Duisburg. Eine SPD/CDU-Koalition bestimmt seit fünf Jahren die Politik im Duisburger Rat. So sehen die GroKo-Fraktionschef ihre Arbeit, so die Opposition.

Seit 2015 arbeiteten SPD und CDU in einer informelle Großen Koalition im Stadtrat zusammen. „Es waren aufregende Jahre“, sagen Bruno Sagurna (SPD) und Rainer Enzweiler (CDU). Die Fraktionschefs der GroKo stellen ihrer Bilanz vor den Kommunalwahlen ein gutes Zeugnis aus. Das sehen die anderen Parteien naturgemäß anders. Der Diskussionskultur im Stadtparlament und seinen Ausschüssen habe gelitten, die absolute Mehrheit der Großen die Auseinandersetzung um die beste Lösung für die Stadt oft erstickt, bedauern Grüne, Linke und Junges Duisburg.

SPD/CDU: „Wir haben uns gefragt: Wie bringen wir Duisburg voran?“

„Wie bekommen wir Duisburg nach vorn?“, sei die Frage bei der Kooperation gewesen, die er mit Sagurnas Vorgänger Herbert Mettler vereinbarte, sagt Enzweiler. Dafür, so sehen es beide, habe die GroKo die Weichen gestellt. Mit der Restrukturierung des DVV-Konzerns (Stadtwerke) in der Energiewende („Heute stehen wir wieder gut da“), dem Zukunftskonzept Duisburg 2027: „Wir haben gezeigt, dass wir dazu stehen. Es wird ein Kraftakt sein, die weiteren Dinge durchzusetzen.“

Eingeleitet ist unter Regie von Wirtschaftsdezernent André Haack (CDU) die Neuordnung der Wirtschaftsförderung GFW, die künftig mit größerem Budget und mehr Personal wirksame Werbung für die Ansiedlung von Unternehmen in der Stadt machen soll.

„Der Schuldenabbau kommt den Bürgern zugute“

Den Bau neuer Umgehungsstraßen, hier für Meiderich durch die neue Infrastruktur-Gesellschaft DIG wertet die Groko als ihren Erfolg.
Den Bau neuer Umgehungsstraßen, hier für Meiderich durch die neue Infrastruktur-Gesellschaft DIG wertet die Groko als ihren Erfolg. © FUNKE Foto Services | Foto: Martin Möller



Den Schuldenabbau, der durch schmerzhafte Sparbeschlüsse gelang und begünstigt wurde durch anhaltende Niedrigzinsen, schreibt die GroKo sich zugute, auch wenn die CDU zuvor die Steuer-Erhöhungen noch abgelehnt hatte. „Das kommt den Bürgern jetzt zugute“, meinen Sagurna und Enzweiler. Haushaltsausgleich und Überschüsse ermöglichten nun wieder bescheidene Investitionen, etwa im Sport und bei der Einstellung von 300 Auszubildenden in der Verwaltung, die künftig den Service für die Bürger verbessern sollen.

„Einen riesigen Erfolg“ nennt Enzweiler die Gründung der gemeinsamen Infrastrukturgesellschaft mit dem Hafen: „Die Umgehungsstraßen in Meiderich und Walsum, über die seit 20 Jahren geredet wurde, werden nun gebaut.“

Ziel müsse es nun sein, auch die linksrheinische Osttangente vom Logport zur A40 zu bauen: „Die Chance besteht, dass es im Zuge des Autobahnbaus finanziert wird.“

Baugebiete sollen steuerzahlende Neubürger nach Duisburg bringen

Die Entwicklung neuer Baugebiete am Alten Angerbach in Huckingen (Enzweiler: „46 Prozent der Bewerber sind Duisburger“) und in Wedau (3500 Wohneinheiten) verschafften der Stadt die Perspektive, steuerzahlende Neubürger anzulocken. Dank Fördermillionen des Landes für Marxloh und Hamborn gelinge nun auch der Umbau der Hallenbad-Ruine und die Sanierung der Rhein-Ruhr-Halle, aus der wohl eine Mehrzweck-Sporthalle werden soll.


Das Scheitern des Outlets am alten Güterbahnhof bedauert der CDU-Fraktionschef nach wie vor, der nachfolgende Erwerb der Fläche von Möbel-Mogul Kurt Krieger und die Entwicklung der Fläche unter Regie der Stadt sei nunmehr „eine Chance, die nicht vertan werden“ dürfe. Er sei erleichtert über den Abriss der alten Hallen, sagt Rainer Enzweiler: „Diese Visitenkarte war deprimierend für Duisburg.“

Claudia Leiße (Grüne): Die GroKo hat alles abgebügelt

Claudia Leiße ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat.
Claudia Leiße ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat. © FUNKE Foto Services | Foto: Tamara Ramos


„Aus unserer Sicht waren es fünf unerfreuliche Jahre“, sagt Claudia Leiße, scheidende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat. „Die GroKo hat alle Vorschläge abgebügelt, alles war gesetzt, Verwaltungsvorschläge wurden nicht hinterfragt.“

Es sei schwierig, in dieser Konstellation aktive Politik zu betreiben: „Der Frust-Faktor ist relativ hoch.“ Die Diskussionskultur im Stadtparlament sei weiterhin geprägt von jahrzehntelanger SPD-Dominanz, bedauert Leiße. „Diskussionen über andere Lösungen waren immer schwierig.“

Eine Große Koalition gegen die Rechten im Rat zu formieren, sei nicht notwendig gewesen, findet Leiße: „Dass die AfD sich einschleicht, hätten die anderen demokratischen Parteien nicht zugelassen.“

Martina Ammann-Hilberath (Linke): Kein Engagement bei sozialpolitischen Themen

Martina Ammann-Hilberath ist Fraktionsvorsitzende der Linken.
Martina Ammann-Hilberath ist Fraktionsvorsitzende der Linken. © Funke Foto Services | Foto: Kerstin Bögeholz


„Bei sozialpolitischen Themen unengagiert“, lautet der Vorwurf von Martina Ammann-Hilberath. Beim Runden Tisch gegen Kinderarmut, dem Bildungs- und Teilhabepaket sowie den Sanktionen des Jobcenters habe die GroKo die Diskussion verweigert: „Selbst sinnvolle Anträge wurden nicht unterstützt“, bedauert die Fraktionsvorsitzende der Linken. „Unsere Kontakte zu Gewerkschaften und Sozialverbänden hat das verbessert.“

Debatten um die beste Lösung seien angesichts von Mammut-Tagesordnungen mit mehr als 100 Tagesordnungspunkten in den wenigen Ratssitzungen pro Jahr nicht möglich, auch in den Fachausschüssen würden sie nicht geführt. „Das ist nicht mehr praktikabel. Das Niveau müsste sich stark verbessern.“

Dr. Stephan Wedding (Junges Duisburg): Erkennen keinen neuen Aufbruch in Duisburg

Dr. Stephan Wedding ist Fraktionsvorsitzender von JUDU/DAL.
Dr. Stephan Wedding ist Fraktionsvorsitzender von JUDU/DAL. © FUNKE Foto Services | Foto: Jörg Schimmel


„Ist es besser als vor fünf Jahren?“, fragt Stephan Wedding. Ein „neuer Aufbruch“ sei für ihn in Duisburg nicht erkennbar, die Bürger der GroKo überdrüssig, glaubt der Fraktionschef von Junges Duisburg (JUDU).

Beim Abbau der Arbeitslosigkeit sei die „Wirtschaftspartei CDU“ nicht wesentlich vorangekommen. Wedding: „Vorschläge der anderen wurden kleingeredet oder kamen dann, recycelt als Verwaltungsvorschlag oder eigene Idee, zurück.“

Er nennt das freie WLAN-Netz in der Innenstadt und das MyBus-System der DVG. Mehr Debatten-Kultur wünscht sich auch Stephan Wedding im Rat: Eine Live-Übertragung im Internet, wie von JuDu gefordert, könnte sie fördern, glaubt der Fraktionsvorsitzende.

>> GROKO: ZUSAMMENARBEIT BEGANN MIT DEM KLINIKVERKAUF AN SANA

• Eigentlich sind Koalitionen, anders als im Land- oder Bundestag, im Stadtrat nicht vorgesehen. „Es gibt nichts Schriftliches“, betonen auch die Spitzen der „GroKo“ von SPD und CDU. Im Herbst 2015, gut ein Jahr nach der Wahl, vereinbarten sie die Zusammenarbeit, zu der sich die CDU schon im September 2014 bereit erklärt hatte.

• Die erste gemeinsame Mehrheit fand sich bei der Entscheidung über den Verkauf des Städtischen Klinikums an Sana – den beschloss die CDU mit der SPD, die sich bis dahin ihre Mehrheiten bei Linken und Grünen gesucht hatte. Es folgten gemeinsame Beschlüsse zum 200-Millionen-Kredit für die Stadtwerke, zum Flächennutzungsplan-Konzept „Duisburg 2027“ und zur Planung für ein Outlet auf dem Güterbahngelände.

• Auch bei der Neubesetzung von Spitzenposten in der Verwaltung stimmte die GroKo gemeinsam für Dörte Diemert (Kämmerin), André Haack (Wirtschaft), Martin Murrack (Kämmerer und Stadtdirektor), Paul Bischof (Recht und Ordnung), Kerstin Wittmeier (Personal) und Astrid Neese (Bildung, Soziales, Jugend, Kultur) sowie dem Wechsel von Thomas Krützberg zum IMD.