Duisburg. Duisburg hat eine einmalige Chance: Es gibt einige gute Gründe für den Bau einer Seilbahn. Einen der wichtigsten übersehen viele Kritiker. Ein Kommentar.

Duisburg will eine Seilbahn bauen? Ausgerechnet Duisburg, werden die meisten Bürgerinnen und Bürger der Stadt zunächst wohl reflexartig denken. Das zeigen auch viele empörte Reaktionen im Netz zur Berichterstattung über die Konkretisierung der Seilbahn-Pläne. Einige Beispiele: „Macht mal lieber die Straßen … unhaltbar sowas“, kritisiert eine Nutzerin. Ein User meint: „Wie wäre es denn bitte erstmal damit, den ÖPNV in Duisburg einigermaßen erträglich und annehmbar zu gestalten?“ Mit Lach-Smileys reagiert ein anderer Kommentator; er verstehe nicht, wie hier „Prioritäten gesetzt werden. Ich wäre erstmal dafür, unsere Brücken auf der A59 zu sanieren, damit wäre wohl mehr Menschen geholfen.“

Ja, in der über viele Jahre zum Sparen gezwungenen Stadt sind noch immer zu viele Straßen kaputt. Ja, das Angebot der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) ist einer Großstadt nicht würdig, unsere Redaktion berichtet seit Jahren über die gewaltigen Defizite. Und: Ja, wenn der Verkehr der maroden Berliner Brücke weiter eingeschränkt werden müsste, wären täglich Zehntausende betroffen. Die Angst vor einem Desaster wie bei der Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid geht zu Recht um.

Falls Duisburg eine Seilbahn baut: Bund und Land würden Geld geben

Trotz alledem: Es ist sinnvoll, dass die Stadt und ihr Konzern zumindest die Möglichkeiten für den Bau einer urbanen Seilbahn prüfen und gegebenenfalls vorantreiben. Das ist kein Widerspruch, hier gibt es keine falsche Priorisierung. Vor allem, weil nicht eine Fahrbahn schneller repariert und nicht eine Straßenbahn mehr verkehren wird, sollte in Duisburg keine Seilbahn zwischen Hauptbahnhof und 6-Seen-Wedau gebaut werden.

Was viele Kritikerinnen und Kritiker nicht wissen: Wenn in Duisburg tatsächlich eine Seilbahn gebaut werden sollte, übernehmen Bund und Land 80 bis 90 Prozent der Kosten – und zwar mit Fördergeld, das von der Politik in Berlin und Düsseldorf ausschließlich für den Bau der fortschrittlichen Seilbahnen im ÖPNV reserviert ist. Die Kommune könnte dieses Summen also gar nicht in DVG oder Straßensanierung stecken.

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Was Duisburg jedoch in Zukunft sicher bezahlen muss: die Anbindung von Duisburger Dünen, Technologiepark/-Campus und 6-Seen-Wedau an den ÖPNV. Dort sollen insgesamt mehr als 11.000 Menschen wohnen, etwa 9000 arbeiten, 12.000 studieren. Eine Straßenbahn-Strecke wäre viel zu teuer, für Buslinien müssten Busse gekauft, Fahrer gefunden und beschäftigt und wohl Straßen ausgebaut werden. Weil dann aber erfahrungsgemäß zu viele Menschen aufs Auto umsteigen, wäre Verkehrschaos wahrscheinlich.

Der geringe Betriebsaufwand einer Seilbahn könnte außerdem ein Kosten-Vorteil gegenüber Bussen sein, weil viel weniger Personal benötigt würde; mittlerweile werden sogar vollautonome Seilbahnsysteme getestet.

Duisburger Dünen, Technologiepark und 6-Seen-Wedau bieten einmalige Chance

Es spricht also viel dafür, dass Duisburg sich um das Fördergeld für eine obendrein umweltfreundliche Seilbahn bemüht, in der jeder mit Deutschlandticket oder anderen Abo-Tickets mitfahren kann. Seilbahnen sind technisch etabliert und können ein sehr günstiges und leistungsfähiges öffentliches Verkehrsmittel sein, letztlich sogar ein Anziehungspunkt im Werben um Arbeitgeber, Investoren, neue Einwohner.

Warum sollte Duisburg in Anbetracht einer einmaligen Chance – die Erschließung dreier riesiger Brachflächen südlich der Innenstadt im eigenen Besitz – nicht versuchen, mit einer sinnvollen ÖPNV-Anbindung ein deutschlandweiter Vorreiter zu werden? Das hätte als Nebeneffekt auch noch einen Imagegewinn zur Folge, den die Stadt wahrlich gut vertragen könnte.

All das ändert nichts daran, dass Duisburg beim Ausbau des Straßenbahnnetzes viel nachholen und der Bund die wichtigste Autobahnbrücke der Stadt schnell neu bauen muss. Nur hat die Finanzierung dieser und anderer wichtiger Pflichtaufgaben nichts mit den Kosten für eine Seilbahn zu tun.

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