Die 63-Jährige Brigitte Fath übergibt die Geschäftsführung der Wohnungsgenossenschaft Rheinpreußensiedlung in Homberg an die 28-Jährige Silvia Potrafke.
Die Rheinpreußensiedlung in Homberg hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Nachdem viele der Zechenhäuser abgerissen wurden und die restlichen ebenfalls von der Abrissbirne bedroht waren, kämpften die Bewohner in den 1970er und 80er Jahren unter anderem mit Hungerstreiks für ihre Siedlung. Daraus ging 1985 die Wohnungsgenossenschaft Rheinpreußensiedlung hervor, die sich seither um die Siedlungshäuser mit 403 Wohnungen kümmert. Fast von Anfang an dabei war Brigitte Fath als Geschäftsführerin. Sie ist am 1. Februar in den Ruhestand gegangen und hat die Geschäftsleitung an Silvia Potrafke übergeben.
Herausfordernde Anfangsjahre
„Ich gehe mit gemischten Gefühlen. Immerhin habe ich ein halbes Leben hier verbracht“, sagt die Diplom-Ökonomin, die außerdem eine Ausbildung als Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft absolvierte. Gerade die Anfangsjahre seien sehr herausfordernd gewesen, erinnert sie sich rückblickend. Nur mit einer Architektin begann sie die Arbeit. „Unsere erste Tätigkeit war mit gebrauchten Möbeln das Büro einzurichten“, sagt die 63-Jährige. Nach und nach kamen mehr Mitarbeiter dazu. Denn es galt für die Genossenschaft eine Grunderneuerung der Häuser und Wohnungen durchzuführen. Besonderheit: Jeder Haushalt musste Selbsthilfearbeiten im Wert von 5500 D-Mark leisten. Denn die öffentlichen Fördermittel allein hätten nicht ausgereicht. „Da mussten einige auch erst motiviert werden. Aber das Engagement war schon groß.“ Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Mitglieder ihre Selbsthilfeleistung erbracht.
Stürmische Zeiten sind vorbei
Diese stürmischen Zeiten sind inzwischen vorbei. Es ist sozusagen der Alltag eingekehrt. Auch ein Generationenwechsel hat sich vollzogen. Die Solidarität von früher sei geringer geworden. Denn viele von denen, die vor dem Rathaus für ihre Wohnung gehungert haben, sind nicht mehr da. „Es bewerben sich aber heute die Kinder, die in der Rheinpreußensiedlung aufgewachsen sind.“ Dazu passt auch der Generationenwechsel in der Geschäftsführung.
Brigitte Fath will sich in ihrem Ruhestand der Kunst und dem Sport widmen. Als Alt-Hombergerin wird sie der Siedlung aber wohl immer mal wieder einen Besuch abstatten. „Etwas Besseres als Frau Fath konnte uns nicht passieren“, sagt Edith Füsers vom Aufsichtsrat. In der Genossenschaft sei immer viel diskutiert worden. Das seien aber mit der Geschäftsführerin sehr fruchtbare Gespräche gewesen, ergänzt der Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Hübner.
Modernes Gesicht geben
Silvia Potrafke tritt damit in große Fußstapfen. Die 28-Jährige ist bereits seit neun Jahren bei der Genossenschaft. Sie absolvierte dort bereits ihre Ausbildung zur Immobilienkauffrau und schloss anschließend berufsbegleitend ein Studium zum Bachelor of Arts Real Estate (dt.. etwa: Immobilien) ab.
„Wir haben den Prozess bereits vor vier Jahren eingeleitet, um keinen abrupten Übergang zu haben“, sagt Hübner. Dabei habe sich der Aufsichtsrat ganz bewusst für Silvia Potrafke entschieden. Sie kenne die Genossenschaft nicht nur durch ihre bisherige Tätigkeit sehr gut, sondern habe auch alle nötigen Kompetenzen und könne durch ihr vergleichsweise junges Alter der Genossenschaft ein modernes Gesicht geben.
„Es ist noch ein ungewohntes Gefühl. Ich freue mich aber auf die Herausforderung“, sagt die Duissernerin. Mit 28 Jahren ist sie sogar noch jünger als Brigitte Fath, die die Leitung mit 31 Jahren übernahm. Offiziell leitet Potrafke die Geschicke der Rheinpreußengenossenschaft seit dem 1. Januar.