Duisburg. Hochheide ist bekannt für die Siedlungen Rheinpreußen, Johannenhof und Weiße Riesen. Wie der Ortsteil entstand und wuchs. Mit vielen alten Fotos.
Der Name sagt es schon: Hochheide bezeichnet eine in Jahrtausenden durch Flugsand entstandene Hochfläche. Sie wurde zwar meist vom Rheinhochwasser verschont. Dafür war sie aber auch für Ackerbau und Viehzucht kaum geeignet. Wald hat sich darauf gebildet: der Homberger Busch. Über Jahrhunderte wurde er nicht angetastet. Bis darunter Kohle gefunden wurde.
Was die Aktivitäten von Franz Haniel (1779 bis 1868) aus Homberg gemacht haben, wurde als Stadtteil-Geschichte dieser Serie bereits beschrieben. Eigentlich ist seine Zeche Rheinpreußen ab 1857 in Hochheide entstanden. Heute gehört das ehemalige Gelände von Schacht I und II aber zu Alt-Homberg. Das gilt nicht für den größten Teil des Waldes, immerhin so groß wie 150 Fußballfelder, den der Kaufmann aus Ruhrort 1828 vom Königreich Preußen ersteigerte.
Hochheide: 1787 lebten dort 52 Menschen in zehn Häusern
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Wenige Jahre zuvor scheint Hochheide in die Geschichte eingetreten zu sein. 1787 lebten dort 52 Menschen in zehn Häusern. Erst eine Karte aus der Zeit um 1830 zeigt eine Lichtung, die für den Weiler in den Wald geschlagen wurde. Und eine Straße, die heutige Kirchstraße, die ihn an die alte Verbindung von Essenberg nach Moers-Asberg angebunden hat.
Haniel selbst erlebte den Boom, den er auslöste, nicht mehr. Aber er ließ ab 1837 den Wald roden, so dass eine riesige Ebene entstand. Vorübergehend wurde darauf Ackerbau betrieben.
1841 entstand auch mit seinem Geld eine neue, schnurgerade Straße von Homberg nach Moers, die heutige Moerser Straße. Sie sollte den Transport der Kohle aus dem Ruhrgebiet ins Hinterland beschleunigen.
Früher Siedlungskern um heutigen Marktplatz: In 30 Jahren von 1028 auf 12.500 Einwohner
Um die Schächte anzulegen und ab 1876 die erste Kohle zu fördern, war immer mehr Personal nötig. 1870 waren es erst 42 Beschäftigte, zehn Jahre später schon 711. Sie wurden anfangs in der näheren Umgebung angeworben, später im Ausland. Die größte Gruppe der Ausländer waren Tschechen und Slowaken.
Der Wohnraum für sie entstand überwiegend in Hochheide. Um den heutigen Marktplatz bildete sich ein früher Siedlungskern. Die Häuser reichten aber bis zur Asberger Straße. Die Bevölkerung der kleinen Landgemeinde Hochheide, die von Homberg aus verwaltet wurde, explodierte regelrecht, zunächst von nur 115 Personen 1834 auf 1028 im Jahr 1875.
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Aber damit war das Ende noch lange nicht erreicht. Die Zeche beschäftigte 1895 schon 1500 Menschen. Ab 1898 förderte auch Schacht III, der in der Gemeinde Essenberg lag. 1905 lebten in Hochheide 12.509 Menschen. Heute sind es etwa 15.000.
Rheinpreußensiedlung entstand von 1889 bis 1905
Da war es Zeit, den Wohnungsbau systematisch in Angriff zu nehmen: Von 1889 bis 1905 entstand die Rheinpreußensiedlung. Nördlich der Moerser Straße waren es 634 Wohnungen, südlich davon 606. 1913/14 folgte die Siedlung Johannenhof (heute Alt-Homberg).
Die Umwälzungen waren enorm. Wenn die Bebauung schon zusammenwuchs, konnten auch die Gemeinden fusionieren. Das geschah 1907. Seit 1883 fuhr statt der Postkutsche eine Dampfeisenbahn von Homberg über die Moerser Straße nach Moers. Sie wurde 1908 durch eine Straßenbahn ersetzt, die bis 1953 verkehrte. Von Schacht III führte bis 1963 am Ostrand der Rheinpreußensiedlung eine Zechenbahn nach Norden aus dem Ort.
Ursprünglich waren die Menschen in Hochheide evangelisch, wie in der ganzen Grafschaft Moers. Aber nun wanderten vor allem Katholiken zu. Bis 1907 waren es 8500. Die Kirchen mussten reagieren. 1898 erhielt Hochheide eine eigenes evangelisches Gotteshaus an der Kirchstraße. Für die Katholiken entstand 1907 an der Ehrenstraße eine Notkirche. Erst 1937 wurde die Liebfrauenkirche eingeweiht.
Schulbau und Wohnungsnot
Für die vielen Kinder mussten Volksschulen gebaut werden: 1846 an der Poststraße/Ecke Moerser Straße (evangelisch, später aufgegeben), 1895 an der Poststraße (katholisch, im Zweiten Weltkrieg zerstört), 1898 am Markt (anfangs evangelisch, zeitweise Förderschule), 1905 an der Ottostraße (anfangs evangelisch), 1907 an der Kirchstraße (katholisch), 1952 an der Ehrenstraße (katholisch, später Hauptschule, seit 1987 Gesamtschule) und 1957 an der Ottostraße (Förderschule). Aus den evangelischen Volksschulen wurden 1966 Gemeinschaftsgrundschulen.
Von Ende 1918 bis Anfang 1926 musste Hochheide belgische Besatzung ertragen. Das verschärfte die Wohnungsnot. Denn obwohl seit 1925 in der Stadt kein Schacht mehr Kohle förderte, schrumpfte die Bevölkerung nicht.
Jahrhunderthochwasser in der Neujahrsnacht 1926
Letztmalig in der Neujahrsnacht 1926 wurde Hochheide von einem Jahrhunderthochwasser heimgesucht, davor 1784 und 1883. Von Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg war man mittelschwer betroffen.
Nach dem Krieg erlebte Hochheide weiteren Zuzug. Bislang unvollendete Straßenzüge der südlichen Rheinpreußensiedlung wurden fertiggestellt. Nördlich der Kirchstraße entstanden Werkswohnungen der Ruhrort-Meidericher Hütte. Der Gemeinnützige Bauverein sorgte für preiswerten Wohnraum. 1960 wurde die Glückauf-Halle als Mehrzweckhalle eröffnet. In ihrer Nachbarschaft entstand ein Neubaugebiet, ebenso an der Friedhofsallee. Dadurch wurde das frühere soziale Gefälle zwischen Homberg (Bürgertum) und Hochheide (Arbeiterschaft) ausgeglichen. Rheinpreußenstraße/Lauerstraße, Husemann- und Moerser Straße wurden vierspurig ausgebaut.
Hochheide in historischen Fotos
Dauerthema ist bis heute die Rheinpreußensiedlung oder was daraus wurde. 1966 verkaufte die Rheinpreußen-AG 447 Zechenhäuser mit 1700 Wohnungen an den Bauunternehmer Josef Kun. Sie hätten sonst saniert werden müssen. 1200 davon nördlich der Moerser Straße wurden abgerissen und im Stil der 60er Jahre durch Hochhäuser mit bis zu 20 Etagen ersetzt. Trotz staatlicher Fördergelder machte Kuns Firma 1973 pleite.
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Erster „Weißer Riese“ fiel 2019
Eine Bürgerinitiative kämpfte erfolgreich für den Erhalt der restlichen Zechenhäuser. Hochheide gehört seit 1975 zu Duisburg. 410 von ihnen wurden 1979 von der Stadt Duisburg gekauft und gehören seit 1985 einer Wohnungsgenossenschaft.
Sorgenkind blieb bis heute der „Wohnpark Hochheide“. Zwar wohnte zeitweise ein Drittel der Hochheider dort. Seit den 1980er Jahren waren es aber überwiegend Menschen mit sozialem Unterstützungsbedarf. Die Hausbesitzer wechselten. Es gab einen Reparaturstau. Leerstände nahmen zu. 2019 wurde das erste Hochhaus gesprengt, 2021 der zweite „Weiße Riese“.