Mülheim/Essen. Die Ermittlungsgruppe Cold Cases der Polizei Essen/Mülheim glaubt den ersten Alt-Fall geklärt. 1991 wurde ein Mann in seiner Wohnung erdrosselt.

Der Stolz ist allen Beteiligten anzumerken: Am Donnerstagmittag vermelden Polizei und Staatsanwaltschaft Duisburg im Präsidium an der Büscherstraße einen spektakulären Ermittlungserfolg. Die Klärung eines mehr als 33 Jahren alten Mordfalls. Zugleich ist es der erste Treffer, den die im vergangenen November im Präsidium Essen/Mülheim eingerichtete Ermittlungsgruppe Cold Cases verzeichnet.

Es geht um einen Fall aus dem Jahr 1991. Polizei und Staatsanwaltschaft zeichnen seine letzten Stunden nach. Das Opfer ist Günter K., verheiratet, aber von seiner Frau getrennt lebend, Vater einer Tochter und Betreiber eines Friseursalons in Mülheim. Am Abend des 19. Januar dieses Jahres geht der damals 63-Jährige mit Bekannten feiern, bis tief in die Nacht. Um 5 morgens verabschiedet er sich aus dem „Scotch Club“ mit einem Freund, der ihn noch nach Hause bringt. Um 5.30 Uhr trennen sich die beiden. Der Freund will dann noch einen Unbekannten am Haus wahrgenommen haben. Später an diesem Samstag melden sich Angestellte des Salons, weil sie ihren Chef vermissen. Als die Polizei die Wohnung an der Viktoriastraße in der Mülheimer Innenstadt öffnet, findet sie K. in seinem Schlafzimmer. „Er wurde erdrosselt“, sagt Dustin Wisnewski, der Leiter der Ermittlungsgruppe.

Polizei findet DNA-Spuren und Fingerabdrücke in der Wohnung des Opfers

„Wir gehen von einem Raubmord aus“, sagt Wisnewski. Der Täter habe die Wohnung durchsucht und unter anderem hochwertige Uhren, etwa von Cartier, und Goldmünzen erbeutet. Zwar seien in der Wohnung auch DNA-Spuren und Fingerabdrücke sichergestellt worden, ein Abgleich über die Datenbanken der Polizei habe aber Jahrzehnte keinen Treffer geliefert. Das änderte sich erst, als die technischen Methoden besser und der Austausch über Landesgrenzen nach Jahren besser wurde. Der Treffer kam aus Polen, wo der Verdächtige mal bei einem Pkw-Aufbruch aufgefallen war.

Bei dem Mann handele es sich um einen heute 62-jährigen verheirateten Mann mit deutscher und polnischer Staatsangehörigkeit, der unter „geordneten“ Verhältnissen in Mülheim gelebt haben soll, sagt Martin Mende von der Staatsanwaltschaft Duisburg. Der Mann habe weder im deutschen noch im polnischen Zentralregister Vorstrafen. Gegen ihn bestehe nun der dringende Tatverdacht wegen eines Mordes aus Habgier. Am Dienstag schlug die Polizei bei ihm auf, um seine Wohnung zu durchsuchen. Seit Mittwoch sitzt der 62-Jährige in Untersuchungshaft. „Der war sich im Klaren darüber, warum wir da sind“, schildert Ermittler Wisnewski seinen ersten Eindruck.

Staatsanwalt Martin Mende (r.) berichtet Details über den deutsch-polnischen Täter.
Staatsanwalt Martin Mende (r.) berichtet Details über den deutsch-polnischen Täter. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Verdächtiger sitzt wegen Raubmord aus Habgier in U-Haft

Belastet wird der Verdächtige durch Fingerabdrücke und DNA-Spuren aus der Wohnung, die ihm zuzuordnen sind. Angaben zu den Tatvorwürfen habe er bislang nicht gemacht, sagt Staatsanwalt Mende. Der 62-Jährige werde von einem Anwalt vertreten. Die Ehefrau des Opfers ist bereits verstorben. Die Nachricht über die Festnahme hat Wisnewski der heute in Köln lebenden Tochter überbracht. Diese sei darüber „hocherfreut“ gewesen: „Das war sehr emotional.“

Der Fall über den Friseur kursierte auch in Cold-Case-Beiträgen im Internet. Dort war gemutmaßt worden, dass das Opfer homosexuell gewesen sei. Das bestätigen die Ermittlungsbehörden auch, ein unmittelbarer Tatzusammenhang mit einem sexuellen Hintergrund bestehe aber nicht. Die Ermittlungen seien mit der Festnahme aber nicht beendet. Unter anderem wollen Staatsanwaltschaft und Polizei das Umfeld des Verdächtigen weiter beleuchten. Denkbar seien auch weitere Aufrufe an die Öffentlichkeit auf der Suche nach weiteren Zeugen, denen jetzt vielleicht noch Auffälligkeiten aus dem Jahr 1991 einfallen.

Ermittlungsgruppe Cold Cases: Noch 56 Fälle offen

In der Ermittlungsgruppe Cold Cases arbeiten drei aktive Mordermittler aus dem Kriminalkommissariat 11 zusammen mit drei reaktivierten pensionierten Beamten, den sogenannten „Rentner-Cops“. Einer von ihnen war auch am aktuellen Fall beteiligt. Sie wollen auch künftig nicht nachlassen - und das tut auch Not. 56 Fälle liegen noch auf ihrem Schreibtisch, 24 offene Vermisstenfälle und 32 ungeklärte Tötungsdelikte.

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