Duisburg-Homberg. . Teil 4 der Serie führt in Hombergs Rheinpreußensiedlung. Bekanntlich sollten Zechenhäuser durch Hochhäuser ersetzt werden. Zum Glück kam’s anders.
Es ist ein Paradies für Kinder, nur wenige Autos fahren auf den schmalen Straßen, die entweder im Grünen oder per großzügigem Wendehammer an der Rheinpreußenstraße enden. „Es hat hier ein Generationenwandel stattgefunden, die Zahl der Kinder steigt wieder“, freut sich Frank Baier, 73. Der Musiker lebt seit 29 Jahren in der Siedlung, die zwischen 1897 und 1905 mit damals rund 1700 Häusern für die Zechenarbeiter entstanden ist.
Eine Fahrt oder ein Spaziergang durch die Siedlung könnte zum Beispiel – recht unspektakulär – an der Ehrenstraße starten. Nachdem man die Gesamtschule samt Aula passiert hat, geht es rechts in die Bergmannstraße, von dieser dann wieder rechts die Dunkerstraße, die Hardenbergerstraße und die Rosenstraße, die allesamt mit den beschriebenen Wendehämmern auf die Rheinpreußenstraße treffen. Unter anderem hier stehen sie, die kleinen Bergwerkshäuschen, die für den Nicht-Rheinpreußensiedler lustig durchnummeriert scheinen. „Hinter den Hausnummern steht entweder ein ,m’, das für ,Mitte’ steht, oder ein ,g’, das für ,Giebel’ steht“, erklärt Baier.
411 Zechenhäuser stehen laut Auskunft Baiers noch, sind nicht dem Hochhaus-Wahn in den späten 1960-ern und frühen 1970-ern zum Opfer gefallen. Nach massiven Bürgerprotesten und sogar Hungerstreiks war viele Jahre nach dem Stopp der Abrissarbeiten eine Bewohnergenossenschaft gegründet worden. Eines der Gründungsmitglieder war der Liedermacher Frank Baier, der viele der Protestkundgebungen organisiert und musikalisch begleitet hatte. 1987 hatte er selbst auch ein kleines Haus gemietet, hier lebt er bis heute und genießt jede Sekunde.
Doch zurück zum Rundgang, beziehungsweise zur Rundfahrt. Wer von der Ehrenstraße nach links in die Kronenstraße abbiegt, dieser bis zur Südstraße folgt, rechts abbiegt, landet nach einigen Metern an einem kleinen Park mit massiver Stuhlreihe (siehe Foto). Hier lohnt sich in grüner Umgebung ein Verschnaufspäuschen mit Blick auf die alte Siedlung, die es laut vieler damaliger Stadtplaner schon längst nicht mehr geben sollte.
Genossenschaft seit 1985
Seit 1985 steht diese unter dauerhafter Verwaltung durch die Genossenschaft unter ständiger Beteiligung der Bewohner. Diverse Instandsetzungen und mit den Bewohnern abgestimmten Teilmodernisierungen sind inzwischen längst abgeschlossen.
Was viele Bewohner und Gäste auch sehr schätzen, ist der dichte Baumbewuchs an den Straßen. „So ist es im Sommer hier angenehm kühl“, sagt Frank Baier. Ebenso verstellen Astwerk und Blätter die Sicht gen Nordwest, der sonst nämlich unweigerlich auf die Hochhäuser „Weiße Riesen“ treffen würde. Mindestens ein Teil der Kolosse soll schon bald abgerissen werden, glaubt man der Stadtverwaltung.
Die „Riesen“ wären aus heutiger Sicht wohl niemals gebaut worden, schon gar nicht hätte man große Teile der historischen Rheinpreußensiedlung dafür geopfert. Das Kapitel Hochhäuser möchte die Stadt nun schnellstmöglich beerdigen. An der Rheinpreußensiedlung erfreuen sich Bewohner wie Gäste aber wohl auch in 100 Jahren noch...