Duisburg. Ein Großmarkt hat Duisburg verlassen, ein riesiges Gebäude steht leer. Gerüchte um den Nachfolger mehren sich. Doch das Rathaus schreitet ein.

Ein Gebäude mit rund 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und ein riesiger Parkplatz sind frei, seitdem der Großmarkt Selgros den Duisburger Westen verlassen hat. Im Stadtteil mehren sich Gerüchte, ein großer Supermarkt könnte dort einziehen. Doch genau den will die Stadt jetzt verhindern.

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Die Verwaltung schlägt vor, den Bebauungsplan für einen Bereich im Bergheimer Gewerbegebiet zu ändern. Die Fläche liegt zwischen Moerser und Bergheimer Straße, Hoch- und Schauenstraße. Dort liegen ein Fliesen- und Reifengeschäft, ein Baustoffmarkt, ein Autohändler und mitten drin das ehemalige Gebäude von Selgros.

Duisburger Westen: Bebauungsplan stammt noch aus den 70er Jahren

Ein Bebauungsplan legt fest, wie Grundstücke eines Gebiets bebaut und genutzt werden dürfen. Die Fläche rund um die frühere Selgros-Filiale ist aktuell noch als „nutzungsbeschränktes Gewerbegebiet“ ausgewiesen. Das heißt: Alle Firmen dürfen dort einen Betrieb eröffnen, solange sie damit zum Beispiel Anwohner nicht belästigen. Auch große Supermärkte sind zulässig.

Jetzt will die Stadt den Plan aus dem Jahr 1970 verändern. Die Fläche soll zwar ein Gewerbegebiet bleiben, aber um die Regel ergänzt werden, dass sich keine Vergnügungsstätten und Einzelhandelsbetriebe ansiedeln dürfen. Diese Kleinigkeit hat Folgen: Spielhallen und Discos dürften dort nicht eröffnen, ebenso wenig Elektro- und Baumärkte, Möbel- und Kleidungsgeschäfte, Apotheken und Bäckereien. Und eben auch keine Supermärkte.

Verwaltung will lebendige Zentren stärken

Der Hintergrund: Die Verwaltung will lebendige Zentren in den Stadtteilen stärken. Außerdem sollen Wohngebiete mit Produkten des täglichen Bedarfs versorgt werden. In diesen sogenannten zentralen Versorgungsbereichen sollen deswegen hauptsächlich Geschäfte öffnen, die wichtige Produkte für das Zentrum und die Nahversorgung anbieten.

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Betriebe mit einem „nicht zentrenrelevanten Sortiment“ wie zum Beispiel Bau- und Fachmärkte sollen sich eher am Rand von Siedlungen und in Gewerbegebieten ansiedeln. Der Großmarkt Selgros gehörte zu dieser Kategorie. Er verkaufte zwar Produkte des täglichen Bedarfs, aber nur an Geschäftskunden und Vereine. Privatleute durften ausschließlich beim Schlussverkauf am Jahresende zuschlagen.

Einzelhandelsbetriebe: die theoretische Gefahr

Jetzt sucht das große Gelände einen Nachfolger. Und die Stadt glaubt, es dürfte für große Einzelhandelsbetriebe interessant sein – die dann aber den Einkaufszentren in der Umgebung Konkurrenz machen würden.

Etwa zwei Kilometer von der Schauenstraße entfernt liegt das Versorgungszentrum Asterlagen mit dem EKZ. Bis zum Rheinhauser Markt mit dem Marktforum sind es nicht mal drei Kilometer. Ein großes Warenhaus könnte sich auf diese Standorte „schädlich auswirken“, schreibt die Verwaltung im Entwurf für den Aufstellungsbeschluss des Plans.

Außerdem will das Rathaus verhindern, dass sich eine Spielhalle, Disco oder ähnliche Vergnügungsstätte dort ansiedelt, denn: „Sie verdrängen durch ihre hohe Mietzahlungsbereitschaft gewerbliche Nutzungen sowie Dienstleistungsnutzungen und verursachen damit eine Verzerrung des Boden-/Mietpreisgefüges.“

Die Verwaltung spricht allein von einer theoretischen Gefahr, dass ein großes Geschäft mit Produkten des täglichen Bedarfs im Gewerbegebiet einziehen könnte. „Uns liegt aktuell weder eine Voranfrage für eine Nutzungsänderung noch ein Hinweis auf einen etwaigen Nachfolger vor“, sagt Stadtsprecher Malte Werning gegenüber dieser Redaktion.

Will Kaufland ins alte Selgros-Gebäude?

Im Stadtteil kursieren hingegen deutlich konkretere Gerüchte. Wenn man Lokalpolitiker, Geschäftsleute und Anwohner aus Rheinhausen fragt, wer auf Selgros folgen könnte, fällt ein Firmenname immer wieder: Kaufland.

Das Gebäude und die große Verkaufsfläche passe gut zum großen Sortiment, dass der Supermarktriese anbietet, heißt es. Außerdem füge sich der Standort in die Strategie ein, die die Kette aktuell verfolgt: viele neue Filialen mit guter Anbindung zu eröffnen und den Druck auf die Konkurrenz zu erhöhen.

Kaufland: „Gegend in und rings um Duisburg ist ein interessantes Gebiet“

Kaufland hält sich zu den Gerüchten bedeckt. Das Unternehmen betreibe über 770 Filialen in Deutschland, wolle das Netz weiter ausbauen und sei „immer an attraktiven Standorten interessiert“, erklärt ein Sprecher. Mehrere Faktoren würden bei der Auswahl eine Rolle spielen: Einzugsgebiet, Größe der Verkaufsfläche, Verkehrsinfrastruktur und Funktionalität des Gebäudes.

Steht hier künftig „Kaufland“ drüber? Die Supermarktkette hält sich bedeckt, doch die Gerüchteküche brodelt.
Steht hier künftig „Kaufland“ drüber? Die Supermarktkette hält sich bedeckt, doch die Gerüchteküche brodelt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Auch die Gegend in und rings um Duisburg ist durchaus ein interessantes Gebiet“, meint der Sprecher. Dennoch wolle sich Kaufland nicht zu möglichen Plänen für einzelne Standorte äußern.

So oder so wird der Rat der Stadt Duisburg am Montag, 24. Februar, voraussichtlich beschließen, den Bebauungsplan zu ändern. Die Bezirksvertretung Rheinhausen hat der Entwurf bereits am Donnerstag passiert – zur Freude vieler Lokalpolitiker.

>> SUPERMARKT WOHL VERHINDERT: BEZIRKSVERTRETER JUBELN

  • Bei der Sitzung der Bezirksvertretung Rheinhausen stand die Änderung des Bebauungsplans am Donnerstag auf der Tagesordnung. Das Stadtteilparlament stimmte zu, dass das Verfahren im Bezirk auf Platz zwei der Prioritätenliste behandelt wird.
  • CDU-Fraktionschef Ferdi Seidelt lobte den Entwurf der Stadt als „wunderbare Arbeit in kürzester Zeit“. Große Supermärkte würden das Rheinhauser Zentrum immer weiter kannibalisieren: „Der Einzelhandel hat es schwer.“
  • Hendrik Trappmann, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, bezeichnete den Bebauungsplan als „einziges Instrument, mit dem Städte den Einzelhandel wirksam steuern können“. Es sei jedoch nicht möglich, solche Pläne pauschal für das ganze Stadtgebiet zu erstellen. „Wir steuern nur, wenn wir die Gefahr sehen, dass sich etwas ändert.“