Duisburg. Duisburg schlägt Alarm: Der aktuelle Plan für den Ausbau der A 59 in Hochlage bedrohe den Landschaftspark. „Weltweiter Imageschaden“ befürchtet.

Über eine Million Menschen besuchen alljährlich den Landschaftspark Duisburg-Nord. Sie schätzen das frühere Hüttenwerk in Meiderich, das sich zu einer beliebten Großstadtoase von internationalem Renommee entwickelt hat. Sein Geschäftsführer Ralf Winkels befürchtet jedoch durch den künftigen Ausbau der Autobahn 59, die durch den Landschaftspark verläuft, erhebliche Nachteile, sogar „einen weltweiten Imageschaden“.

Die Stadt Duisburg teilt diese Befürchtung und führt deshalb den Landschaftspark in ihrem Forderungskatalog zum Ausbau der A 59 auf, den der Stadtrat erst kürzlich beschlossen hat. Die Fraktionen und die Stadtverwaltung verlangen damit von der Autobahngesellschaft des Bundes, die geplante A-59-Erweiterung in Tunnel- oder Troglage umzusetzen.

Die ehemalige Gleisharfe verbindet den westlichen mit dem östlichen Teil des Landschaftsparks Duisburg-Nord. Nicht nur Spaziergänger und Radlerinnen nutzen sie gerne, für Tiere ist sie zudem eine wichtige Querungshilfe.
Die ehemalige Gleisharfe verbindet den westlichen mit dem östlichen Teil des Landschaftsparks Duisburg-Nord. Nicht nur Spaziergänger und Radlerinnen nutzen sie gerne, für Tiere ist sie zudem eine wichtige Querungshilfe. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn
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    Für das bedeutende Industriedenkmal fordert die Stadt zudem, dass die Autobahngesellschaft Fachleute für den Park an den Planungen der Eingriffe beteiligt und dass sie Wiederherstellungsmaßnahmen sichert. Insbesondere die ehemalige Gleisharfe wird von dem Ausbau der A 59 stark betroffen sein. Ihr Name verweist auf das Gleissystem, deren Form aus der Vogelperspektive an eine Harfe erinnert und sich früher zu den Bunkeranlagen der Hochöfen und der Sinterei verzweigte.

    Inzwischen ist nur noch eine Bahnstrecke für Güterzüge aktiv, die übrigen sind längst stillgelegt und locken jetzt Spaziergänger und Fahrradfahrerinnen gleichermaßen. Zudem nutzen sie Füchse, Hasen, Igel oder Mäuse als Querungshilfe.

    Denkmal-Experte betont große Bedeutung der Gleisharfe im Landschaftspark

    „Die ehemalige Gleisharfe, auch Reliefharfe genannt, ist heute ein wichtiger Knotenpunkt der Parkwegeführung“, erläutert Thorsten Schrolle vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. „Sie verbindet den westlichen mit dem östlichen Parkbereich, in dem sich das ehemalige Stahlwerk befindet, und zwar in einer stattlichen Breite über die Autobahn hinweg.“ Von dort führen die Spazierwege auf den einstigen Gleisrampen zu verschiedenen erhöhten Teilbereichen des Hüttenwerks, wodurch sich „zahlreiche Sichtbeziehungen auf die ehemaligen Industrieanlagen und viele Bereiche des Parks“ ergeben.

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    Diese Sichtbeziehungen sieht Parkleiter Ralf Winkels jedoch stark gestört, wenn die Autobahn tatsächlich in Hochlage ausgebaut wird, wie es die zuständige Bundesautobahngesellschaft bislang plant. Autofahrer, die beispielsweise aus Kamp-Lintfort auf der A 42 unterwegs sind, würden den Landschaftspark dann kaum noch sehen. Sie blicken künftig auf hohe Lärmschutzwände.

    „Es ist der allgemeine Wille, dass die Autobahn sechsspurig wird, damit bin ich einverstanden“, sagt Winkels. Dennoch wehrt er sich zusammen mit der Stadt Duisburg gegen die aktuellen Pläne der Autobahngesellschaft.

    Veranstaltungen wären massiv von der Autobahn-Erweiterung betroffen

    Dass die Gleisharfe während der Bauphase für fünf bis zehn Jahre verschwindet und einem „riesigen, tiefen Loch“ weicht, darauf sei er gefasst. Aber dass die Projektverantwortlichen vorhaben, sie später dauerhaft durch eine schmale Ersatzbrücke auszutauschen, die nur zweieinhalb Meter breit ist, ist für Ralf Winkels ein Alptraumszenario: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles hier nur durch eine Mini-Brücke ersetzt wird. Mehr kann man den Park nicht kaputtmachen. Der Landschaftspark ist dann nicht mehr der Landschaftspark.“

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    Zumal der Bereich nicht nur für Spaziergänger und Tiere wichtig ist, sondern auch für die Veranstaltungen. Die Gleisharfe, zu der gleich mehrere Brücken gehören, bildet den Eingangsbereich aus Richtung Hamborn. Die geplanten Lärmschutzwände drohen diesen ganzen Bereich vom restlichen Park abzuschneiden, so der Geschäftsführer.

    Dabei sei dieser Zugang gerade für beliebte Veranstaltungen wie die Extraschicht, die Ruhr Games oder den Lichtermarkt enorm wichtig. Das benachbarte Grundstück an der Hamborner Straße, wo früher der Delta Musikpark stand und derzeit Flüchtlinge aus der Ukraine in einem Zeltdorf leben, bietet nämlich für Besucherinnen und Besucher notwendige Parkplätze. Zudem ist das Gelände normalerweise auch der Treffpunkt für Shuttle-Busse.

    Kampf für die Tunnel-Lösung der A 59 ist eine historische Chance

    Ob für die Naherholung, Events oder für den Natur- und Umweltschutz, im Kampf für die Tunnel- oder Troglösung im Landschaftspark sieht Ralf Winkels eine historische Chance: „Was wir jetzt nicht aufhalten, was jetzt gebaut wird, bleibt für die nächsten 100 bis 150 Jahre.“ Gerade deshalb dürften die Verantwortlichen bei diesem Mammutprojekt nicht nur auf die Kosten schauen.

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    Als Mitstreiterin weiß er dabei Daniela Stürmann an seiner Seite. Die Vorsitzende des Duisburger Begleitausschusses zur Autobahnerweiterung kämpft ebenfalls für eine Tunnellösung und hat den Forderungskatalog mit ausgearbeitet. „Es darf hier nicht nur darum gehen, die Autobahn auf sechs Spuren auszubauen“, sagt Stürmann. Ebenso wichtig seien die Wiederaufbaumaßnahmen. Für die Gleisharfe müsse das zwingend heißen, dass sie nach dem A 59-Ausbau wieder so nah wie möglich an den jetzigen Zustand herankomme.

    Forderung: Eingangsbereich nach A-59-Ausbau wiederherstellen

    Dafür plädiert auch das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. Bereits den Wegfall der Reliefharfe während der Baustellenphase sieht das Amt kritisch, weil er „die Parkgestaltung an einer zentralen Stelle“ träfe. „Sollte die Autobahn in der geplanten Weise ausgebaut werden“, ergänzt Fachmann Thomas Schrolle, „wäre die Wiederherstellung der Gleisharfe und die Überbrückung der Autobahn in der jetzigen Breite eine wichtige denkmalpflegerische Zielstellung.“

    So geben sich Ralf Winkels und Daniela Stürmann zuversichtlich, dass sie das Schlimmste für den Landschaftspark noch verhindern und die Gleisharfe retten können. Aufwind gibt ihnen auch, dass bereits eine wichtige Forderung aus dem städtischen Katalog erfüllt ist: Bei der Planung der Autobahnerweiterung wird die marode Berliner Brücke in einem eigenen Abschnitt berücksichtigt. Das verschafft dem nördlichen Teil der Autobahn mehr Zeit – und damit auch dem beliebten Industriedenkmal.

    >> AUSWEITUNG DES DENKMALSCHUTZES

    Der Denkmalschutz im Landschaftspark Duisburg-Nord soll künftig auf das gesamte Gelände erweitert werden – und damit auch auf die Gleisharfe. Zuständig dafür ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland ist als beratendes Fachamt beteiligt und hat ein Gutachten über die Bedeutung des Parks erstellt.

    Die Erweiterung der A 59 wird dieses Verfahren jedoch nicht verhindern. Dafür ist die Autobahn für die Infrastruktur in Duisburg zu bedeutend.