, tausende auch ausländische Fans der amerikanischen Kult-Combo, die in wenigen Tagen den Schmetterlingsbau an der Norbertstraße heimsuchen sollte. Was die Sache für die Kriminalpolizei nicht gerade übersichtlicher machte.
Kripo-Pensionär Detlef Büttner, der als Erster Kriminalhauptkommissar außer Dienst und einer der „Rentner-Cops“ den Fall aktuell übernommen hat, hofft rund 34 Jahre später mittels neuester DNA-Analysetechnik Erkenntnisse zu bekommen, die den damaligen Ermittlern fehlten und die zum Täter führen. Dabei wähnte sich die Mordkommission in den 90er Jahren schon einmal ganz nah dran an einer Aufklärung. Doch es kam dann doch ganz anders.
Mit einem blonden Mann französisch gesprochen
Am Abend vor seinem Tod hat der homosexuelle Freber Lust auf Sex. Es ist nicht das erste Mal, dass er im Stricher-Milieu des Hauptbahnhofs nach Männern sucht. Er und der 31 Jahre alte Arbeitslose Willi B. kennen sich bereits, kommen schnell ins Gespräch, bevor sich Konrad Freber einem jungen Blonden zuwendet. B. sollte den Ermittlern später in seinen Vernehmungen erzählen, dass sich die beiden auf Französisch unterhalten haben sollten, obwohl Freber eigentlich keiner Fremdsprache mächtig war.
Sei‘s drum. Die drei Männer kommen überein, mit einem Taxi zur Wohnung Frebers zu fahren. Kurz zuvor hat der Gastgeber noch Zigaretten und Wein auf dem Bahnhofsvorplatz gekauft. Es soll schließlich eine nette Nacht werden. Man schaut einen Film, Freber hat angeblich Sex mit dem Blonden. Wie enttäuscht, vielleicht eifersüchtig, Willi B. deshalb ist, gibt er bei seinen Vernehmungen zu Protokoll. Er habe sich schlafen gelegt. Als er aufwachte, habe er ein Kissen auf dem Kopf gespürt und sei sofort wieder „weg gewesen“, angeblich, weil er betäubt worden sei. Schließlich kommt der Stricher zu sich, entdeckt den leblosen Konrad Freber und alarmiert eine Nachbarin. Der Unbekannte, der mit im Taxi saß, ist über alle Berge.
Chloroform in der Leiche nachgewiesen
Flugs wird eine Mordkommission eingesetzt. Neben dem verschwundenen Mann gilt Willi B. gilt den Ermittlern als Verdächtiger. Die Geschichte mit der Betäubung nehmen sie dem 31-Jährigen nicht ab, der einen Vormund hatte und geistig nicht voll auf der Höhe war, wie sie sagten. Chloroform konnte zwar in der Leiche des Mordopfers nachgewiesen werden, jedoch fanden sich bei dem 31-jährigen Essener keine Spuren der Substanz, obwohl er angab, ebenfalls narkotisiert worden zu sein. Vermutlich unter dem Druck der Vernehmungen gestand Willi B. schließlich das Verbrechen an seinem Freier, um es wenig später aber zu widerrufen.
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Da stehen sie nun, die Mordkommission und die Staatsanwaltschaft. Ohne objektive Belege für die Wahrheit scheidet der 31-Jährige erstmal wieder aus. Bis heute ist das so, es gibt nur einen Unterschied: Willi B. lebt nicht mehr. Und auch ein zweiter Verdächtiger, den die Kripo erst kürzlich aufgetan hat, hat längst das Zeitliche gesegnet.
„Der Franzose“ hatte sich nach Südfrankreich abgesetzt
Dieser Mann, der in der Nachbarschaft des Opfers lebte und im Altenessener Sprengel nur „der Franzose“ genannt wurde, hatte sich nach Südfrankreich abgesetzt, wo er aber bereits kurz nach dem Verbrechen starb. War er es, der mit Willi B. und Konrad Freber ins Taxi stieg, war er am Ende gar der Mörder? Auch diesem Verdacht geht Detlef Büttner nach - mittels eines aufwendigen Verfahrens, das sich Hautschuppen-Picking nennt. Ein winziges organisches Partikel auf einer der Mikrospurenfolien, mit denen Spurensicherer Leichen abkleben, reichte mangels Technik in den 90er Jahren nicht, aber heutzutage aus, um daraus eine zuordnungsfähige Täter-DNA extrahieren zu können.
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Entsprechende Analysen laufen derzeit im Landeskriminalamt, sagt Ermittler Büttner: „Wir warten auf das Ergebnis.“ Und was dann, wo doch der zuletzt potenziell Verdächtige seit über 30 Jahren tot ist? Dann werden die LKA-Analysen mit dem Erbgut der Tochter des Mannes abgeglichen, die die Kripo in Südfrankreich ausgemacht hat. Dadurch werden die Ermittler erfahren, ob „der Franzose“ Konrad Freber getötet haben könnte oder nicht. Gibt es einen der begehrten DNA-Treffer, ist der Mordfall aufgeklärt, gibt es keinen, geht die Suche nach dem Mörder von der Koopmannshude weiter.
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Die Ermittler hoffen auf Hinweise in mehreren „Cold Cases“
Wer Angaben zu dem Fall Konrad Freber oder zu den anderen „Cold Cases“ machen kann, die die Polizei Essen in ihrer Krimi-Podcast-Serie „Pottcast Ungelöst“ auf allen ihren Online-Plattformen vorstellt, sollte sich unter der Rufnummer 0201 829/0 oder per E-Mail an hinweise.essen@polizei.nrw.de melden.
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